«Manchmal liegt die Innovation eben in der Einfachheit»

Business Development and Distribution, Head of DACH Region
Lemanik Invest SA, Lugano
lemanikgroup.com
13.01.2021
Herr Rossi, Fixed Income und Credit insbesondere spielen heutzutage noch eine Hauptrolle innerhalb der Portfolios der Anleger. Welches sind die Schwerpunkte für das neue Jahr aus Ihrer Sicht?
Ich würde sagen, dass es einen säkularen Bedarf an Renditen gibt. Niedrigzinsen sieht man schon seit Jahren. Es ist daher keine echte Neuigkeit, aber das wichtigste Thema für Fixed-Income-Anleger bleibt: wie können Erträge im aktuellen Umfeld generiert werden? Man darf diesbezüglich nicht vergessen, dass die Gesamterträge eines Anleiheportfolios durch zwei verschiedene Treiber erwirtschaftet werden können. Wir sehen einerseits die Endfälligkeitsrendite des Portfolios und andererseits seine Reagibilität zu den Risikofaktoren des Marktes insgesamt. Einfach und klar. Das muss man immer im Auge behalten.
Bezüglich der von Ihnen erwähnten Endfälligkeitsrenditen - sie liegen heutzutage bei historisch niedrigen Niveaus. Insbesondere bei Staats- und Unternehmensanleihen von besserer Bonität…
Meiner Meinung nach gibt es heute eine einzige Möglichkeit zur Ertragsgenerierung im Fixed-Income-Bereich: Anleger sollen sich auf den High-Yield-Anleihemarkt zur Jagd nach Renditen einlassen. In der Gegenwart können Staats- und Unternehmensanleihen tatsächlich keine positive Rendite mehr erwirtschaften. Daher befinden sich die Anleiheinvestoren in diesem komplizierten Anlageumfeld nicht nur bezüglich des Investment-Grade-Segments sondern auch der High-Yield-Kernmärkte wie Europa oder den USA. Zumindest wenn sie vermeiden möchten, in niedrige Kreditbonitäten zu investieren. Ich meine, dass es einen Zielkonflikt zwischen der Kreditbonität und dem entsprechenden Ausfallrisiko, der Fähigkeit zur Renditegenerierung und der Fälligkeit der Anleihen gibt. Die letzte Eigenschaft ist insbesondere von Bedeutung, da sie mit dem generellen Mark-to-Market-Risiko und dem Markt-Beta verbunden ist.
Nach dem Höhepunkt der Corona-Krise haben die Anleger wieder begonnen, auf die gesamte Volatilität der Kreditmärkte sich zu fokussieren. Die Portfolios wurden in dieser Phase von grossen Preisverlusten getroffen, auf die eine rasche Erholung bei den Preisbewertungen der Anleihen folgte. Welche Auswirkungen könnten diese Entwicklungen zukünftig auf Anleiheportfolios haben?
Volatilität, Markt-Beta, Zins- und Spread-Duration sind wichtige Kernpunkte zu einem richtigen Verständnis der Entwicklungen einer Fixed-Income-Anlage. Alle diese Aspekte sind miteinander eng verbunden. Um eine gute Verwaltung der Portfolios zu erreichen, sollte der Portfoliomanager sehr aktiv handeln und seine eigene Marktmeinung umsetzen. Die Renditen würden daher an einem richtigen Marktausblick des Portfoliomanagers liegen. Das hat aber Vor- und Nachteile. Das Verständnis der Markttendenzen ist eine komplizierte Aufgabe auch für den erfahrenen Portfoliomanager. Deswegen wird meistens ein klassischer Anlageansatz verfolgt und die Sensibilität des Portfolios wird folglich taktisch zum Markt-Beta verändert. In diesem Fall geht es um eine traditionelle Long-Only-Investmentphilosophie. Eine Alternativmöglichkeit wäre es, einen Long-Short-Ansatz zu verfolgen. Die Marktmeinung des Portfoliomanagers spielt die wichtigste Rolle in diesem Rahmen und dominiert somit das Risiko-Rendite-Verhältnis der Anlagestrategie. Wie oben festgestellt, stellt dies aber Vor- und Nachteile dar.
Es besteht immer das sogenannte Portfolio-Manager-Risiko, wenn man das Aktiv-Management eines Anleiheportfolios anspricht. Sind Ihrer Meinung nach Chancen oder Lösungen im heutigen Marktumfeld vorhanden?
Lassen Sie mich einen Satz in der Sprache der alten Römer erwähnen: sie behaupteten «in medio stat virtus». Nach meiner Ansicht bedeutet dies, dass eine Kombination von Renditen und Korrelation zu den Fixed-Income-Märkten gefunden werden sollte, um dauerhafte Gesamterträge in den Portfolios der Anleger zu erwirtschaften. Was ich genauer meine, ist der sogenannte «Fixed-Income 2.0» Ansatz, der Unified-Ansatz oder anders gesagt die Verbindung von Endfälligkeitsrenditen mit Total-Return-Investment-Strategien. Hier geht es um reine Kreditrisikoprämien, die durch ein sehr kurzfristiges Buy-and-hold-Anleiheportfolio aufgenommen werden und um eine eingeschränkte Marktmeinung des Portfoliomanagers. Diese wird exklusiv durch liquide Derivate umgesetzt und kann nur begrenzte Verluste über ein Zeitfenster eines Jahres generieren. Es ist wichtig, diesen Ansatz kennenzulernen, obwohl er sehr einfach ist. Manchmal liegt die Innovation eben in der Einfachheit.
Link zum Disclaimer
Paolo Rossi ist Leiter des Business Development für die DACH-Region bei Lemanik Invest SA. In dieser Tätigkeit ist er unter anderem verantwortlich für den Vertrieb von Lemanik-Fonds, die Geschäftsentwicklung der Firma und die Beziehungen mit den institutionellen Investoren. Er verfügt über eine lange Erfahrung im Asset-Management-Bereich und hat bei erstklassigen Investmentgesellschaften in Italien wie Monte Paschi Asset Management, BNP Paribas und Pramerica gearbeitet. Er war bei diesen Unternehmen in verschiedenen Positionen tätig. Zwischen 2005 und 2015 war er für Fondsauswahl, Advisory und Asset Allocation verantwortlich. Er beschäftigte sich von 2002 bis 2005 mit Fixed-Income-Portfolios und zwischen 2012 und 2015 arbeitete er als Produktmanager. Er ist seit 2015 in der Schweiz bei Lemanik Invest SA als Business Development Manager und Investor Relator angestellt. Paolo Rossi verfügt über einen Hochschulabschluss in Volkswirtschaft und Quantitative Finance der Università Luigi Bocconi in Mailand, wo er auch seinen Doktortitel erlangte.