Mit defensiven Strategien und Sektor-ETFs die Krise meistern

06.09.2020
Herr Wenger, sind Sie persönlich gut über die Runden gekommen - arbeiten Sie wieder vollzeitig im Büro in der Zürcher City?
Vielen Dank der Nachfrage, ja, es geht sehr gut. Ich hoffe Ihnen auch! Wir sind im Moment wieder teilweise im Büro und wechseln uns als Team ab. Ich muss sagen, es tut gut, wieder in der gewohnten Arbeitsumgebung zu sein, wir haben auch den «Lockdown» bzw. den Wechsel in den Homeoffice-Modus sehr gut bewältigt, nicht nur hier in der Schweiz, sondern auch global. Eine der grossen Stärken von State Street Global Advisors als weltweit drittgrösster Vermögensverwalter ist ja die Qualität unserer Produkte samt Portfoliomanagement und alles was dazu gehört, und ich darf allen unseren Kunden und Investoren mitteilen, dass alles perfekt geklappt hat und wir praktisch über Nacht in einen Homeoffice-Modus gewechselt haben ohne irgendwelche Probleme oder Leistungsausfälle. Wir waren selbst sehr positiv überrascht wie effizient wir das hinbekommen haben.
Was waren die am häufigsten gestellten Fragen seitens Ihrer Kunden?
Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, da wir, wie Sie sich vorstellen können, ja die verschiedensten Diskussionen und auch unterschiedlichen Phasen der Krise hatten bzw. immer noch haben. Was mich am Anfang beeindruckt hat, ist, dass es eigentlich kaum um das Geschäft ging, vielmehr war jeder darum besorgt, wie es einem geht und ob Freunde, Familie und Kollegen wohlauf sind. Hier zeigt sich auch, was wirklich in der Krise wichtig war - Menschlichkeit und Verständnis für den anderen. Was die Kapitalmärkte und vor allem ETFs betrifft, war das Thema Liquidität sehr gefragt. Das schöne ist, dass ETFs genau das geliefert haben, was erwartet wird. Viele Marktkommentatoren haben ja auch ETFs als krisensicheres Finanzinstrument bestätigt. Gerade als die Liquidität in manchen Märkten, zum Beispiel bei Obligationen, eine Herausforderung war, haben ETFs einen kontinuierlichen Handel ermöglicht.
Haben sich die Cash-Quoten seit anfangs Jahr reduziert, sind die Investoren zu einem hohen Grad investiert?
Dieses Jahr war natürlich ganz klar von der globalen Pandemie beherrscht - und ist es auch jetzt noch. Obwohl die US-Wahl mit Riesenschritten näher rückt und das beherrschende Thema sein wird. Da gibt es unserer Meinung dann einige interessante Investitionsmöglichkeiten, um sich dementsprechend zu positionieren, zum Beispiel über Sektor-ETFs. Aber Sie fragten ja nach dem Investitionsgrad. Aus unserer Sicht sind Investoren weiterhin investiert, Cash ist ja auch nicht so eine tolle Alternative im Moment. Im institutionellen Bereich sahen wir auch, dass durch die kurzfriste Korrektur an den Märkten Rebalancings und dementsprechend Investitionen in Risiko-Assets stattgefunden haben.
Bei welchen Produkten hat Ihr Haus in der Schweiz die grössten Neugeldzuflüsse?
Wir sahen viel Bewegung bei US-Staatsanleihen, da haben wir einiges an Flow gesehen und auch im S&P 500, was ein bisschen gegen den generellen Trend war. Sektoren waren vor allem im 2. Quartal auch wieder gefragt. Amerikanische Finanztitel und auch der Gesundheitsbereich waren gesucht. Insgesamt gesehen freut es uns auch, dass unser ETF mit ESG-Komponente auf den S&P 500 wächst, Sie werden in diesem Bereich noch einiges von uns hören.
Die Zinsen sind - salopp gesagt - bei Null. Was ist Ihre Empfehlung für Institutionelle wie Versicherungen, die auf Einkommen angewiesen sind?
Ja, das stimmt, das Umfeld ist kein leichtes. Wir denken, dass trotz der aktuellen Situation stabile Dividendenstrategien Sinn machen - die Dividend-Aristocrats-Indizes mit ihrer Qualitätskomponente bieten sich hier an.
Im Obligationenbereich sehen wir nach wie vor Potenzial bei Staatsanleihen in den Emerging Markets. Und dies aus den folgenden drei Gründen: Die Renditen sind relativ gesehen noch attraktiv, generell gibt es immer noch eine Untergewichtung von Investoren Post-Covid, das könnte sich ändern und zu guter Letzt ist die Währungskomponente ein interessanter Performance-Driver.
Wir sehen aber - wie gesagt - auch Bedarf nach defensiven Aktienstrategien. Hier bieten sich neben den erwähnten Dividenden-ETFs auch Low-Volatility-Strategien und Wandelanleihen an. Die Volatilität wird trotz des eher konstruktiven Ausblicks für die globalen Aktienmärkte relativ hoch bleiben. Bei Wandelanleihen verleiht die Obligationenkomponente der Investition Stabilität bei gleichzeitiger Partizipation an Aktien.
Link zum Disclaimer
Bernhard Wenger ist als Geschäftsführer bei State Street Global Advisors AG in Zürich primär für die Geschäftsentwicklung und den Vertrieb von «SPDR ETFs» in der Schweiz verantwortlich. Zuvor war er bei ETF Securities tätig, wo er unter anderem als Head of European Distribution den Vertrieb geleitet hat. Im Weiteren hatte Bernhard Wenger leitende Positionen bei Morgan Stanley, HSBC und BNP Paribas inne und verfügt über einen «European Master in Management» der ESCP Europe (Paris, Oxford, Berlin).