«Mit finews.ch verdienen wir sogar Geld»

21.04.2014
Herr Baumann, herzliche Gratulation zum fünften Geburtstag Ihres Portals. Wird gross gefeiert?
Wir halten uns da lieber an die Maxime des römischen Dichters Ovid, der schon vor 2’000 Jahren sagte: «Bene vixit, bene qui latuit» - glücklich lebte, wer sich gut verborgen hielt. Ernsthaft: Im Spätherbst planen wir einen Anlass in Zürich, bei dem sich das alte Swiss Banking mit dem neuen Swiss Banking vermählen wird. Mehr will ich im Moment nicht verraten, aber Sie können gespannt sein.
Wenn Sie zurückschauen, worauf sind Sie besonders stolz?
Auf die Tatsache, dass wir eine simple Idee erfolgreich umgesetzt haben.
Würden Sie aus heutiger Sicht etwas anders machen?
Höchstens von Anfang an etwas selbstbewusster auftreten.
Wie viele Leute sind in der Redaktion tätig?
Momentan sind sieben Redaktoren mit Pensen zwischen 40 und 100 Prozent bei finews.ch tätig. Hinzu kommen unser Webmaster sowie unsere gute Seele in der Administration. Total sind wir also neun. Gestartet sind wir zu viert. Wir haben den Personalbestand mehr als verdoppelt. Und wir suchen immer noch ein bis zwei ausserordentlich gute Redaktoren.
Erwähnenswert ist auch, dass finews.ch nun sogar politisch ist: Unser Redaktor Peter Schuppli ist unlängst in den Stadtrat von Wädenswil am Zürichsee gewählt worden. Ich freue mich, dass er uns trotzdem mit einem zwar etwas geringeren Pensum erhalten bleibt.
Macht das Portal übers Wochenende Pause oder liefern Sie jeden Tag frische Nachrichten?
Echte Journalisten werden auch am Sonntag nicht ruhen, wenn Credit-Suisse-Chef Brady Dougan mal wieder auf der Kippe steht oder Vollblutbanker Oswald J. Grübel eine schicksalsschwangere Weisheit der Welt preisgibt. In diesem Sinne ist finews.ch immer am Ball.
Was ist ganz speziell für den grossen Erfolg verantwortlich, die Titelstory, die Interviews oder das Konzept als Ganzes?
Unser Erfolg ist letztlich banal. Wir schreiben, «was ist», um meinen Kollegen und früheren Vorgesetzten Roger Köppel zu zitieren, und nicht, was möglicherweise sein könnte, oder was wir gerne lesen würden. Ausserdem haben wir kein Problem, mal nicht mit der Meute zu heulen und die ausgelutschten Klischees zum x-ten Male zu bemühen, wie das eine Menge Journalisten besonders beim Banken-Bashing tut. Ob Titelstory, Interview oder Kommentar - ist die Story einmal online, gilt, was Fussballtrainer-Legende Sepp Herberger schon vor vielen Jahrzehnten gesagt hat: «Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.»
Lässt sich das Konzept in wenigen Worten beschreiben?
Klar. Wir sind das Intranet der Schweizer Finanzbranche, das täglich mit Kompetenz und Korrektheit über alle relevanten Entwicklungen berichtet. Das ist ein Geschäftsmodell, mit dem sich sogar Geld verdienen lässt. Kurzum, wir sind konstruktiv kritisch.
Können Sie ein paar Zahlen nennen, zum Beispiel die Anzahl Unique Clients?
Per Ende März 2014 verzeichneten wir mehr als 160’000 Unique Clients, also wiederkehrende Besucher, sowie gut 900’000 Page Impressions, also Seitenzugriffe, pro Monat. Wir erwirtschaften einen Umsatz von rund 1 Mio. Franken mit Werbeeinnahmen und sind seit drei Jahren profitabel.
Wo und wie beschaffen Sie und Ihre Redaktionskollegen Tag für Tag neue Informationen?
Alle Mitarbeiter bei finews.ch bringen eine lange Berufserfahrung mit. Unter diesen Prämissen versteht sich auch, dass wir sehr gut vernetzt sind. Das Internet und die Medienarbeit der Finanzhäuser tragen zusätzlich zum Informationsfluss bei. Last but not least kontaktieren uns mittlerweile auch viele Leute aus der Branche selber, um uns «Wissenswertes» mitzuteilen. Allerdings prüfen wir immer nach, ob die Informationen stimmen.
Wie wichtig ist der montags und donnerstags erscheinende Newsletter? An wie viele Abonnenten geht er?
Der Newsletter gehört zum Basisangebot unserer Website. Manche Leserinnen oder Leser lesen die Aktualitäten lieber alle paar Tage in einer Zusammenfassung, während andere es vorziehen, regelmässig auf unsere Seite zu gehen. Wir verschicken unseren Newsletter am Montag und am Donnerstag - aktuell an 6’000 Abonnenten.
Sie verdienen Ihr Geld ausschliesslich mit Werbung, korrekt?
Ja, siehe dazu auch meine Antwort weiter oben.
Seit ein paar Wochen ist finews.ch auch in Deutschland unterwegs. Können Sie ein paar Worte dazu sagen?
Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass es in Deutschland - bis heute - kein vergleichbares Medium wie finews.ch gibt. Da uns aber gegenwärtig die personellen Ressourcen fehlen, um diesen Markt flächendeckend zu bearbeiten, haben wir auf unserer bestehenden Website ein «Deutschland-Fenster» eingeführt, über das wir News von Schweizer Banken und Finanzinstituten vermelden, die in Deutschland aktiv sind. Das Echo auf diesen relativ banalen Expansionsschritt ist bereits jetzt enorm. Damit haben wir auch einen Fuss in der Tür und können jederzeit in Verhandlungen mit deutschen Medien-Häusern gehen.
Haben Sie weitere Pläne in der Schublade?
Natürlich. Momentan sind wir daran, mit der im Online-Forex-Handel tätigen Schweizer Dukascopy Bank ein deutschsprachiges Branchen-TV auf die Beine zu stellen. Darüber hinaus planen wir, einen Teil unserer Beiträge künftig auch auf Englisch zu publizieren. Und nächstes Jahr wollen wir, aus Anlass des 50-jährigen Bestehens von Singapur, eine Subseite mit Swiss-Banking-News aus Singapur starten. Immerhin sind die UBS und die Credit Suisse dort die Platzhirsche. Ausserdem ist das die Gegend, wo heute bekanntlich der grösste Reichtum entsteht.
Was für Ziele setzen Sie sich für dieses und fürs nächste Jahr?
Siehe oben. Insofern haben wir mittel- bis längerfristige Vorhaben. Mir persönlich gefällt die Attitüde, wonach wir nicht in Quartalen, sondern in Generationen denken, wie das die noblen Schweizer Privatbankiers früher taten. Wo sind die eigentlich alle abgeblieben?
Claude Baumann, geboren 1962 in Zürich, zählt zu den führenden Schweizer Finanzjournalisten. Bevor er 2009 das Finanzportal finews.ch mitgründete, war er für die «Finanz und Wirtschaft», die «Weltwoche», die «Zeit» und die «Handelszeitung» tätig. Er ist Autor mehrerer Bücher über die Schweizer Finanzbranche. Im nächsten Herbst erscheint im «Verlag Neue Zürcher Zeitung» seine Biographie über den legendären Schweizer SBG-Bankier Robert Holzach.