In den Klimawandel investieren - und Renditemöglichkeiten schaffen

Senior Portfolio Manager - Global Equities
La Française Asset Management, Paris
la-francaise.com
06.12.2018
Frau Lagron, nachhaltiges Investieren ist in aller Munde. Kaum eine grosse Fondsgesellschaft, die dieses Thema aktuell nicht vermarket. Warum gerade jetzt?
Nachhaltiges Investieren im Allgemeinen und die Dekarbonisierung im Besonderen bedeuten eine Zäsur nicht nur für die Realwirtschaft, sondern auch für die Finanzwirtschaft. Sie haben gravierende Auswirkungen auf die Kapitalmärkte und gehören auf die Tagesordnung eines jeden Investors.
Wir sehen vor allem zwei Gründe, das Thema Klimawandel und Dekarbonisierung nicht auf die lange Bank zu schieben. In Sachen Klimaschutz steht die Politik unter erheblichem Handlungsdruck. Alleine kann sie den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft nicht bewerkstelligen. Sie braucht dafür die Hilfe der Finanzwirtschaft; der zu Beginn des Jahres beschlossene EU-Aktionsplan zeigt, dass die Politik den Druck nun verstärkt an die Finanzwirtschaft weitergibt. Das Regelwerk der EU-Kommission hält institutionelle Investoren ausdrücklich dazu an, Nachhaltigkeitsaspekte in den Entscheidungsprozess für ihre Investitionen einzubeziehen. Zudem werden alle institutionellen Investoren verpflichtet, Transparenz darüber zu schaffen, wie genau sie diese Nachhaltigkeitsaspekte in der Kapitalanlage berücksichtigen.
Und letztendlich liegt nachhaltiges Investieren vielmehr im ureigenen Interesse der Investoren selbst: der Transformationsprozess der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird signifikante Auswirkungen auch auf Kapitalanlagen haben. Hier entstehen neue Risiken und Chancen. «Divestments» und sogenannte «Stranded Assets» sind nur einige Stichworte, wenn es um die Risikoseite geht. Auf der anderen Seite bieten neue umweltrelevante Produktionstechniken, Produkte und Services die Möglichkeit, an der Entwicklung aufstrebender und innovativer Unternehmen teilzuhaben.
Konkret: Was macht Ihr Haus anders - haben Sie einen eigenen Investmentansatz?
Wir sind vorrangig am Impact, also an der Wirkung unserer Investments interessiert und nicht hauptsächlich daran, in Unternehmen mit bereits geringem CO2-Footprint zu investieren. Es geht uns darum, bisher eher kohlenstoffintensive Unternehmen zu identifizieren, die durch verschiedene Aktivitäten gezielt ihre CO2-Emissionen senken. Das ist gut für den Klimaschutz und für die Entwicklung der entsprechenden Firmen. Denn werden Massnahmen beispielsweise zur Energieeffizienz oder zur Reduzierung problematischer Energieträger ergriffen, zahlt sich dies auch betriebswirtschaftlich aus. Eventuelle Reputationsrisiken können so ebenfalls gemindert werden.
Der Umstieg der Wirtschaft in eine «Low Carbon»-Welt erfordert auch die Entwicklung neuer Technologien, die den Transformationsprozess unterstützen. Wichtig ist daher, Investitionen in diesen Sektor zu allokieren und dabei solche Unternehmen zu identifizieren, die sich hier eine starke und zukunftsweisende Marktstellung erarbeiten. Entsprechende Firmen sind das zweite Standbein, auf dem unser Portfolio ruht. So sind wir beispielsweise in Siemens investiert. Das Unternehmen entwickelt unter anderem Energiespeicher-Technologien. Diese sind entscheidend, um die Energiewende und die weltweite Dekarbonisierung zum Erfolg zu bringen.
Energieerzeuger aus dem Bereich der erneuerbaren Energien stellen jedoch nur einen geringen Anteil unseres Portfolios dar, aus den folgenden Gründen: einerseits leisten sie zwar einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Reduktion, senken den CO2-Fussabdruck unseres Gesamtportfolios und fördern die Diversifizierung - andererseits tragen sie jedoch nur wenig zu unserem Impact-Ansatz bei. Des Weiteren sind entsprechende Unternehmen oftmals zu klein und mit einer hohen Volatilität verbunden, was nicht zum Risiko/Rendite-Profil unseres Fonds passt.
