Hybride Alternativen in turbulenten Zeiten

04.02.2016
Herr Castrovillari, Neuberger Berman ist ein unabhängiger, mitarbeiterkontrollierter Asset Manager mit mehr als 70 Jahren Erfahrung. Die Schweiz ist ein Kernmarkt und hat in den letzten zwei Jahren hohe Nettozuflüsse verzeichnet. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Die hohe Stabilität unseres Teams ist sicher ein Plus. Im heutigen Marktumfeld ist eine stabile, langjährige Zusammenarbeit von Vorteil. Neuberger Bermans Anlagespezialisten bringen durchschnittlich 20 Jahre Industrieerfahrung mit - ein Drittel mehr als der Branchendurchschnitt - bei einer Verweilrate im Unternehmen von 97 Prozent. Unser Schweizer Team ist eines der erfahrensten im Markt und arbeitet schon über zehn Jahre für die Firma. Das Kernteam ist seit 16 Jahren an Bord und betreut seit 25 Jahren Schweizer Kunden. Wir erfüllen unsere Aufgabe, den unterschiedlichen Investitionsbedürfnissen unserer Kunden gerecht zu werden, indem wir individuell angepasste Anlagegefässe bieten, die neben dem Risiko-/Renditefokus auch die regulatorischen Ansprüche der Kunden berücksichtigen. Um solide, risikoadjustierte Gewinne zu erzielen, setzen unsere Anlagespezialisten bewährte Strategien ein und investieren in direkter Absprache mit den Kunden. Dies ist ein klares Zeichen für Engagement und Hingabe.
Sie sind seit 15 Jahren bei Neuberger Berman Schweiz und haben das Zürcher Team erfolgreich auf sieben Vertriebsspezialisten erweitert. Welche Märkte bedienen Sie in der Schweiz?
In den letzten fünf Jahren haben wir in allen drei Sprachregionen der Schweiz unser Geschäft mit Pensionskassen, Versicherungen, Banken und Intermediären um ein Fünffaches steigern können. Zudem hat sich ein Drittel der Kunden gleich für mehrere Neuberger-Berman-Strategien entschieden, sowohl für Mischformen standardisierter wie massgeschneiderter Lösungen. Darüber freuen wir uns und sehen es als starkes Bekenntnis unsere Schweizer Kunden, die weltgewandt und anspruchsvoll sind.
Was sind die Hauptbedürfnisse der Schweizer Investoren im fortlaufend volatilen Niedrigzinsumfeld?
Wir sehen zwei sehr unterschiedliche, starke Trends, denen die Schweizer Anleger folgen. Ein Fokus liegt auf der Liquidität und regulierten Strukturen, die faire Prämien gegenüber Cash bieten sollen und bei Bedarf vom Kunden schnell verkauft werden können. Andererseits streben sie nach stufenweisen Gewinnen und Erträgen durch Investitionen in Private Equity und Private Debt. Gleichzeitig hilft dieser Ansatz, kurzfristige Volatilität zu überwinden dank bewährter Manager und den richtigen Langzeit-Anreizen. In beiden Fällen verlangen die Anleger nach Transparenz in der Berichterstattung und kosteneffektiven Anlagen (Gesamtkostenquote TER), die wir gern und zügig liefern können.
Vor kurzem haben Sie einen Corporate Hybrid Bond lanciert. Welche Möglichkeiten bietet diese besondere Anlageklasse, die die Eigenschaften von Fremd- und Eigenkapitalanleihen verbindet und für welche Anleger ist sie geeignet?
Corporate Hybrids sind hybride Unternehmensanleihen von Nichtfinanzunternehmen. Inhaber von Hybridanleihen werden im Verzugsfall nachrangig gegenüber vorrangigen Schuldtiteln ausgezahlt, also erst nach den Inhabern von vorrangigen Anleihen. Sie sind aber gegenüber dem Eigenkapital bevorrechtigt.
Wie übliche Anleihen zahlen Hybridanleihen Coupons, mit dem Unterschied, dass der Emittent die Zahlung dieser Coupons einstellen kann, ohne dass der Verzugsfall eintritt. Darum ähneln die Coupons Aktiendividenden. Jedoch können keine Dividenden mehr ausgeschüttet werden, bis alle ausstehenden Coupons ausgezahlt sind.
