Investieren in anspruchsvollen Zeiten

22.06.2016
Herr Müller, Ihr Haus betreut auch Vermögen von wohlhabenden Familien und Einzelpersonen. Wie sehen Sie ganz generell die aktuelle Börsenverfassung?
Investieren im klassischen Anlagestil wird zunehmend zur Herausforderung. Durch die jahrelange Liquiditätsschwemme der Notenbanken sind nach unserer Ansicht Aktien nicht mehr generell günstig bewertet. Die Volatilität in den Aktienmärkten steigt zunehmend und taktisches Anlageverhalten ist gefragt. Mangelnde Alternativen im Investment-Grade-Bondbereich führen dazu, dass Anleger in den Non-Investment-Grade-Bondbereich wechseln.
Und was meint die Kundschaft?
Die Kundschaft ist gegenüber den «Notenbank-gesteuerten» Kapitalmärkten aufgefordert, ihr klassisches Investmentverhalten anzupassen. Diese Gespräche führen wir aktiv und erstellen entsprechende Investitionsmodelle.
Die historisch rekordtiefen Zinsen sind bestimmt ein zentrales Thema.
Das Thema Negativzinsen ist allgegenwärtig und wird je länger zum Damoklesschwert. Auch werden traditionelle Rechenmodelle «ad absurdum» geführt. Im Bondbereich werden wir mit Themen wie mangelnde Liquidität, Ausweitung der Geld-Brief-Spannen, steigende Schuldner-/Abwicklungsrisiken und Triple-A-Anlagen (eine Rarität) täglich konfrontiert.
Wie steuern Sie diesem Umstand entgegen?
Der bekannte Bond-OTC-Markt ist für Käufe/Verkäufe nur noch bedingt geeignet. Unser Fokus liegt grundsätzlich auf liquiden Titeln, welche dann durch eine enge Zusammenarbeit mit Bond-Brokern abgewickelt werden.
Eine Alternative wären Anlagen in Ihrem Obligationenfonds.
Die aktive Steuerung der Duration mit Bond-Futures hilft uns, gewisse taktische Anpassungen vorzunehmen. Zudem verwenden wir die Swap-Spread-Analyse zur Identifikation von Investment-Opportunitäten. Diese Kompetenz setzen wir in unserem eigenen Fondsprodukt konsequent um. Die Strategie ist kostengünstig und transparent. Die Handelsaktivität in den Wertschriftendepots unserer Kunden wird verringert und lohnt sich nach Abzug aller Kosten sehr. Auch verwenden wir dieses Fondsprodukt, um bei unseren Kunden Liquiditätsspitzen abzufedern und bei kleineren Anlagevermögen eine geeignete Obligationen-Diversifikation zu erzielen.
Marc Simon Müller ist seit September 2015 Geschäftsführer der Vogt Family Office AG in Zürich. Der in Liechtenstein wohnhafte Schweizer war in den vergangenen 20 Jahren bei der LGT Bank in Vaduz tätig, unter anderem als Teamleiter und Relationship Manager für Intermediärkunden aus der Schweiz. Zuletzt leitete Müller (42) die Repräsentanz der LGT Bank Vaduz in Zürich und baute deren Geschäftstätigkeit erfolgreich aus. Das Vogt Family Office ist ein Vermögensverwaltungsunternehmen und wurde 2010 von Fürstlicher Rat David Vogt gegründet.