Herausforderungen an Fondsplattformen

Mitglied der Geschäftsleitung
ifsam - International Fund Services & Asset Management S.A., Munsbach
ifsam.lu
30.09.2016
Herr Lanners, 15 Jahre nach der Gründung der ifsam, wo steht Ihr Unternehmen heute?
Als reine B2B-Fondsplattform haben wir uns in all den Jahren ausschliesslich darauf konzentriert, unseren institutionellen Kunden einen uneingeschränkten Zugriff auf das gesamte internationale Fondsuniversum zu ermöglichen und haben unser Dienstleistungs- und Serviceangebot über all die Jahre konsequent und zielgerichtet ausgebaut.
Neben der reinen Abwicklungs- und Verwahrfunktion stehen unseren Kunden umfangreiche Fondsinformationen zur Verfügung. So haben wir zuletzt im Sommer dieses Jahres unser Informationsangebot zu Fondsstamm- und Handelsdaten umfassend erweitert. Beispielsweise bekommen unsere Kunden für jeden Fonds die genauen Handelsmodalitäten, inklusive des erwarteten Abrechnungszeitpunktes mitgeteilt, was die operativen Prozesse bei unseren Kunden enorm vereinfacht.
Zur Abrundung des Angebots bieten wir unseren Kunden zudem ein umfassendes, unabhängiges und sehr flexibles Fondsresearch an. Damit unterstützen wir unsere Kunden individuell, sei es durch eine aktuelle Peergroup-Analyse, detaillierte Produktvergleiche bis hin zum Portfolio Advisory oder eine unabhängige und objektive Bewertung der eigenen Fondsauswahl.
Mit «FreeDel», unserer Online-Lösung für eine Standardisierung von Wertschriftenüberträgen, haben wir ein einzigartiges Add on für unsere Kunden implementiert. Zudem erschliessen sich hierbei ganz neue Kundenkreise für uns, da «FreeDel» völlig unabhängig von unseren anderen Dienstleistungen genutzt werden kann.
Und nicht zuletzt haben wir mit unseren langjährigen Mitarbeitern ein sehr erfahrenes Spezialisten-Team, das unseren Kunden schnell und zielgenau in allen Belangen unterstützt.
Diese konsequente Fokussierung auf das Geschäftsmodell hat uns zu einer der führenden unabhängigen Fondshandelsplattformen in Europa gemacht. Wir konnten unseren Kundenstamm und das betreute Volumen stetig ausbauen und betreuen heute eine Vielzahl institutioneller Kunden in ganz Europa.
Welche Anforderungen stellen die Kunden heute an eine Fondsplattform?
Höchste Technologiestandards und durchgängig automatisierte Prozesse gehören heutzutage zum Standard und sind für uns ebenfalls selbstverständlich. Für eine schnelle, effiziente und vor allem fehlerfreie Abwicklung der Fondstransaktionen ist es wichtig, dass der gesamte Transaktionszyklus, und zwar bereits beginnend bei der Auftragsaufgabe des Endkunden, vollautomatisiert bis zur Abrechnung des Geschäftes durchläuft. Die ifsam bietet ihren Kunden hier alle nötigen Werkzeuge und die Flexibilität in der Anbindung, denn trotz allgemeinen Standards, wie beispielsweise Swift, sind die Infrastruktur und die technischen Voraussetzungen bei jedem Kunden verschieden und somit auch die Anforderungen an uns.
Darüber hinaus geht es damals wie heute um «full-service». Kunden, die eine Fondsplattform nutzen, möchten skalierbare und möglichst automatisierte Prozesse für das gesamte Fondsgeschäft. Sie möchten von einem grossen Netzwerk profitieren, das heisst mit nur einer Vertriebsvereinbarung Zugriff auf ein möglichst grosses Fondsuniversum erhalten. Sie erwarten Zugriff auf einen komplexen und umfassenden Datenhaushalt sowie Unterstützung bei regulatorischen Themenstellungen und, was wir bei unseren Kunden vor allem feststellen: Sie benötigen eine hohe Flexibilität der Dienstleistung.
Was meinen Sie damit genau?
Es fängt beim Handel und der Verwahrung der Fonds an. Die Kundschaft der Banken ist häufig sehr heterogen, so dass die Investitionswünsche sehr unterschiedlich sind. Der klassische Privatkunde stellt hier natürlich ganz anderen Anforderungen an seine Bank als es beispielsweise Vermögensverwalter oder andere Institutionelle, wie Versicherungen oder Dachfonds tun. Die Bank ist hier darauf angewiesen, dass ihre Plattform diese unterschiedlichen Anforderungen umsetzen kann. Das heisst vor allem flexible, schnelle und uneingeschränkte Fonds- und Lagerstelleneröffnung, kompetentes Handling der Bestandsprovisionen und Flexibilität in der Preispolitik.
Wichtig ist auch ein flexibles Vertragsmanagement. Wir als ifsam schliessen zum Beispiel auch Vertriebsvereinbarungen auf speziellen Kundenwunsch oder für kleinere Volumen ab.
