«Im Research-Bereich steigt das Interesse an Outsourcing-Lösungen nachhaltig»

25.08.2014
Herr Dr. Partin, der Jahresschlussspurt naht. Auch in Ihrem Haus?
Oh Gott, ist schon bald wieder Weihnachten? - Nein, Spass beiseite: Wir haben uns für dieses Jahr noch so viel vorgenommen, dass ich hoffe, noch etwas mehr Zeit als nur für einen Spurt zu haben.
Wenn Sie die vergangenen Monate Revue passieren lassen, was waren die Highlights?
Da gibt es einige. Im Bereich des Researchs scheint das Interesse an Outsourcing-Lösungen nachhaltig zu wachsen. Davon sind wir zwar schon die letzten vierzehn Jahre ausgegangen, aber das von uns wahrgenommene Interesse schwankte in dieser Zeit deutlich in Abhängigkeit vom Bankenzyklus. Mag sein, dass der stark zunehmende Regulierungsdruck hinsichtlich Beratungsqualität, Compliance und Dokumentationspflicht uns dabei in die Hände spielt.
Bei unserer Schwesterfirma, der fundinfo AG, die auch die Website etfinfo.com betreibt, würde ich die Eröffnung unserer Tochtergesellschaften in Grossbritannien, Singapur und Spanien zu den Highlights zählen.
Sie sind ein erstklassiger Kenner der Schweizer und deutschen ETF-Industrie. Gab es für Sie in diesem Jahr irgendwelche Überraschungen?
Eigentlich nicht. Eher Kuriositäten. ETFs, deren einzelne Anteilsklassen zwei ISINs haben, kennen wir ja nun schon seit ein paar Jahren. Neu war für mich hingegen, dass es Fonds gibt, die ein paar ETF-Anteilsklassen haben, während die übrigen Anteilsklassen keine ETFs sind. Das löst bei uns immer einiges an Nachdenken aus, müssen wir bei solchen Erkenntnissen meist unsere Datenbankstruktur und die Arbeitsabläufe anpassen.
Meinen Sie, dass es ruhiger im ETF-Markt wird?
Ich werde mich hüten, nochmals eine derartig falsche Prognose wie vor etwa acht Jahren in einem Zeitungsartikel abzugeben. Damals schrieb ich, dass wir das grösste Wachstum vermutlich gesehen haben, da die grossen Indizes mehr oder weniger alle durch ETFs abgedeckt werden und allenfalls noch Nischen zu besetzen sind. Danach ging es dann erst richtig los mit der Emissionsflut. Von daher ist der weiteste Ast, auf den ich mich heute hinauswage, die Feststellung, dass die Branche nichts von ihrer Innovationskraft eingebüsst hat.
Die grossen Adressen werden immer grösser. Die kleinen bekunden Mühe, an Neugeld zu kommen. Ist diese Feststellung richtig?
Subjektiv würde ich dieser Feststellung zustimmen, solange wir von absoluten Zahlen sprechen. Inwieweit diese Aussage auch bei einer prozentualen Betrachtung im Vergleich zu den bereits vorhandenen Assets stimmt, entzieht sich leider meiner Kenntnis.
Zurück zur von Ihnen erwähnten Regulierung: Sind Sie davon ebenfalls betroffen?
Eindeutig ja. Sogar in vielerlei Hinsicht. Angesprochen hatte ich ja bereits die Auswirkungen auf unsere Research-Dienstleistungen. Aber auch bei der Verteilung von Fondsdokumenten hat und hatte die Regulierung Auswirkungen. Vor etwa drei Jahren verarbeiteten wir pro Monat ungefähr zwanzigtausend PDFs. Im Februar 2014, unserem bisherigen Spitzenmonat, waren es bereits beinahe fünfhunderttausend. Und noch viel dramatischer: Vor drei Jahren kümmerte es kaum jemanden, wenn einmal ein Dokument fehlte oder veraltet war; heute erhalten wir bereits zwei, drei Stunden nach der Lieferung einen Anruf, warum das Dokument noch nicht auf etfinfo.com, fundinfo.com oder in den Bankensystemen zu sehen ist.
Aber ich möchte mich da keineswegs beklagen. Die Vorschriften gab es zum Teil schon zuvor. Nur wird die Einhaltung heute verstärkt kontrolliert und letztendlich helfen wir mit unseren Dienstleistungen den betroffenen Fondshäusern oder auch Fondsdistributoren.
Sehen Sie in diesem Bereich einen Bedarf an weiteren Produkten?
Definitiv. Vielleicht eher noch einen Bedarf an standardisierten Lösungen als an neuen Produkten und Dienstleistungen. Wenn Sie sich beispielsweise vor Augen führen, wie die Fondsindustrie noch heute Fondsdaten übermittelt. Jeder hat sein eigenes Spreadsheet, seine eigene Logik, Bezeichnungen, Formate und Inhalte. Ein heilloses Durcheinander, ein Anachronismus, der durch nationale Vorschriften noch akzentuiert und gefestigt wird. Aus diesem Grund sind wir eine treibende Kraft hinter «openfunds», einer Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, in diesem kleinen Bereich etwas Ordnung zu schaffen. Weitere Details dazu finden Sie unter openfunds.org.
Noch ein paar Worte zu Ihrem Portal etfinfo.com. Was bietet es?
Etfinfo.com ist eine Internetplattform, die einerseits Vergleiche von ETFs zulässt und andererseits detaillierte Informationen zu einzelnen ETFs liefert. Am besten einfach mal reinschauen.
Dr. Michael Partin studierte Betriebswirtschaftslehre mit Vertiefungsrichtung Bankwirtschaft an der Universität St. Gallen. Anschliessend erfolgte die Promotion im Bereich «Strategien von Privatbankiers» mit Abschluss 1992. Vor dem Studium absolvierte er eine Banklehre bei Georg Hauck und Sohn, Bankiers KGaA (heute Hauck und Aufhäuser) in Frankfurt. Bei der Cantrade Privatbank AG (heute UBS) in Zürich war Partin im Bereich Finanzanalysen und Portfolio Management tätig. Danach erfolgte der Wechsel zur Bank Leu AG (heute Credit Suisse) in Zürich als Leiter Investment Management. Michael Partin ist Gründungspartner und Vorsitzender der Geschäftsleitung der ifund services AG.