Mit Exchange Traded Funds (ETFs) kann der Wiedereinstieg effizient umgesetzt werden

27.03.2020
Herr Wenger, die Schwankungen an den Märkten sind enorm. Wie erleben Sie die Situation?
Lassen Sie mich zunächst allen Leserinnen und Lesern und natürlich Ihnen alles Gute und Gesundheit wünschen, sicherlich das Wichtigste im aktuellen Umfeld. Viele Menschen arbeiten jetzt auch für einige Zeit von Zuhause aus, was sicherlich für manche eine gewisse Herausforderung darstellt, also hoffe ich, dass es sich für Alle so schnell wie möglich wie «business as usual» anfühlt.
Nun zu den Märkten. Die Schwankungen waren und sind immer noch enorm, egal in welchen Assetklassen, das stimmt. Allerdings ist dies auch nicht verwunderlich, da es sich bei der aktuellen Corona-Krise um einen schweren, nicht vorhersehbaren, exogenen Einfluss handelt. Noch dazu um etwas, dass noch nie vorher dagewesen ist. Neben der menschlichen Tragödie, die vielerorts stattfindet, war die Marktkorrektur bis jetzt natürlich brutal. Wir denken auch, dass das Umfeld weiter volatil bleiben wird, diskutieren mit Investoren mögliche und effiziente Markteintrittsstrategien und versuchen mit ihnen gemeinsam die aktuellen Herausforderungen zu navigieren. Am Ende des Tages gibt es keine Vergleichswerte aus der Vergangenheit, viel wird davon abhängen, wie schnell die Wirtschaft wieder ins Laufen gebracht werden kann.
Und wie haben sich in diesem Umfeld Ihre Kunden positioniert?
Der ETF-Markt in Europa hat verständlicherweise Mittelabflüsse gesehen. Was Neuallokationen betrifft, sehen wir viel Abwarten im Moment, was ebenfalls nachvollziehbar ist und Sinn macht aufgrund der hohen Volatilität. Diejenigen Investoren, die aktuell aktiv sind, begleiten wir gemeinsam mit unserem Capital Markets Team, um die Ausführung im ETF-Handel so effizient wie möglich zu gestalten. Sei es bei Käufen, Verkäufen oder Umschichtungen.
Gab es in bestimmten Segmenten besonders hohe Abflüsse?
Über den Gesamtmarkt in Europa gesehen, gab es im letzten Monat sowohl bei Aktien- als auch Fixed Income ETFs signifikante Abflüsse. Es waren praktisch alle Regionen betroffen, aber vor allem US- und Emerging-Markets-Aktien. Bei Sektor-ETFs haben Finanztitel am meisten Rückflüsse erfahren und im Fixed-Income-Bereich vor allem Unternehmensanleihen und letzte Woche auch Staatsanleihen-ETFs, insbesondere im Emerging-Markets-Bereich.
Verzeichnen Sie auch Segmente, wo Positionen jetzt aufgebaut werden?
Ja, im Rohstoffbereich sind Edelmetalle gefragt, hier verständlicherweise vor allem Gold und auch Geldmarkt-ETFs. Investoren kaufen auch gezielt Länder-ETFs und im Sektorbereich Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter. Die defensive Eigenschaft dieser Sektoren ist hier anscheinend gefragt. Auf der Obligationenseite wiederum sind Staatsanleihen aus Industrieländern mit kurzer Duration nachgefragt.
Welche Ihrer Produkte könnten im Verlauf des Jahres bei einer Entspannung der Lage besonders aussichtsreich sein?
Wir haben ein sehr diversifiziertes Lösungsangebot bei SPDR ETFs, sowohl im Aktien- als auch Obligationenbereich. Es wird ein bisschen darauf ankommen, wie sich die allgemeine Lage entwickelt und wie schnell wir alle wieder in den «back-to-normal»-Modus zurückkehren werden. Die Korrektur an globalen Märkten sehen aktuell sicherlich viele Investoren als interessanten Einstiegszeitpunkt, allerdings ist die Volatilität immer noch sehr hoch, weswegen Low-Volatility-Strategien Sinn machen. Auch Wandelanleihen-ETFs sind im derzeitigen Umfeld eine interessante Alternative. Durch den Bond-Floor können Investoren in abgesicherter Form ein Aktienexposure aufbauen.
Ein besonderes Augenmerk sollte auch auf Sektoren gelegt werden. Wir hören oft, dass jetzt die Zeit ist, zu differenzieren und die zukünftigen Gewinner zu «picken». Einzelaktienrisiko will man möglicherweise nicht eingehen. Sektoren bieten hier die Möglichkeit, auf diejenigen Branchen zu setzen, die im jeweiligen Umfeld profitieren. Aktuell sehen wir wie bereits erwähnt den Gesundheitssektor als interessanten defensiven Sektor, aber auch Kommunikationsdienstleistungen. Hier vor allem die europäischen Unternehmen, die defensivere Qualitäten als ihre US-Wettbewerber aufweisen. Sie profitieren auch vom nicht ganz freiwilligen Trend, aktuell vermehrt auf Telekommunikationstechnologien jeglicher Art zurückzugreifen. Wenn sich die Wirtschaft dann erholt hat und wieder anzieht, sehen wir auch wieder zyklische Sektoren als interessant. Energietitel werden wohl erst wieder gefragt sein, wenn der Ölkonflikt zwischen Russland und der OPEC beigelegt ist.
Link zum Disclaimer
Bernhard Wenger ist als Geschäftsführer bei State Street Global Advisors AG in Zürich primär für die Geschäftsentwicklung und den Vertrieb von «SPDR ETFs» in der Schweiz verantwortlich. Zuvor war er bei ETF Securities tätig, wo er unter anderem als Head of European Distribution den Vertrieb geleitet hat. Im Weiteren hatte Bernhard Wenger leitende Positionen bei Morgan Stanley, HSBC und BNP Paribas inne und verfügt über einen «European Master in Management» der ESCP Europe (Paris, Oxford, Berlin).