«Mit der richtigen Strategie wird Künstliche Intelligenz zum Erfolgsfaktor im Asset Management»

Gründer und Geschäftsführer
AGATHON CAPITAL SCHWEIZ GmbH, Walchwil
agathon-capital.ch
09.08.2022
Herr Schilcher, die Digitalisierung schreitet in vielen Bereichen der Gesellschaft voran. Ein Thema, das damit auch immer präsenter wird, ist die Künstliche Intelligenz (KI). Wie sehen Sie hier die Schnittmenge zum Asset Management?
Künstliche Intelligenz (KI) bietet erhebliche Potenziale in der Kapitalanlage. KI ist mittlerweile in vielen Anwendungs- und Industriebereichen nicht mehr wegzudenken, da die verfügbare Menge an Daten kontinuierlich immer weiter ansteigt und gleichzeitig die Kosten für Rechen- und Speicherkapazität weiter abnehmen. Somit ermöglicht KI bzw. maschinelles Lernen auch im quantitativen Asset Management, durch einen beherrschten Einsatz, signifikante Potenziale zu erschliessen. Beispielswiese ist es möglich, mehr Einflussgrössen hypothesenfrei zu analysieren, deren Interdependenzen schärfer zu erkennen und aus dem Datenrauschen der Finanzmärkte präziser Informationen zu generieren, um so marktrelevante Veränderungen frühzeitig zu erkennen.
Was ist für Investoren zu beachten, die hier Kapital anlegen wollen?
Da der Einsatz von KI im Asset Management ein interessantes und zukunftsträchtiger Bereich ist, werben mittlerweile viele Produktanbieter damit. Hier sollten Investoren aber genauer beziehungsweise kritisch hinter die Fassade von Anbietern schauen. Nicht immer kommt KI im Investmentprozess auch zum Einsatz oder nur zu einem geringen Teil. Mit ein oder zwei Personen auf Seite des Asset Managers kann jedenfalls keine ernstzunehmende inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema KI erfolgen, denn die Technologie isoliert ist kein Erfolgsgarant, sondern muss sinnvoll mit den Best Practices des quantitativen Asset Managements verknüpft werden, um einen nachhaltigen Mehrwert für Investoren generieren zu können.
Erfolgreich KI-basierte Anlagelösungen bestehen aus der Symbiose von quantitativen Kapitalmarktmodellen und maschinellem Lernen. Knapp 85 Prozent des Anlageerfolgs macht die Datenqualität aus, die damit ein elementarer Teil des Investmentprozesses abbildet. Und ein Datensatz ist letztendlich nur so gut wie das Team, welches daran gearbeitet hat bzw. die Algorithmen programmiert.
Auch Sie setzen bei einigen Ihrer Produkte auf die KI als Erfolgsfaktor. Welchen Partner haben Sie dafür im Boot?
Unser Partner ist die Othoz GmbH, die frühzeitig erkannt hat, dass der Faktor Mensch untrennbar von der Softwareinfrastruktur ist und somit entscheidend für einen gewinnbringenden Einsatz von KI im Asset Management. Basierend auf dieser Überzeugung entwickelt Othoz Anlagestrategien aus der Symbiose von quantitativen Kapitalmarktmodellen und maschinellem Lernen. Mit einem 15-köpfigen interdisziplinären Team aus den Bereichen Finance, Computer und Data Science sowie Mathematik, Physik und Neurowissenschaften gehört Othoz zu den grössten bankenunabhängigen Anbietern. Diese Spezialisten leisten auch Entwicklungs- und Forschungsarbeit und haben einen erheblichen Erfahrungsschatz im Umgang mit grossen Datenmengen und Modellen.
Was zeichnet die Anlagestrategie von Othoz aus?
Die KI-Infrastruktur von Othoz basiert auf rigoros trainierten Machine-Learning-Algorithmen, die in holistischen Modellen makroökonomische und fundamentale Einflussgrössen sowie Preisbewegungen am Kapitalmarkt auswerten und daraus emotionslos Selektions- und Allokationssignale generieren. Je Aktienuniversum stehen mehrere Millionen systematisch aufbereitete Datenpunkte für die ganzheitliche Analyse zur Verfügung, aus denen entscheidungsrelevante Daten für das Asset Management gezogen werden. Gepaart mit der Qualität der handelnden Personen kann Othoz seinen Machine-Learning-Ansatz kontinuierlich weiterentwickeln und so für Anleger einen nachhaltigen Mehrwert am Kapitalmarkt erwirtschaften.
Wo kommt denn der angesprochene Investmentansatz konkret zum Einsatz?
Der Investmentansatz kommt derzeit bei zwei Fondslösungen zum Einsatz. Sowohl der «ART AI US Balanced» als auch der «ART AI EURO Balanced» folgen einer aktiven, quantitativen Strategie und basieren auf einem von Othoz entwickelten Machine-Learning-Modell zur Aktienauswahl. Beiden Fonds liegt eine defensive Strategie zu Grunde, die auch in Niedrigzinsphasen stabile, positive Renditen bei einem im Vergleich zum Aktienmarkt reduzierten Verlustrisiko erzielen soll. Um diese Zielsetzung in jeder Marktlage bestmöglich zu erreichen, werden mit den entwickelten Machine-Learning-Modellen Long-Portfolios generiert und der Investitionsgrad der Fonds dynamisch zwischen 0 und 50 Prozent gesteuert. Der US-Fonds, aktuell im Vergleich zum Markt sehr stabil und erfolgreich, selektiert seine Aktien aus dem S&P 500-Universum, die verbleibende Liquidität wird in Investment-Grade-Anleihen investiert. Das europäische Pendant ist dagegen auf EUR-denominierten Aktien des STOXX Europe 600-Universums sowie Euro-denominierte Investment-Grade-Anleihen fokussiert.
Link zum Disclaimer
Erich Schilcher ist Gründer und Geschäftsführer der AGATHON CAPITAL SCHWEIZ GmbH sowie der AGATHON CAPITAL GmbH in Deutschland. Unter seiner Leitung betreuen die Gesellschaften zusammen ein Volumen von über 1.8 Mrd. Euro. Vor der Gründung von AGATHON war er knapp 13 Jahre für die Asset-Allokation einer internationalen Investmentbank mitverantwortlich. Er erkannte frühzeitig, dass der produktorientierte Vertrieb von Finanzprodukten nicht marktgerecht ist. Entsprechend ist seine Devise: «Kapitalanleger brauchen mehr innovative Lösungen, die den Anlegern einen nachweisbaren Nutzen in jeder Marktphase bringen.»