Lipper Fund Awards - Die Fondsindustrie im Scheinwerferlicht

09.02.2018
Herr Glow, am 6. Februar 2018 fanden in Zürich die alljährlichen «Thomson Reuters Lipper Fund Awards» statt. Business as usual oder immer etwas ganz Besonderes für Sie?
Die erste Veranstaltung unserer globalen Lipper Fund Awards ist immer ein besonderer Anlass, so gibt es oftmals Veränderungen in einzelnen Abläufen, die bei der ersten Veranstaltung unter Beweis stellen müssen ob sie funktionieren oder ob wir diese noch nachjustieren müssen. Das beginnt bei den Prozessen für die Einladung zur Veranstaltung und geht dann mit Änderungen im Programmablauf und ähnlichem weiter. Viele dieser Veränderungen nehmen die Teilnehmer gar nicht wahr, aber für uns ist es immer spannend zu sehen ob alles so funktioniert wie wir uns das vorgestellt haben.
Zudem ist das Publikum in der Schweiz sehr professionell und dementsprechend kritisch was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Award-Verleihung in der Schweiz für uns auch inhaltlich immer eine Feuerprobe ist. Somit war auch die 29. Verleihung der Lipper Fund Awards in der Schweiz wieder etwas Besonderes für mich.
Haben Sie schon während des Jahres eine Vorahnung, wer auf die Bühne kommt, um die begehrten Trophäen in Empfang nehmen zu dürfen?
Die Frage lässt sich mit einem eindeutigen «Jein» beantworten. Wir sehen zwar anhand der Ergebnisse bei den Lipper Leaders Ratings, die von den Fonds Monat für Monat erreicht werden, welche Fonds sich möglicherweise für den Lipper Award qualifizieren könnten, aber die Ratings zeigen nicht, welcher Fonds die höchste Bewertung erreichen konnte. Zudem ist der Wettbewerb an der Spitze (gerade in den grossen Vergleichsgruppen) häufig sehr eng, sodass die im Dezember gezeigte Wertentwicklung den Unterschied zwischen dem Sieger und den Platzierten ausmachen kann.
Andersherum kann man sagen, dass ein Fonds, der zum Beispiel über den 3-Jahreszeitraum betrachtet nicht in jedem der 36 Monate zu den Besten in seiner Vergleichsgruppe gehört, sehr wahrscheinlich nicht zu den Gewinnern eines Lipper Fund Awards zählen wird.
Sind es nicht oftmals die gleichen Namen?
Auch hier ist die Antwort Ja und Nein. Bei den Einzelfonds ist es so, das in einigen Vergleichsgruppen immer wieder die selben Fonds einen Lipper Fund Awards gewinnen, da diese Fondsmanager hochspezialisiert sind und/oder frei von den Vorgaben einer Benchmark im Bezug auf ihre Asset Allocation.
Bei den Awards für die Fondsgesellschaften wechseln die Gewinner der einzelnen Kategorien tatsächlich in der Regel in jedem Jahr, natürlich bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel. Denn bei den besten Fondsgesellschaften spielen mehr Faktoren eine Rolle als bei den besten Fonds.
Welche Faktoren machen eine gute Fondsgesellschaft aus?
Bei den Fondsgesellschaften wird für die Vergabe der Lipper Fund Awards die Wertentwicklung aller Fonds in der jeweiligen Anlageklasse (Aktien-, Obligationen- und Mischfonds) berücksichtigt. Das heisst, hierbei spielt neben dem Anlagestil für den die jeweilige Gesellschaft steht (wie zum Beispiel Value Investing) auch die Struktur der Produktpalette eine grosse Rolle, denn bei der Berechnung der Lipper Fund Awards belasten alle Fonds, die im Vergleich zu ihren Mitbewerbern keine guten Ergebnisse erzielen, das Gesamtergebnis für den Anbieter. Dies bedeutet, dass Anbieter, die viele «Modefonds» in ihrer Produktpalette haben, eher geringe Chancen haben, einen Lipper Fund Award zu gewinnen, da diese Fonds oftmals nur kurzfristig funktionieren und dann ein Schattendasein führen.
Allgemein kann man an den Ergebnissen der Fondsgesellschaften ableiten, welcher Anlagestil in den vergangenen drei Jahren die besten risikoadjustierten Ergebnisse erzielen konnte. Das spiegelt sich dann häufig auch bei den Awards für die Einzelfonds wider.
Und welche Kriterien muss ein Fonds erfüllen, damit er bei Thomson Reuters Lipper das Rennen macht?
Die Lipper Fund Awards sind eine unabhängige Auszeichnung, die alle Fonds berücksichtigt, die in den jeweiligen Vergleichsgruppen in einem Markt, wie zum Beispiel der Schweiz, zum Vertrieb zugelassen sind. Die Bewertung der einzelnen Fonds erfolgt dann anhand der Ratingmethodolgie der Lipper Leaders for Consistent Return, also auf Basis der risikoadjustierten Wertentwicklung der Fonds im Vergleich zu ihren direkten Mitbewerbern. Bei diesen Berechnungen gibt es keine Begrenzungen hinsichtlich des Fondsvolumens. Es gibt für uns also keine Fonds, die zu gross oder zu klein sind.
Um am Ende dann einen Lipper Fund Award zu gewinnen, muss der Fonds über alle von uns gemessenen Perioden innerhalb des jeweiligen 3-, 5-, oder 10-Jahres Zeitraumes im Vergleich zu seinen Wettbewerbern Spitzenergebnisse in Bezug auf die risikoadjustierte Wertentwicklung erzielt haben. Die Wertentwicklung wird also nicht nur über die gesamte Periode beurteilt, sondern auch über diverse kürzere Perioden. Somit muss ein Fonds, der einen Lipper Fund Award gewinnen will, über den gesamten Betrachtungszeitraum hinweg ständig überdurchschnittlich gute Ergebnisse erzielen.
Detlef Glow, MBA (UoW), begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters Lipper. Anfang 2007 übernahm er die Leitung für die Regionen Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Oktober 2010 ist Detlef Glow Leiter der Fondsanalyse von Lipper in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika (EMEA). Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanager für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.