«Mit den diversen Robo-Lösungen entsteht derzeit eine neue Produktklasse»

28.01.2018
Herr Soltau, Sie hören im deutschen Finanzmarkt - wie man so schön sagt - das Gras wachsen. Was vernehmen Sie zu dem Trendthema Robo-Advising?
Die stetige Entwicklung in der Qualität wie auch in der Quantität der Robo-Berater weckt natürlich langsam das Interesse der grossen Anbieter. Solche Systeme sind längst keine Nischenprodukte mehr, sondern auch die grossen Player am Markt haben das Potenzial erkannt - Beispiele hierfür wären etwa ING Diba mit Scalable (Kooperation), comdirect mit cominvest (hauseigenes Produkt), max blue mit Robin (hauseigenes Produkt) und soweit mir bekannt ist, wird in Kürze ein grosses Schweizer Institut ebenfalls einen Robo-Advisor launchen. Aber es sind nicht nur die Banken, die an diesem Trend mitwirken, mit Solidvest von DJE ist nun auch ein bekannter Fondsanbieter mit einer Robo-Vermögensverwaltung aktiv geworden.
Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?
Meiner Meinung nach entsteht mit den diversen Robo-Lösungen derzeit eine neue Produktklasse. Dabei sind die Angebote meiner Ansicht nach nicht als vollumfängliche Vermögensverwaltung zu verstehen, die quasi die gesamte Anlagestrategie eines Kunden übernehmen. Ich denke, die Robos werden vielmehr als weiterer Baustein im Sinne der Diversifikation genutzt, also ergänzend zu anderen Anlageprodukten eingesetzt. Insofern verwundert es auch nicht, dass die Robo-Advisor verschieden ausgestaltet sind und sich somit Unterkategorien bilden - angefangen von den klassischen ETF-Robos, den «Misch»-Robos, die auf ETFs in Verbindung mit aktiven Fonds basieren und Robos, die reine Aktienstrategien abbilden. In den beiden letztgenannten Kategorien bieten wir als FondsDISCOUNT.de ebenfalls Robo-Lösungen an: LONI als ETF/Fonds-Lösung in Kooperation mit der Deutschen Asset Management und Fundamental Capital als Pionier für eine reine Aktienlösung. Solche Modifikationen bieten gegenüber reinen ETF-Robos den Vorteil, dass sie tatsächlich «aktiv», wenn auch meist automatisiert, arbeiten und die Zielunternehmen im Einzelnen bewerten. Ich vermute, dass sich der Unterschied zu reinen ETF-Robos in der nächsten grösseren Marktkorrektur bemerkbar machen wird. Aber auch wenn das Thema Robos derzeit stark im Trend liegt: Noch sprechen wir hier von einem kleinen Anteil am Gesamtmarkt. Um ein paar Zahlen ins Spiel zu bringen: Das insgesamt in Deutschland verwaltete Anlagevolumen aller Robo-Advisor lag 2017 schätzungsweise unter einer Milliarde Euro - während das verwaltete Anlagevolumen bei nur einer Fondsgesellschaft, beispielsweise Flossbach von Storch, in 2017 um über vier Milliarden Euro gewachsen ist.
Weg von den Robos, hin zu den klassischen Investmentfonds - wie ist denn derzeit die Stimmung im Fondsmarkt?
Ich kann aus zahlreichen Gesprächen mit Fondsgesellschaften sagen, dass es der Branche sehr gut geht. Das verwundert aber auch nicht, schliesslich investieren immer mehr Privatanleger, aber auch Institutionelle wie etwa Stiftungen in dieses Segment. Insbesondere Stiftungen müssen gegen die Niedrigzinsen ankämpfen und suchen daher nach Lösungen am Kapitalmarkt. Eine Alternative gibt es nicht.
Zudem weicht langsam die Angst vor dem Risiko. Die Anleger haben seit ca. neun Jahren das Risiko nicht mehr spüren müssen, was natürlich dazu verleitet, es zu vergessen. Ich freue mich sehr, dass der Trend zur Aktie, egal ob direkt oder über Fonds, immer stärker wird und halte es für die Altersvorsorge für unabdingbar - aber plädiere auch dafür, dass wir Dienstleister der Branche viel stärker aufklären müssen. Die Regierung wird es nicht machen. Die Kunden müssen verstehen, wie der Markt funktioniert, damit bei der nächsten grossen Marktkorrektur keine falschen panischen Verkäufe erfolgen und vor allem dann nicht aufgrund der negativen Erfahrung wieder eine Distanz zum Kapitalmarkt aufgebaut wird.