So wie Aktien weisen diese Wertpapiere eine extrem lange oder unbegrenzte Laufzeit auf. Für die Emittenten besteht jedoch der starke Anreiz, sie nach fünf oder zehn Jahren zu kündigen, wenn ihr Preis demjenigen fünf-oder zehnjähriger Anleihen entspricht.
Weil es nachrangige Anleihen sind, bewerten Ratingagenturen diese Papiere meist zwei oder drei Stufen niedriger als die vorrangigen Schuldtitel desselben Emittenten. Derzeit erhalten Anleger in diesem Segment durchschnittlich eine um mehr als 200 Basispunkte höhere Rendite als bei entsprechenden vorrangigen Anleihen. Wir glauben, dass dies die Investoren für das zusätzliche Risiko mehr als entschädigt.
Das klingt nach einem Nischenmarkt mit hohen Kosten für die Emittenten. Gibt es besondere Risiken zu beachten und was ist ihr Gewinn dabei?
Es handelt sich um eine Nische mit grossem Potenzial. Der globale Markt wuchs von etwa 30 Mrd. US-Dollar im Januar 2013 bis Januar 2015 auf mehr als 100 Mrd. US-Dollar. Damit stellt diese Anlageklasse bereits 3 Prozent der am häufigsten verwendeten Benchmarks für Unternehmensanleihen in Euro dar, sodass Investoren es sich nicht leisten können, sie länger zu ignorieren. Merrill Lynch schätzt, dass der Markt künftig auf 800 bis 900 Mrd. US-Dollar anwachsen könnte, wenn die Emittenten die von Standard & Poor’s erlaubten 15 Prozent der Kapitalisierung voll ausschöpfen. Zudem stellen wir fest, dass der Markt mit einem Spread von 0,35 bis 0,50 Prozent mit High Yield vergleichbar ist.
Die Hauptrisiken sind mit den in die Wertpapiere integrierten Optionen verbunden: ein Couponaufschub und deren Verlängerung über den ersten Kündigungstermin hinaus. Unserer Ansicht nach sind diese Risiken sehr gering wegen der Qualität der Emittenten und deren erheblichen Anreize, regelmässig Coupons zu zahlen und frühzeitig zu kündigen.
Ein weiterer populärer Hybrid sind sogenannte CoCo-Bonds. Wie unterscheiden sich hybride Unternehmensanleihen und welche Vorteile bringen sie den Anlegern?
Die als «CoCos» bekannten Hybridanleihen sind Pflichtwandelanleihen, deren Emission insbesondere im Vergleich zu Eigenkapital besonders für die Banken günstig ist. Auch die Bankenaufsichtsbehörden mögen diese Kapitalform, denn wenn der Emittent in Schwierigkeiten gerät und seine regulatorische Eigenkapitalquote einen bestimmten Schwellenwert unterschreitet, werden die Inhaber ihrer CoCos an den Kosten beteiligt als wären sie Anteilseigner - ihre CoCos werden entweder in Eigenkapital umgewandelt oder es erfolgt eine Abschreibung auf den Wert ihrer Investition. Wir sind der Ansicht, dass Hybridanleihen von Nichtfinanzunternehmen die attraktivere Anlagechance darstellen, denn Emittenten aus dem Nichtfinanzsektor entscheiden selbst, ob sie Coupons zahlen oder ihre Wertpapiere kündigen und unterliegen nicht deren regulatorischen Pflichten. Diese Vorteile spiegeln sich in der aktuellen Preisstruktur nicht vollständig wider.
Fabio Castrovillari stiess 1997 als Managing Director und Head of Neuberger Berman Switzerland zum Unternehmen. Er ist verantwortlich für die Betreuung institutioneller Kunden. Frühere Station war Lehman Brothers Zürich, wo er als Managing Director ein Multi Asset Class Sales Team (Fixed Income Securities und alternative Investitionsfonds) leitete. Zuvor war er sieben Jahre lang für UBS (New York, Zürich und Genf) im Vertrieb von Fixed-Income-Strategien tätig.