«Konsequent handeln»

05.06.2014
Herr Vorndran, Ihr Unternehmen zählt im Fonds- und Vermögensverwaltungsgeschäft zu den bekanntesten und erfolgreichsten Adressen in Deutschland. Was legte den Grundstein für diese Positionierung?
Als unabhängiges, Eigentümer geführtes Unternehmen sind wir allein unseren Kunden verpflichtet. Sämtliche Anlageentscheidungen treffen wir aufgrund eines eigenen, fundamental begründeten Weltbildes; dieses wird stetig auf seine Tauglichkeit überprüft und nicht als Dogma verstanden. Wenn wir erkennen, dass wir falsch liegen, korrigieren wir. Unsere Kunden honorieren das. Sie wissen, woran sie bei uns sind.
Wie sehen die Geschäftsbereiche in der Schweiz im Einzelnen aus?
Unsere Dienstleistungen sind in drei Geschäftsbereiche gegliedert: private- und institutionelle Vermögensverwaltung sowie Publikumsfonds. Heute, in Zeiten der Euro-Krise, ist die basisdemokratische Schweiz als Standort für Vermögensinhaber interessanter denn je. Während in den meisten Industrieländern die Staatsausgaben unaufhaltsam steigen, haben die Schweizer ihre Staatschulden im Griff und agieren hier mit sehr viel gesundem Menschenverstand. Ausserdem sind die Schweizer Unternehmen im internationalen Vergleich äusserst wettbewerbsfähig. Beides zusammen - geringe Staatsverschuldung und volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit - sind Ausdruck einer ganz besonderen Solidität.
Sie waren lange in Zürich für eine der Grossbanken tätig. Ticken hier die Uhren anders als in Deutschland?
Da gibt es durchaus Unterschiede: Die Hierarchiestruktur beispielsweise ist in Deutschland sehr viel ausgeprägter als in der Schweiz. Oder die Pausenregelung: Während dem Schweizer sein Lunch heilig ist, lässt es der Deutsche häufig ausfallen, weil er davon überzeugt ist, so seinen Arbeitstag optimieren zu können. Was die Anlagestrategie betrifft, ist der Schweizer global investiert und mag Aktien; in Deutschland dagegen liegt der Fokus immer noch auf Nominalwerten. Und wenn überhaupt Aktien gekauft werden, dann meist europäische, insbesondere Dax-Titel. Der Schweizer Ansatz ist meiner Meinung nach der bessere.
Wie darf man sich Ihre Arbeit als Kapitalmarktstratege vorstellen?
Im Grunde geht es darum, unseren Kunden eine Anlagepolitik zu vermitteln, die ihren langfristigen Bedürfnissen entspricht - und die dann auch umgesetzt wird. Dazu gehört eine klare Meinung, was die Entwicklung an den Kapitalmärkten betrifft und die täglich hinterfragt wird. Ausserdem verstehe ich mich als Streiter für die Aktienkultur. Gerade in Deutschland gilt die Anlageklasse nach wie vor als Teufelszeug - leider.
Ist bei diesem Job an Urlaub überhaupt zu denken?
Ja, wenngleich ich das Angenehme meist mit dem Nützlichen verbinde. Zuletzt war ich beispielsweise in Japan, Chile und auf Zypern. Allesamt Staaten, die aus ökonomischer Sicht hochinteressant sind, aber nicht alle als klassische Urlaubs-Destinationen gelten. Ausserdem arbeite ich seit 2002 - zumindest laut Arbeitsvertrag - in Teilzeit. Ich war und bin fest davon überzeugt, dass ein wenig Abstand zum täglichen Börsengetöse hilft, um zu erkennen, dass der gesunde Menschenverstand schlussendlich wichtiger ist als der minütliche Blick auf den Bloomberg-Bildschirm.
Wo sehen Sie aktuell die grössten Chancen für Anleger?
Wer sein Vermögen langfristig erhalten will, kommt nicht um das Thema Aktien herum. Nicht irgendwelche, nicht der breite Markt, sondern echte Qualitätstitel. Aktien von Unternehmen, die verlässlich Gewinne erzielen, global aufgestellt und wenig verschuldet sind.
Was macht Ihnen Bauchschmerzen?
Viele Anleger sind noch immer davon überzeugt, die Niedrigzinsphase sei nur ein vorübergehendes Phänomen und würde sich schon bald auflösen. Aus meiner Sicht ein Fehler. Die Notenbanken in den Industrienationen werden den Zins noch sehr lange vergleichsweise niedrig halten. Anders lassen sich die hochverschuldeten Haushalte dauerhaft nicht finanzieren. Wer sein Geld ausschliesslich in verzinsliche Anlagen packt, dürfte in einigen Jahren ein massives Problem haben.
Kann man mit aktivem Management die grossen Indizes schlagen? Oder haben ETFs längerfristig nicht automatisch die Nase vorn?
Das hängt natürlich immer vom Fonds beziehungsweise dem Fondsmanagement ab. Grundsätzlich haben beide Strategien - gut gemanagte, wirklich aktive Investmentfonds sowie ETFs - ihre Berechtigung; sie ergänzen sich sogar sehr gut. An Bedeutung dürften dagegen pseudoaktive Fonds verlieren, die sich systematisch an einen Index hängen, ihn grösstenteils nachbauen. Ihre Chance, nach Kosten dauerhaft besser als der Markt abzuschneiden, ist gleich Null. Anleger werden deshalb in der Zukunft immer weniger bereit sein, in solche Produkte zu investieren.
Haben Sie ein Vorbild, beispielsweise Warren Buffett?
Warren Buffett ist natürlich ein Vorbild für die gesamte Firma, was das Investieren betrifft. Aber schon als junger Student verfolgte ich gespannt die Analysen von Dr. Jens Ehrhardt. Jenseits des Börsengeschehens fallen mir Robert Bosch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen ein.
Philipp Vorndran ist seit 2009 der Kapitalmarkt Stratege bei Flossbach von Storch, einem der führenden unabhängigen Vermögensverwalter in Europa. Zuvor war er bei der Credit Suisse und bei Julius Bär tätig.