Und zu guter Letzt ist das Fund Research zu nennen. Sie müssen als Plattform in der Lage sein, individuelle Konzepte anbieten zu können.
Wo sehen Sie Möglichkeiten, sich von den Wettbewerbern abzuheben?
Einerseits unterscheiden wir uns sicher in der grossen Angebotspalette von derzeit mehr als 90‘000 Fonds in der Datenbank sowie unserem sehr flexiblen Lagerstellensystem. So ist die Aussage «Eine Gegenpartei zur Abwicklung Ihres gesamten Fondsgeschäfts» bei uns nicht nur eine Floskel, sondern gelebte Unternehmensphilosophie. Wir unterhalten derzeit für unsere Kunden mehr als 900 Fonds-Lagerstellen in 40 verschiedenen Ländern weltweit und können dank unserer offenen Architektur jeden neuen Investitionswunsch unserer Kunden erfüllen.
Auf der anderen Seite ist zwar, wie eingangs bereits gesagt, die Standardisierung der Dienstleistung ein sehr wichtiges Thema in unserem Segment und der grösste Teil der Zeichnungen und Rücknahmen in Fonds erfolgt heute ohne dass manuell in den Prozess eingegriffen werden muss. Und trotz dieses hohen Technisierungsgrades verlangt das Geschäft immer wieder nach manueller Intervention, sei es in Form individueller Abklärungen oder Wünsche seitens der Kundschaft oder aber von abwicklungstechnischen Gegebenheiten, die eine Automatisierung erschweren, zum Beispiel Hedgefonds.
Der Kunde braucht hierfür verlässliche und spezialisierte Ansprechpartner, die ihm in kürzester Zeit kompetent weiterhelfen können. Und das ist genau das, was wir unseren Kunden bieten. Bei uns gelangen sie jederzeit und ohne Umwege, auch telefonisch, zu einem Spezialisten. Wir legen grössten Wert auf kürzeste Antwort- und Bearbeitungszeiten - denn was der Kunde in der Regel nicht hat, ist Zeit.
Wo sehen Sie noch Potenzial für Ihre Firma?
Auf der einen Seite sehen wir grosses Potenzial für uns in der regionalen Ausdehnung. Es gibt verschiedene Märkte, in denen wir noch nicht präsent sind, die aber sehr gut auf unser Angebot reagiert haben. Wir werden diese Kontakte vertiefen und neu in den einen oder anderen Markt eintreten.
Auf der anderen Seite sehen wir auch in bestehenden Märkten durchaus Potenzial. Der regulatorische Druck auf die Marktteilnehmer nimmt immer mehr zu. Vertriebsverträge werden immer komplexer. Durch verschiedene nationale und europäische Direktiven wächst der regulatorische und administrative Aufwand enorm. Beispielsweise haben sich die aufsichtsrechtlichen Anforderungen betreffend «anti-money laundering (AML)» und «know your customer (KYC)» auf Lagerstellenebene sehr stark erhöht. Darüber hinaus hat man mit MIFID II erhöhte Transparenz- und Mitteilungspflichten gegenüber ihren Kunden, die bei vielen Instituten strukturelle und IT-technische Anpassungen erfordern.
Wir sehen, dass viele Institute diese immer höheren Anforderungen nicht mehr allein erfüllen können oder wollen und daher die Unterstützung einer Plattform suchen. Damit kann einerseits der Aufwand in weiten Teilen übertragen werden und anderseits profitieren die Kunden von attraktiven Produkten und Dienstleistungen.
Beispielsweise unterstützen wir als ifsam unsere Kunden beim Thema Transparenz und Informationsanforderungen aus MIFID II, indem wir die Berechnung der Provisionsansprüche ihrer Kunden übernehmen, so dass hohe Investitionen in Systeme vermieden und Ressourcen auf Personalebene gespart werden können.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für die ifsam?
Wie eben erwähnt, lastet der regulatorische Druck stark auf den Fondsplattformen. Eine Herausforderung für die Zukunft ist sicherlich weiterhin die Balance zwischen unserem Serviceanspruch auf der einen, und den stetig steigenden Aufwänden und Kosten auf der anderen Seite zu halten. Zum anderen ist es wichtiger denn je, die Veränderungen der Finanzindustrie genau im Auge zu behalten. Die Innovationszyklen sind heute deutlich kürzer als früher. Erfolgreiche Institute müssen daher in der Lage sein, ihre Geschäftsmodelle schnell auf neue Entwicklungen anzupassen.
Jean-Luc Lanners trat 2001 in das Unternehmen ein und ist Mitglied der Geschäftsleitung, verantwortlich für die Bereiche Sales/Client Support, Marketing, Research und Contract Management. Er verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der Finanzindustrie und begann seine Karriere im Trading bei der Banque de Luxembourg in Luxemburg. Jean-Luc Lanners studierte an der ICHEC Brussels Management School, wo er einen Master in Handels- und Finanzwissenschaften absolvierte.