Können Sie Beispiele von Unternehmen nennen, die Ihnen besonders gefallen?
Nehmen Sie den amerikanischen Handelsriesen Walmart. Sie können sich vorstellen, dass allein der Betrieb von Kühlanlagen eine grosse Menge an Energie verbraucht. Der Ausbau der Energieeffizienz und die Berücksichtigung alternativer Energien schaffen hier einen erheblichen betriebswirtschaftlichen und umweltpolitischen Vorteil. So hat Walmart sich das Ziel gesetzt, bis 2030 den Energieverbrauch in all seinen Geschäftsstellen um 30 Prozent pro Quadratmeter zu reduzieren.
Mindestens ebenso wichtig ist jedoch, dass Walmart 2017 das Projekt «Project Gigaton» startete, von Bloomberg als «enorm» qualifiziert. Walmarts Ziel ist es, die Emissionen seiner Lieferkette bis 2030 um 1 Mrd. Tonnen zu reduzieren. Walmart verfügt derzeit über 100‘000 direkte Lieferanten in 40 Ländern. Zum Vergleich: Die eigenen Walmart-Betriebe produzieren derzeit 400 Mio. Tonnen CO2. Die Auswirkungen, die das Unternehmen in seiner Lieferkette anstreben soll, entsprechen somit dem 2,5-fachen seiner eigenen Emissionen - eine Menge, die zum Beispiel den jährlichen Emissionen Brasiliens entspricht.
Wie sieht die geografische Verteilung in Ihrem Fonds aus - gibt es Länder, die Sie besonders stark gewichten?
Der Fonds kann weltweit investieren, was es uns möglich macht, das Portfolio flexibel auf die vielversprechendsten Sektoren und Unternehmen, unabhängig von ihrer Lokalisation, zu allokieren. Aktuell ist der Fonds stark in Asien als auch in Nordamerika investiert. Asien, insbesondere Japan und China, auf Basis des starken technologischen Know-hows und der hochqualitativen Herstellungsmethoden. Nordamerika auf Grund der starken Dynamik insbesondere jener Unternehmen, die sich im Wandel befinden, was ihr Carbon-Profil betrifft und/oder einen Grossteil ihrer Energiebedürfnisse bereits mit erneuerbaren Energien decken.
Auf den Nenner gebracht: Was sind die Vorteile Ihres Angebots?
Ausgangspunkt unserer Strategie ist ein weites Investmentuniversum von mehr als 2‘500 Aktienwerten. Durch die Anwendung eines ESG-Filters, einer klassischen Finanzanalyse als auch einer speziellen Nachhaltigkeitsprüfung werden lediglich zwischen 80 bis 100 Titel für das Portfolio ausgewählt. Wir legen grossen Wert auf den positiven Beitrag eines Unternehmens für Umweltschutz und CO2-Reduktion anhand von Kriterien wie Kohlenstoffintensität, Nutzung sauberer Energien, Emissionsausstoss oder Energieeffizienz.
Das Portfolio soll es Investoren ermöglichen, auf solche Unternehmen zu setzen, deren proaktive Einstellung zur Dekarbonisierung einen Wettbewerbsvorteil ermöglicht, der sich langfristig in einer attraktiven Rendite widerspiegeln soll.
Unser Multi-Sektor-Ansatz bietet weiterhin ein hohes Mass an Diversifikation und damit ein optimiertes Risiko/Rendite-Profil.
Nina Lagron verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung auf den Finanzmärkten. Die ehemalige Leistungssportlerin ist anerkannte Expertin für Aktienmanagement in Schwellenmärkten. Vor ihrem Wechsel zu La Française hatte sie mehrere Positionen inne, unter anderem für das Management von Schwellenmarkt-Aktien bei Amundi. Sie war über sieben Jahre lang für Europa, den Nahen Osten und Afrika verantwortlich. Lagron war die erste weibliche Managerin eines Aktienfonds, der ausschliesslich im Nahen Osten, hauptsächlich in Saudi-Arabien, investiert war. Anschliessend war sie über zwei Jahre Co-Manager des GemEquity Funds bei Gemway Assets. Nina Lagron hat einen Masterabschluss in Management und einen Aufbaustudiengang in Finanzwesen der Universität Paris IX - Dauphine. Sie verfügt ebenfalls über das CFA (Chartered Financial Analyst)-Diplom. Sie spricht Deutsch, Englisch und Französisch.