«Mit Digital Health zu einem effizienteren Gesundheitswesen»

Portfoliomanager Medtech & Services
Bellevue Asset Management AG, Küsnacht ZH
bellevue.ch
25.05.2018
Herr Blum, neue Technologien wie das Smartphone haben unseren Alltag stark verändert und halten nun Einzug im Gesundheitswesen. Als Digital Health sorgen sie für klinischen Mehrwert und dringend benötigte Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen. Warum gehört Digital Health die Zukunft?
Angesichts globaler Megatrends wie der demografischen Entwicklung, Zunahme von Zivilisationskrankheiten und der damit verbundenen steigenden Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen muss das Gesundheitswesen effizienter werden, um Kosten einzusparen. Eine Studie des Beratungsunternehmens McKinsey geht davon aus, dass sich allein in den USA mit digitalen Anwendungen die Gesundheitskosten um bis zu 300 Mrd. US-Dollar und damit um 10 Prozent reduzieren lassen.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Auf Basis von disruptiven Technologien wie zum Beispiel Sensoren, Smartphones oder Cloud Computing entwickeln Unternehmen neue oder verbesserte Produkte und Dienstleistungen, die einen Mehrwert für die Anspruchsgruppen im Gesundheitswesen bieten. Darüber hinaus erleichtern sie den Zugang zum Gesundheitswesen und verbessern die Qualität der Versorgung.
In welchem Bereich sind marktreife Anwendungen schon weit fortgeschritten, wo finden sich gute Beispiele?
Gute Beispiele finden wir in den Bereichen Telemedizin, Blutzuckerüberwachung und roboterunterstützte Chirurgie. In der Telemedizin bietet die US-Firma Teladoc digitale Hausarztbesuche an. Der Patient kann einen von über 3.000 Ärzten elektronisch konsultieren. Die knapp 1.5 Mio. digitalen Arztbesuche im Jahr kosten zwischen 25 und 40 Prozent eines klassischen Arztbesuchs. Dexcom bietet den präzisesten Sensor für kontinuierliche Blutzuckermessung an. Das mit dem Sensor vernetzte Smartphone warnt rechtzeitig vor zu hohen oder zu niedrigen Blutzuckerwerten. Damit können die Folgeerkrankungen von Diabetes stark reduziert oder gar vermieden werden.
Wie gross ist das Universum für Digital-Health-Firmen, und wie klassifizieren sich diese?
Das investierbare Universum besteht aus rund 250 Firmen. Davon sind 150 dem Sektor Healthcare IT zuzurechnen. Dazu kommen weitere 70 bis 80 Unternehmen aus den Bereichen Medizintechnik, Life Science Tools und Healthcare Services. Den Rest bilden IT-Firmen. Die Unternehmen klassifizieren sich hinsichtlich dreier Kriterien für das Digital-Health-Universum: 1. Der Wert ist ein «Pure Play» Digital-Health-Unternehmen und unter GICS als Healthcare IT klassifiziert. 2. Es ist ein Healthcare-Unternehmen, Medikamentenhersteller ausgenommen, und Digital Health ist zugleich ein elementarer Bestandteil der Unternehmensstrategie und leistet einen wesentlichen Beitrag zum Shareholder Value. 3. Es handelt sich um ein Unternehmen ausserhalb des Gesundheitswesens, das jedoch ein klares Exposure zu Healthcare ausweist, d.h. mindestens 20 Prozent des Umsatzes oder R&D-Ausgaben.
Kann das Universum in Zukunft noch wachsen?
Risikokapitalgeber haben in den letzten sieben Jahren rund 24 Mrd. US-Dollar in 1.700 private Digital-Health-Unternehmen investiert, weshalb wir über die nächsten Jahre mit vielen attraktiven Börsengängen rechnen.
Welche Anlageopportunitäten bietet Bellevue Asset Management?
Vor gut zwei Jahren hat Bellevue Asset Management ein Zertifikat nach Schweizer Recht unter dem Namen BB HealthTech lanciert. Seit der Auflage hat das Produkt eine annualisierte Performance von rund 30 Prozent bei einer Volatilität von etwa 15 Prozent erzielt. Ende April ist das Nachfolgeprodukt in Form eines Luxemburger Anlagefonds lanciert worden, der BB Adamant Digital Health (Lux).
Investitionen in Technologietitel können hohe Risiken bergen. Wie entkräften Sie diese Bedenken?
Digital Health ist stark reguliert: Sicherheit und klinischer Nutzen müssen mit aufwändigen klinischen Studien belegt werden. Dies schafft Eintrittsbarrieren für potenzielle Konkurrenten und macht das Technologierisiko berechenbarer.
Mit welcher Anlagestrategie gehen Sie bei der Titelauswahl vor?
Zentrale Kriterien für die Titelselektion sind Umsatzwachstum über 15 Prozent, eine Bruttogewinnmarge von über 60 Prozent, eine solide Finanzierung sowie die Qualität des Managements. Unser Fokus liegt auf Wachstumsaktien (Small und Mid Caps) in Nordamerika, Europa und Asien mit Potenzial für ein weit überdurchschnittliches, meist zweistelliges Wachstum, in die mit einem langfristigen Anlagehorizont von drei bis fünf Jahren investiert wird.
Stefan Blum ist seit 2008 bei Bellevue Asset Management als Lead Portfolio Manager des BB Adamant Medtech & Services (Lux) Fonds. Er verfügt über 20 Jahre Berufserfahrung im Bereich Healthcare. Zuvor war er während vier Jahren bei Sonova für die Betreuung der Investoren verantwortlich. Bei der Bank Sarasin war Stefan Blum von 1996 bis 2000 als Finanzanalyst tätig.