Herausforderndes erstes Quartal für Biotech-Investments

27.04.2016
Herr Dr. Koch, im 1. Quartal 2016 musste der Nasdaq Biotechnology Index (NBI) mit 23 Prozent einen der grössten Quartalsverluste in seiner Geschichte hinnehmen. Was waren die Gründe dafür?
Die Biotech-Märkte verzeichneten deutlich grössere Verluste als die breiten Aktienmärkte, bedingt durch Gewinnmitnahmen nach Jahren der Outperformance und Unsicherheiten in Folge des amerikanischen Wahlkampfs, der sich wiederholt mit den steigenden Gesundheitskosten und Medikamentenpreisen beschäftigt. Die BB Biotech-Aktie hat im ersten Quartal 16,5 Prozent in Schweizer Franken verloren, konnte aber den NBI um nahezu 10 Prozent outperformen (in Lokalwährung). Die Aktie entwickelte sich damit besser als das Portfolio, dessen innerer Wert sich um rund 30 Prozent reduzierte. Diese Entwicklung führte dazu, dass die Differenz zwischen dem Aktienkurs und dem inneren Wert fast vollständig aufgeholt wurde.
Small Caps verzeichneten Kursverluste bis zu 50 Prozent. Sind solche Einbrüche überhaupt noch gerechtfertigt?
Die meisten Large Caps erlebten in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres eine Korrektur von 10 bis 20 Prozent. Bei den Mid Caps betrug sie 20 bis 40 Prozent, während zahlreiche Small Caps gar die Hälfte oder mehr ihres Marktwerts einbüssten, obwohl nicht wenige von ihnen fundamentale Fortschritte erzielt hatten.
Erfolgreiche Innovationen mit anschliessenden erfolgreichen klinischen Studien in der Endphase und Produktzulassungen sind nach wie vor der Schlüssel zum Erfolg in der Biotech-Branche. Anders als in den letzten Jahren reagierten die Aktienmärkte im ersten Quartal 2016 asymmetrisch auf solche Meilenstein-Meldungen von Biotechunternehmen. Die anhaltenden Mittelabflüsse sorgten auch bei Erfolgsmeldungen für Druck: Nach kurzen Kurserholungen nahmen die Marktteilnehmer nicht selten weitere Gewinne mit. Positive News sahen wir unter anderem von Gilead, das mit seinem Einzeltabletten-Regime auf TAF-Grundlage seine Marktführerschaft im HIV-Markt behalten will. Auch Actelion hat ein positives Gutachten zu Selexipag erhalten, wegen regulatorischer Verzögerungen erwarten wir die Markteinführung in Europa allerdings erst im zweiten Quartal. Und Novo Nordisk vermeldete Erfolge aus zwei klinischen Diabetes-Studien und könnte seinen Marktanteil in diesem Gebiet ausbauen.
Nach unserer Ansicht tragen die Bewertungen zahlreichen wichtigen Meilensteinen nicht angemessen Rechnung. Die Kurse dürften anziehen, sobald die Biotech-Aktienmärkte zu einer gewissen Selbstsicherheit zurückfinden und sich auf die positiven Fundamentaldaten besinnen.
Rechnen Sie für 2016 mit einer Fortführung der aktuellen Volatilität? Welche Themen prägen das Anlegerjahr in der Biotech-Branche?
Wir erwarten weiterhin ein volatiles Anlagejahr. Der Jahresverlauf dürfte nach wie vor von der im Rahmen des US-Präsidentschaftswahlkampfs geführten Diskussion über die Finanzierung von Medikamenten begleitet werden. Der Newsflow seitens der Biotech-Unternehmen dürfte sich beschleunigen und das Kurspotenzial deutlich verstärken.
Was werden wir von BB Biotech hören?
Aus unserem Portfolio erwarten wir massgebliche Entscheidungen der Zulassungsbehörden für Intercept, Gilead, Neurocrine und Radius Health. Auch zahlreiche klinische Studienergebnisse sollten die Aktienkurse massgeblich beeinflussen, beispielsweise von Tesaro, Clovis, Incyte und Celgene. Die Bewertungen liegen deutlich unter dem Vorjahresniveau und bieten gute Einstiegschancen. Mit einer Stabilisierung der Aktienmärkte dürften auch M&A-Aktivitäten wieder vermehrt ins Blickfeld rücken und dem Sektor Aufwind verleihen.
Dr. Christian Koch ist seit 2014 als Analyst und Portfoliomanager bei BB Biotech. Vor seinem Eintritt war er als Aktienanalyst im Bereich Pharma & Biotech bei der Bank am Bellevue auf der Sell-Side tätig. Christian Koch studierte Bioinformatik an der Goethe-Universität Frankfurt sowie der ULP Strasbourg und doktorierte im Bereich Cheminformatics & Computational Drug Design am Pharmazeutischen Institut der ETH Zürich.