Welche Trends gibt es denn aktuell im Fondsbereich?
Zunächst gibt es die grossen Trends wie etwa Robotik und Technologie sowie Nachhaltigkeit/ESG (Environment, Social, Governance). Wobei Nachhaltigkeitsfonds bislang eher im institutionellen Bereich ein Thema sind. Privatanleger beschäftigen sich zwar mit dem Thema, doch sehen wir nur sehr wenig Investitionen in das Segment. Ich gehe aber davon aus, dass das Bewusstsein für «grüne» Investments auch im Privatanlegerbereich noch stärker weiterwachsen wird. Die Fondsgesellschaften reagieren, indem «grüne» Fonds neu aufgelegt oder aber zum Beispiel Klimakiller aus bestehenden Fonds entfernt werden. Auch viele nicht entsprechend gelabelte Fonds investieren ökologisch bzw. sozial. Neben dieser Entwicklung stellen wir bei FondsDISCOUNT.de auch ein grosses Interesse an Nischenthemen fest, zu nennen wären hier etwa der Boom um Kryptowährungen oder rund um die Cannabis-Industrie. Solche Themen erhalten zumindest kurzzeitig doch sehr viel Aufmerksamkeit bei den Anlegern.
Ihr Haus publiziert auch regelmässig ein Magazin. Wie kommt das an?
Unser vierteljährlich erscheinendes Kundenmagazin «Fonds Spezial» geben wir schon seit vielen Jahren heraus. Früher gab es eine reine PDF-Version, seit längerem lassen wir das Heft allerdings drucken und an unsere Kunden versenden. Aus zahlreichen Rückmeldungen wissen wir, dass unsere Kunden ein Printmagazin immer noch wertschätzen und gerne darin lesen - dem ganzen Online-Trend zum Trotz. Somit verbinden wir die digitale Welt als Onlineplattform mit der «realen», haptischen Welt in Form unseres Magazins. Das kommt gut an. Nicht nur bei den Lesern, sondern wir haben auch sehr viele Anfragen von Fondsmanagern bzw. Fondsgesellschaften, die ebenfalls im Heft vertreten sein möchten.
Das heisst, Sie sind auch als Marketingpartner zunehmend gefragt?
Wir haben im vergangenen Jahr unsere Marketingangebote nochmals professionalisiert und ausgebaut - sei es über unsere Artikel auf FondsDISCOUNT.de, Advertorials im Printmagazin, Webkonferenzen oder zum Beispiel unserem Twitter Account. Unsere Marketingpartner profitieren von unserer steigenden Reichweite und greifen gerne auf uns zurück. Mit diesen umfassenden, man kann schon sagen: Agenturleistungen, sind wir weit mehr als ein reiner Fondsvermittler. Insofern war unsere Entscheidung, in den Aufbau einer hauseigenen Redaktion zu investieren, genau richtig.
Apropos Ausbau: Jüngst haben Sie das Geschäftsmodell nach Österreich ausgerollt, wie läuft’s?
Unsere Website Fondsdiscount.at ist im vergangenen Jahr live gegangen, allerdings haben wir den offiziellen Start abhängig von einer neuen Kooperation gemacht, welche wir vor kurzem geschlossen haben. Insofern werden wir im Februar auch mit entsprechendem Marketing starten. Nur so viel vorab: Bisher kann sich unsere Entwicklung dennoch durchaus sehen lassen, unsere Bekanntheit steigt und viele Kunden freuen sich, dass wir nun auch in Österreich mit entsprechendem Steuerreporting bzw. Depotlagerstellen aktiv sind.
Welche Ziele haben Sie sich für 2018 auf die Fahnen geschrieben?
Natürlich möchten wir nicht zu viel verraten, aber es wird insgesamt ein sehr spannendes Jahr mit vielen Neuerungen. Freuen Sie sich…!
Thomas Soltau ist bereits seit 2003 in der Fondsbranche aktiv und kennt die Branche, insbesondere das Verhalten der Endkunden, so gut wie kaum ein anderer. Seit dem 1. Januar 2014 ist er der Vorstandsvorsitzende der wallstreet:online capital AG und konzentriert sich mit seinem Berliner Team seither auf die Weiterentwicklung der Gesellschaft, insbesondere der Webseite FondsDISCOUNT.de. Mit einem verwalteten Depotvolumen in Höhe von derzeit ca. 850 Mio. Euro hat sich das Haus zu einem der grössten Online-Vermittler in Deutschland und zeitgleich aber auch zu einem hochspezialisierten Medienhaus entwickelt.