«Im High-Yield-Markt ist eine Menge Bewegung»

17.06.2021
Herr Hanson, die wirtschaftliche Erholung ist in vollem Gange. Inwieweit wirkt sich dies auf den High-Yield-Markt aus?
Sie hat sich eindeutig positiv auf den High-Yield-Markt ausgewirkt. Wir sehen eine deutliche Verbesserung bei den Fundamentaldaten der Unternehmen. Die Credit Spreads erreichten im März 2020 einen Höchststand von etwa 1’100 Basispunkten, während sie jetzt auf 360 Basispunkte zurückgegangen sind, was deutlich unter dem langfristigen Durchschnittsniveau liegt. Wir haben definitiv ein positives Momentum in der Anlageklasse und die Fundamentaldaten werden sich weiter verbessern, wobei die Zahlen für das 1. Quartal bereits die Erwartungen übertroffen haben. High Yield Bonds tendieren dazu, sich in einem Umfeld steigender Zinsen gut zu entwickeln, da die negativen Auswirkungen steigender Renditen staatlicher Anleihen durch die höhere Spread-Komponente abgefedert werden. So haben globale High-Yield-Anleihen im Jahr 2021 bisher eine Rendite von rund +2.2 Prozent erzielt, während globale Investment-Grade-Anleihen eine negative Rendite von -2.0 Prozent erzielten (Anm.: Beide Indizes sind zu 100 Prozent in US-Dollar abgesichert.)
Die Fed könnte im Sommer die ersten Schritte unternehmen und das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten reduzieren. Teilen Sie diese Ansicht?
Dies ist tatsächlich eine der Schlüsselfragen, mit denen sich die Anleger in allen Märkten konfrontiert sehen, nicht nur im High-Yield-Bereich. Ich denke, dass die Fed hier eher vorsichtig vorgehen muss, weil sie vor allem eines nicht tun will: einen wirtschaftspolitischen Fehler riskieren. In Anbetracht der Tatsache, dass die USA in Bezug auf die wirtschaftliche Erholung vielleicht weiter fortgeschritten sind als andere Länder (vor allem Europa), scheint es aber wahrscheinlich, dass die Fed als erstes handeln wird.
Welche Risiken ergeben sich daraus für den High-Yield-Markt?
Ich denke, das Hauptrisiko für den High-Yield-Markt besteht in der allgemeinen Risikostimmung und einer möglichen Abschwächung der starken technischen Entwicklung, die den Märkten über mehrere Jahre hinweg Rückenwind gegeben hat. Einen kleinen Vorgeschmack darauf erhielten wir gegen Ende 2018, als sich die Credit Spreads ausweiteten, bevor die Fed eine Kehrtwende vollzog und wieder unterstützend wirkte. Das globale Streben nach Rendite hat die Märkte für High Yields sicherlich unterstützt. Sollte sich diese positive technische Entwicklung auch nur teilweise umkehren, könnten wir meiner Meinung nach eine ziemliche Schwäche bei den Spreads erleben. Dennoch ist es wichtig zu erkennen, dass wir uns in einem sich grundlegend verbessernden Markt befinden, so dass jeder signifikante Anstieg der Bewertungen von vielen als Kaufgelegenheit gesehen werden wird.
Wie haben sich die Ausfallraten im High-Yield-Sektor seit dem Ausbruch der Pandemie entwickelt?
Die Ausfälle im High-Yield-Bereich haben sich seit dem Ausbruch der Pandemie Anfang 2020 tatsächlich enorm in Grenzen gehalten. Zu Beginn haben die Märkte eine ziemlich heftige Welle von Ausfällen eingepreist, wodurch High-Yield-Anleihen unglaublich günstig blieben. Voraussetzung dafür war, dass man sich mit dem makroökonomischen Hintergrund und der Wahrscheinlichkeit einer früher als erwarteten wirtschaftlichen Wiederbelebung anfreunden konnte. Was eine schwerwiegendere Welle von Zahlungsausfällen verhindert hat, war zweifellos die Leichtigkeit, mit der Unternehmen Zugang zu Kapital hatten, entweder über die öffentlichen Bondmärkte oder verschiedene staatliche Initiativen. Die Ausfallraten haben vor einiger Zeit ihren Höhepunkt erreicht und sind nun in Europa auf niedrige einstellige Werte gesunken.
