Krypto - Gekommen, um zu bleiben

CEO, Betreiber der Anleger-Infoplattform 10x10.ch und Veranstalter der Finance 2.0
financialmedia AG, Zürich
10x10.ch
20.09.2019
Herr Borini, Sie sind wahrlich ein Insider punkto Crypto & Co. Wie sieht der aktuelle Stand in der Schweiz aus?
Nach dem Krypto-Winter ist es, eher vordergründig, ruhiger geworden. Doch was passierte: eine Bereinigung hat stattgefunden, zeitgleich fand auch eine Professionalisierung statt. Im Hintergrund wurde hart gearbeitet. Wir haben vielzählige spannende Projekte, die beweisen, dass die Blockchain-Technologie, auch im Finanzbereich, einiges verändern wird. Zudem werden die neuen Player immer professioneller. Seba und Sygnum haben gerade eine Banklizenz erhalten, und Bitcoin Suisse könnte bald folgen. Die FINMA und der Branchenverband der Banken, Schweizerische Bankiervereinigung, sehen in diesen Entwicklungen nicht nur Gefahren, sondern auch Chancen für den Finanzplatz. So präsentierte «Swissbanking» kürzlich einen Leitfaden zur Eröffnung von Firmenkonten für Blockchain-Start-ups. Und die FINMA ist weltweit die erste Aufsichtsbehörde, die Krypto-Banking zulässt. Diese Neuigkeit sorgte auch für Schlagzeilen über die Landesgrenzen. Aber es gibt noch viel zu tun. Wir müssen die etablierte Welt und diese neuaufkommende Welt zusammenbringen, damit der Schweizer Finanzplatz auch langfristig eine führende Rolle übernehmen kann.
Spielt das sogenannte «Crypto Valley» im Kanton Zug wirklich weltweit eine führende Rolle?
Wir sollten nicht nur über Zug reden, wir sollten über die ganze Schweiz reden. Und ja, die Schweiz gehört zu den führenden Nationen. So ist einer der grössten Blockchain-Co-Working-Spaces der Welt in Zürich, direkt vis-à-vis der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Egal ob Politik, Standortförderer, Regulator, Interessensverbänden oder Privatwirtschaft: Die Schweiz zieht an einem Strang und baut die «Blockchain-Nation Switzerland». Auch seitens des Bundesrates, allen voran Finanzminister Ueli Maurer, ist Blockchain und deren Anwendungen ein wichtiges Anliegen. Wir haben hervorragende Rahmenbedingungen. Deswegen ist ja der Sitz von Libra in Genf und nicht beispielsweise im Silicon Valley oder in Singapur.
Was sind die stärksten Treiber für diese positive Entwicklung?
Unser Finanzsystem hat eine starke Grippe. Negativzinsen und die Aktivitäten vieler Zentralbanken, sozusagen Geld bis ins Unendliche zu drucken, kann langfristig gefährlich werden. Technologie, wie Blockchain, kann helfen, unser fragiles Finanzsystem effizienter zu gestalten. Aber auch generell für die Wirtschaft kann Blockchain und Krypto nicht nur eine Effizienzsteigerung bringen, sondern auch mehr Vertrauen fördern. Und letztlich müssen Banken auch neue Geschäftsmodelle entwickeln, die Margen bei den traditionellen Ertragsquellen werden immer dünner. Last but not least, wir haben viele hungrige Start-up-Unternehmer, die in Blockchain und deren Anwendungen viel Potenzial sehen und das Thema vorantreiben.
Wie reagiert die Finanzindustrie?
Viele traditionelle Finanzdienstleister tun sich schwer mit dem Thema Krypto. Einerseits passen Krypto-Assets nicht in bestehende Systeme und Abläufe, andererseits fehlt die Vorstellungskraft, was Technologie auslösen kann. Zu Beginn überschätzen wir technologische Entwicklungen, langfristig werden sie unterschätzt. Es hat aber auch erste traditionelle Banken, die sich dem Thema öffnen, wie Swissquote, Falcon Private Bank, Bank Vontobel oder auch die Privatbank Maerki Baumann. Sie haben erkannt, dass Blockchain, Bitcoin & Co. nicht einfach in die Ecke «Betrug» geschoben werden können. Wir als Industrie müssen noch viel mehr Ausbildung und Aufklärung betreiben. Denn nicht vergessen dürfen wir, dass ab 2020 die Google Kids, also Millennials, die Mehrheit in der Bevölkerung darstellen. Viele davon sind sehr offen für diese Themen.
Werfen Sie auch einen Blick ins umliegende Ausland? Was läuft dort so?
Natürlich läuft auch im Ausland vieles. Viele Firmen rund um den Erdball verschliessen sich nicht diesem Thema und innovieren. Ich sehe viele spannende Projekte ausserhalb der Schweiz. Auch etablierte Häuser, wie beispielsweise Fidelity, sind sehr aktiv im Krypto-Banking. Letztlich kennt Digitalisierung keine Grenzen und die Blockchain schon gar nicht. Der Ursprung der Blockchain ist ein dezentrales Ökosystem, und ein solches kennt keine Landesgrenzen. Und wenn wir, die Schweiz, als neutrales, politisch stabiles Land, hier diese Entwicklung anführen dürfen, hat das auch viel Positives, für alle.
Wie ist Ihr Unternehmen bei all dem positioniert?
Wir haben mit unserer Anlegerplattform «10×10.ch» frühzeitig Blockchain- und Krypto-Assets aufgenommen und ordnen regelmässig ein, aus Sicht eines Anlegers. Daneben haben wir den Krypto-Lunch lanciert. In einer Stunde über Mittag vermitteln wir Wissen und zeigen konkrete Anwendungen. Unser Motto: «Close the gap». Wir bauen die Brücke zwischen der traditionellen Finanzwelt und der neuen aufkommenden Finance. Das nächste Thema ist übrigens super spannend: Trading von Krypto-Assets, dazu haben wir einen Use-Case aus der Eidgenössischen Technischen Hochschulze Zürich (ETH Zürich). Zudem haben wir bereits 2015 die «Finance 2.0 - Crypto» lanciert und am 6. November 2019 folgt die nächste Durchführung.
Link zum Disclaimer
Rino Borini ist Mitgründer und CEO der financialmedia AG in Zürich. Das unabhängige Medienhaus gibt verschiedene Publikationen im Wirtschafts- und Finanzbereich heraus und veranstaltet zahlreiche Veranstaltungen wie die schweizweit grössten Fintech-Konferenzen, Finance 2.0. Rino Borini leitet den Certificate of Advanced Studies (CAS) «Digital Finance» an der Hochschule Zürich. Zuvor war er in leitenden Funktionen in der Finanzindustrie tätig.