«Hier sehen wir gute Chancen bei Anleihen und Aktien»

16.04.2020
Herr Stiefel, wie meistert La Française die aktuelle Krise?
Die über 600 Angestellten der La Française arbeiten seit einem Monat von zu Hause aus. Die Umstellung ging problemlos - trotz des Ausmasses der Krise. Dank ausgearbeiteter Krisenpläne waren wir für solch einen Fall gut vorbereitet. Natürlich ist die Kommunikation mit unseren Investoren in dieser Zeit noch wichtiger als sonst. Unsere Portfolio Management Teams, die Kolleginnen und Kollegen vom Marketing und der Vertrieb arbeiten sehr intensiv zusammen, um zeitgerecht und detailliert unsere Investoren zu informieren.
Wo sehen Sie zur Zeit Chancen?
Subordinated Debt, vor allem im Finanzbereich, erscheint uns sehr attraktiv. Im Gegensatz zu High Yield kam dieses Segment stärker unter Druck, was nun Möglichkeiten für Investoren eröffnen könnte: Während des Sell-Offs waren AT1’s (CoCo’s) immer handelbar. Die Spreads waren zwar grösser, dafür führte die bessere Liquidität im Vergleich zu High Yield zu einem regen Handel. Weiterhin kam das Repricing der Call-Erwartungen oder anders gesagt, das Laufzeit-Verlängerungsrisiko, zum Tragen. Fast alle Short-Call-Anleihen (2020 und 2021) handeln unter pari. Investoren glaubten nicht mehr, dass diese Anleihen zum Call Date zurückbezahlt werden. Wir vermuten auch, dass die Short-Call-Anleihen stärker verkauft wurden, um Abflüsse zu decken, da sie (trotz ihres Alters) als historisch liquider gelten.
Die meisten europäischen Banken befinden sich in einem sehr guten Zustand. Die letzten Jahre waren klar die Jahre der Bondholder und nicht der Aktienbesitzer. Warum? Europäische Banken gehören zu den wenigen Sektoren, die ein massives Deleveraging über die letzten Jahre mitgemacht haben. Capital Ratios sind massiv höher und auch NPL’s (Non Performing Loans) haben sich über die letzten zehn Jahre halbiert. Dies geschah nicht ganz freiwillig. Die verschiedenen Regulatoren und die Europäische Zentralbank (EZB) haben über die letzten Jahre deutlichen Druck auf die Banken ausgeübt, um sie krisenresistenter zu machen. Selbstverständlich werden die Banken in der aktuellen Situation auf der Kreditseite einige Verluste einfahren. Gleichzeitig sind die Kredithäuser gut positioniert, um diese Verluste zu verkraften. Die verschiedenen Rettungsprogramme werden den Banken helfen, eventuelle Verluste abzufedern und Schieflagen zu vermeiden. Der EZB ist bewusst, dass gewisse Capital Ratios der Banken kurzfristig tiefer sein dürfen. Die Tatsache, dass die meisten europäischen Banken 2020 keine Dividenden ausschütten werden, ist als Bondholder ebenfalls positiv zu werten.
Bezüglich Coupon-Zahlungen für AT1s (CoCo’s) machen sich unter Umständen einige Investoren Sorgen. In der Vergangenheit hat es sich aber gezeigt, dass Coupon-Zahlungen nur in den wenigsten Fällen nicht getätigt werden. Das Reputationsrisiko und die Unmöglichkeit, rasch an die Kapitalmärkte zurückzukehren, sind starke Argumente dafür, nicht auf diese Zahlungen zu verzichten. Die Banken, die wir in unseren Portfolios halten, sind unserer Meinung nach zudem gut kapitalisiert.
Die Volatilität wird in diesem Sektor sicher noch anhalten, aber die Bewertungen sind auf sehr attraktive Niveaus gesunken, die wir seit mehreren Jahren nicht mehr gesehen haben. In dieser Krise werden die Banken Teil der Lösung sein und nicht des Problems. La Française verwaltet seit 2008 Investment-Lösungen im Subordinated-Debt-Bereich mit einem erfahrenen und stabilen Investment-Team.
Und auf der Aktienseite?
Innovative Wachstumsfirmen werden auch diese Krise meistern - davon sind wir bei La Française überzeugt. Wir bevorzugen Firmen, die einen niedrigen Verschuldungsgrad und positiven Cashflow aufweisen. Bei der Suche nach diesen Unternehmen setzen wir auf fundamentales Research. Unser Partner Alger verwaltet seit 50 Jahren US-Portfolios, vor allem im Wachstumsbereich. Starkes Research und aktives Management zeichnen Alger aus. Wir glauben, dass agile Unternehmen mit niedriger Marktkapitalisierung und hoher Innovationskraft schneller aus der Krise finden werden. Zudem sind zurzeit die Bewertungen für diese Firmen im Vergleich zu Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung sehr interessant.
Konzentrierte Strategien, die im US-Small-Cap-Bereich auf wachstumsstarke Unternehmen setzen, sind interessant. Wir bevorzugen Portfolios, die sich auf Firmen konzentrieren, die durch ihre deutlichen Wettbewerbsvorteile, im eigenen Haus entwickelte Produkte oder Dienstleistungen sowie klare Alleinstellungsmerkmale in der Lage sind, den Markt grundlegend zu verändern. Aus diesem Grund sind aktuell die Sektoren Gesundheitswesen und Technologie übergewichtet.
Link zum Disclaimer
Peter Stiefel ist Länderchef für die Schweiz. Er arbeitet seit September 2018 für Gonet La Française Advisors, einem Gemeinschaftsunternehmen, das der Genfer Privatbank Gonet & Cie. und dem französischen Asset Manager La Française gehört. Bevor war er 11 Jahre für AllianceBernstein tätig und war für den Fondsvertrieb in der Schweiz und Liechtenstein zuständig. Davor war er 22 Jahre lang für die UBS Investment Bank und ihre Vorgängerfirmen tätig. Er war für den Verkauf von US-Aktien an institutionelle Kunden in der Westschweiz verantwortlich. Peter Stiefel ist Mitglied des Swiss Finance Institute und ist Absolvent ihres Executive Programms und des CAS in Asset Management.