Haben Sie diese Entwicklung erwartet oder gab es Überraschungen?
Ich war immer der Ansicht, dass sich die Ausfälle in Grenzen halten würden, sobald klar wurde, wie viel geld- und fiskalpolitische Feuerkraft die Unternehmen und die Wirtschaft erhalten werden. Die grosse Überraschung für alle war, wie schnell die Impfstoffe geliefert und eingesetzt werden konnten. Die meisten Marktteilnehmer haben damit wahrscheinlich erst gegen Ende des Jahres 2021 gerechnet, so dass der Punkt, an dem wir uns jetzt befinden, sogar meine einigermassen optimistischen Erwartungen übertraf.
In welchen Segmenten sehen Sie derzeit das grösste Potenzial?
Angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Erholung sehe ich immer noch mehr Wert in einigen der zyklischen Sektoren als in den defensiven. Ich bevorzuge weiterhin Kredite mit niedrigerem Rating gegenüber BB, wobei längerfristige Bonds mit BB zum jetzigen Zeitpunkt besonders unattraktiv erscheinen. In Anbetracht des begrenzten Aufwärtspotenzials haben wir in den letzten Wochen aber unsere Bestände an Schuldtiteln mit CCC-Rating deutlich reduziert, behalten aber weiterhin eine gesunde Übergewichtung in Bonds mit B-Rating. Thematisch bevorzugen wir hier das Spread-Risiko und bleiben in der Zinsduration knapp.
Stichwort US vs. European High Yield - worauf sollten Anleger achten?
Globale High-Yield-Anleihen sind ein unglaublich vielfältiges Anlageuniversum, und die richtige Allokation aus regionaler Sicht ist eine der Möglichkeiten, wie ein Manager durch den Top-down-Teil des Anlageprozesses Mehrwert schaffen kann. Wir haben einen Prozess implementiert, mit dem wir ständig auf globaler Basis nach dem relativen Wert suchen, um starke risikobereinigte Renditen zu erzielen. Es ist wichtig, sich auf Spread-Differenzen zwischen verschiedenen Märkten zu konzentrieren, da die Betrachtung der reinen Renditen auf nicht währungsbereinigter Basis aufgrund der Kosten für die Währungsabsicherung (die von den zugrundeliegenden Zinsdifferenzen bestimmt wird) manchmal irreführend sein kann. Wir sahen im vergangenen Jahr zu bestimmten Zeiten eine klare Chance in US-amerikanischen High Yield Bonds gegenüber europäischen High-Yield-Anleihen, haben den Fonds jetzt aber so positioniert, dass er zwischen diesen beiden Märkten viel neutraler ist.
Im High-Yield-Segment gibt es nur wenige «grüne» Anleihen. Welche Entwicklung erwarten Sie hier?
Im laufenden Jahr gab es bisher einen klaren Trend zu Emissionen von gelabelten Anleihen im europäischen High-Yield-Bereich. Was man meiner Meinung nach besonders im Auge behalten sollte, sind Emissionen von Sustainability Linked Bonds (SLB), bei denen die Fremdkapitalkosten speziell an ein Umweltziel wie z.B. den CO2-Ausstoss gekoppelt sind. Das gibt es zwar schon eine Weile auf dem Kreditmarkt (durch sogenannte Margin Ratchets), aber seit Anfang des Jahres wurden diese an die Nachhaltigkeit gekoppelten Bedingungen in die Ausgabe von High-Yield-Anleihen aufgenommen. In Anbetracht der steigenden Nachfrage werden Emissionen dieser Art weiter zunehmen.
Link zum Disclaimer
Thomas Hanson ist Head of High Yield im Fixed Income Team. Er kam 2019 von Janus Henderson Investors, wo er eine Reihe von High-Yield-Fonds managte, zu Aegon Asset Management. Davor war er bei Aerion und Lazard Asset Management in verschiedenen Analyse- und Portfoliomanagementpositionen tätig. Thomas Hanson verfügt über 20 Jahre Branchenerfahrung und hat einen CFA-Abschluss.