Impfstoffe als Wegbereiter aus der Covid-19-Krise

22.01.2021
Herr Dr. Koller, 2020 hat uns vor noch nie dagewesene Herausforderungen gestellt. Die Coronapandemie war und ist das beherrschende Thema. Wie ist der Biotechnologiesektor im letzten Jahr damit umgegangen?
Der Biotechsektor hat grosse Fortschritte gemacht und führt mit zugelassenen mRNA-Impfstoffen und therapeutischen Antikörpern den Kampf gegen die SARS-CoV-2-Viruspandemie an. Obwohl sich die Zulassungsbehörden im Jahr 2020 vor allem der SARS-CoV-2-Situation widmeten, gelang es der amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA) dennoch, eine beeindruckende Anzahl an neuen Arzneimitteln zuzulassen. Im 4. Quartal 2020 erteilte sie 13 Präparaten die Zulassung, womit die Gesamtzahl im Jahr 2020 zugelassener Medikamente auf 53 stieg.
Wie hat sich BB Biotech in diesem Umfeld geschlagen?
Allein im 4. Quartal steigerte BB Biotech den Inneren Wert um 20.6 Prozent in Schweizer Franken und 25.5 Prozent in US-Dollar - daraus resultierte ein Nettogewinn von 665 Mio. Schweizer Franken. Während dieses Zeitraums stieg der Aktienkurs um 10.9 Prozent in Schweizer Franken. BB Biotech trennte sich im 4. Quartal 2020 von vier Beteiligungen und eröffnete drei neue Positionen. Für 2020 erzielte die Aktie eine Gesamtrendite von 19.3 Prozent in Schweizer Franken, die geringfügig hinter der Portfolioperformance von 24.3 Prozent in Schweizer Franken und 35.9 Prozent in US-Dollar zurückblieb. BB Biotech erzielte 2020 einen Nettogewinn von 691 Mio. Schweizer Franken. In Einklang mit der Ausschüttungspolitik der vergangenen Jahre wird der Verwaltungsrat auf der ordentlichen Generalversammlung eine reguläre Dividende von 3.60 Schweizer Franken je Aktie vorschlagen. Dies entspricht einer Dividendenrendite von 5 Prozent auf den volumengewichteten Durchschnittskurs der Aktie im Dezember 2020.
Was können wir nun für 2021 erwarten?
BB Biotech geht davon aus, dass im Jahr 2021 zahlreiche SARS-CoV-2-Impfstoffkampagnen angestossen werden, angeführt von Modernas Vakzin mRNA-1273 und Pfizer/Biontechs bnt162b2. Zulassungen für Adenovirus Vektor-basierte Impfstoffe als auch die traditionellen rekombinanten Subunit Vakzine werden folgen. Zudem wird das Jahr in unseren Augen weitere bedeutende technologische Fortschritte und neue Produkte bringen, um dem ungedeckten medizinischen Bedarf vieler Patienten zu begegnen. Deshalb konzentriert sich die Vermögensallokation des Investmentteams weiterhin nicht nur auf die etablierten Bereiche - wie etwa die Onkologie, seltene Krankheiten und neurologische Indikationen -, sondern auch auf sich rasch entwickelnde Zukunftstechnologien, die dank ihres ausgezeichneten therapeutischen Profils einen hohen wirtschaftlichen Nutzen verheissen.
Was sagen Sie zu der anhaltenden Übernahmedynamik im Biotechnologiesektor?
Die M&A-Aktivitäten nahmen innerhalb des Sektors in der 2. Jahreshälfte 2020 zu. Dieser Trend dürfte sich im Jahr 2021 fortsetzen. Die Übernahme Alexions durch AstraZeneca im Umfang von 39 Mrd. US-Dollar zeigt, dass selbst grosskapitalisierte Unternehmen bei derzeitigen Bewertungsniveaus nicht vor Akquisitionen gefeit sind. Digitale M&A-Transaktionen und Geschäftsabschlüsse sind an der Tagesordnung. Daher dürften räumliche Distanzierung und Lockdowns die strategischen Aktivitäten im Biotechsektor wenig beeinträchtigen.
Am 20. Januar 2021 wurde Joe Biden als neuer US-Präsident vereidigt. Wie ordnen Sie die Haltung der neuen US-Regierung in Bezug auf das Gesundheitssystem ein?
Vor dem Hintergrund spannender technologischer Entwicklungen wird die Haltung der US-Regierung in Bezug auf den Zugang zum Gesundheitswesen und die Gesundheitskosten eine bedeutende Rolle spielen. Im neuen Kabinett des US-Präsidenten Joe Biden soll Xavier Becerra, der amtierende Generalstaatsanwalt des Bundesstaates Kalifornien, Gesundheitsminister werden. Xavier Becerra ist Verfechter des Affordable Care Act, besser bekannt unter dem Namen Obamacare. Darüber hinaus soll Jeffrey D. Zients, ein Unternehmer und Unternehmensberater sowie ehemaliger Chef des Nationalen Wirtschaftsrats unter Präsident Obama, in Bidens Team die Regierungsbemühungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie koordinieren. Nachfolger für die Neubesetzung der FDA- und CMS-Chefposten wurden bisher noch nicht nominiert.
Und welchen Einfluss hat das Parlament?
Angesichts einer Stimmengleichheit im Senat, bei der die gewählte US-Vizepräsidentin Kamala Harris den Stichentscheid abgibt, und in Anbetracht der knappen Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus dürfte Joe Biden daran gelegen sein, die Reform der Medikamentenpreise voranzutreiben. In einem Jahr, in dem die Kontrolle der SARS-CoV-2-Pandemie wichtigstes Ziel ist, dürfte das Hauptaugenmerk der Administration allerdings eher darauf gerichtet sein, den Zugang zu Gesundheitsleistungen (einschliesslich Impfstoffen) zu verbessern und unzureichend versicherte Menschen zu unterstützen, als die Preise für Medikamente zur Behandlung von Krebs oder seltenen Krankheiten zu deckeln. Wir sind der Ansicht, dass die neu gewählte US-Regierung und der neue Kongress sich des erstaunlichen Wertes, der gesundheitlichen Verbesserungen und der Hoffnung bewusst sind, die der Biotechsektor schafft.
Link zum Disclaimer
Dr. Daniel Koller trat 2004 bei Bellevue Asset Management ein und ist als Senior Portfolio Manager im Bereich Biotechnologie mit Spezialgebiet Herz-Kreislauf-Krankheiten tätig. Seit 2010 ist er Head Management Team der börsenkotierten Beteiligungsgesellschaft BB Biotech AG. Vor seinem Eintritt bei Bellevue Asset Management war er während vier Jahren in der Finanzindustrie tätig, zuerst in der Funktion als Aktienanalyst bei UBS Warburg, danach als Private-Equity-Investor bei equity4life. Daniel Koller studierte Biochemie an der ETH Zürich und doktorierte im Bereich Biotechnologie während seiner Tätigkeit bei Cytos Biotechnology.