Moderna avanciert zum wertvollsten Biotechunternehmen

22.10.2021
Herr Dr. Koller, wie hat sich der Gesundheitssektor im 3. Quartal entwickelt?
Der Gesundheitssektor verzeichnete im Juli und August Gewinne, gab jedoch im September nach und schloss das 3. Quartal in Einklang mit dem breiten Markt. Die Performances der einzelnen Healthcare-Titel wichen jedoch deutlich voneinander ab, vor allem im NBI Index. Kleinere und mittlere Biotechunternehmen setzten ihre Underperformance im 3. Quartal fort. Das spiegelt sich beispielsweise im XBI wider, einem Biotech-ETF von S&P, der 7.2 Prozent im Minus schloss (in US-Dollar). Die begrenzte Nachfrage nach jungen, kleineren und mittleren Biotechfirmen führte zu einem Rückgang und einer Abkühlung der zuvor robusten IPO-Aktivitäten.
Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei. Was können Sie uns zum heutigen Stand sagen?
Durch Impfungen lassen sich schwere Krankheitsverläufe, Krankenhausaufenthalte und die Zahl der Todesfälle verringern. Die Industrienationen streben daher nach höheren Impfquoten, während der Rest der Welt nach wie vor um die Impfstoffversorgung kämpft. Inzwischen sind Medikamente erhältlich, die das Fortschreiten der Krankheit im Frühstadium hemmen, darunter auch monoklonale Antikörper und orale Wirkstoffe. Zwar senken Anleger ihre Erwartungen zur weltweiten Nachfrage nach Impfstoffen, aber dennoch steht fest, dass Präventivstrategien (Impfstoffe und Präexpositionsprophylaxe mittels monoklonaler Antikörper eingeschlossen) auf Dauer grundsätzlich die bessere Alternative zu Behandlungsstrategien darstellen.
Wie hat sich BB Biotech in den ersten neun Monaten und vor allem im 3. Quartal 2021 geschlagen?
Die Aktie von BB Biotech erzielte eine Negativrendite von 3.3 Prozent in Schweizer Franken und 2.0 Prozent in Euro. Der Net Asset Value (NAV) des Portfolios sank um 5.2 Prozent in Schweizer Franken, 3.5 Prozent in Euro und 6.1 Prozent in US-Dollar. Daraus resultiert für das 3. Quartal 2021 ein Nettoverlust von 140 Mio. Schweizer Franken gegenüber einem Nettoverlust von 395 Mio. Schweizer Franken im gleichen Vorjahresquartal. Ungeachtet des Dämpfers im 2. Quartal wies BB Biotech für die ersten neun Monate 2021 eine Gesamtrendite einschliesslich Dividende von 18.2 Prozent in Schweizer Franken und 19.0 Prozent in Euro aus. Sie liegt damit deutlich über dem NAV des Portfolios, der um 3.2 Prozent in Schweizer Franken und 3.5 Prozent in Euro stieg und um 2.0 Prozent in US-Dollar sank. Der Reingewinn in dieser Periode belief sich auf 150 Mio. Schweizer Franken gegenüber 26 Mio. Schweizer Franken im Vorjahreszeitraum. Wechselkursschwankungen beim Währungspaar US-Dollar/Schweizer Franken trugen ungefähr 5.2 Prozent zur 9-Monats-Performance der BB Biotech-Aktie bei.
Gab es Anpassungen im Portfolio?
Ja, die gab es. Das Investment Team setzte die Portfoliorestrukturierung fort. Modernas Aufnahme in den S&P 500 und die Ausbreitung von SARS-CoV2-Varianten beflügelten den Aktienkurs. Die Aktie stieg im August auf ein Allzeithoch, wodurch Moderna zum wertvollsten Biotechunternehmen avancierte. Wir nutzten Modernas vielversprechenden Ausblick und die dominierende Stellung der mRNA-Technologie für Gewinnmitnahmen bei diesem langfristigen Investment. Das Investment Team trennte sich darüber hinaus nach elf Jahren von Halozyme und realisierte beachtliche Gewinne (235 Mio. US-Dollar)
Wurden die Erlöse aus dem Verkauf von Moderna und Halozyme reinvestiert?
Ja, diese wurden in drei Subsektoren reinvestiert. Der Grossteil dieser Mittel floss in Unternehmen mit einer attraktiven Onkologie-Pipeline wie etwa Revolution Medicines, Relay Therapeutics, Fate, Essa, Macrogenics, Molecular Templates und Mersana. Zudem ergänzten wir unser Engagement im ZNS-Bereich durch Aufstockung unserer bestehenden Positionen in Sage Therapeutics und Intra-Cellular Therapies. Darüber hinaus bauten wir unsere Beteiligungen an kleineren kommerziell arbeitenden Unternehmen aus - darunter Myovant und Radius.
Was können wir zum Jahresende vom Biotechsektor erwarten?
Anleger dürften den Rollout von Booster-Impfstoffen gegen Covid-19 im Blick haben. Zudem werden zahlreiche Produktlancierungen und wichtige Ergebnisse klinischer Studien erwartet. Besagte Auffrischungsimpfungen - vor allem mit mRNA-Vakzinen - werden auf der nördlichen Halbkugel während der Wintersaison eine wichtige Rolle spielen. Darüber hinaus werden Anleger aufmerksam verfolgen, ob neue SARS-CoV-2-Varianten auftreten und ob daher neuartige, variantenspezifische Impfstoffe vonnöten sind.
Wie sieht es in Bezug auf die Produktpipeline aus?
Unter den Produktlancierungen dürften folgende Medikamente das Interesse der Anleger auf sich ziehen: Biogens Aduhelm zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit sowie Myovants zwei Produktkandidaten Orgovyx gegen Prostatakrebs und Myfembree bei starken Menstruationsblutungen im Zusammenhang mit Uterusmyomen. Nach der eher enttäuschenden Lancierung von Monjuvi werden Anleger Incyte und seinen Partner Morphosys fest im Auge behalten. Dasselbe gilt für Incyte und dessen Salbe Opzelura, die vor kurzem zur Behandlung atopischer Dermatitis zugelassen wurde.
Link zum Disclaimer
Dr. Daniel Koller trat 2004 bei Bellevue Asset Management ein und ist als Senior Portfolio Manager im Bereich Biotechnologie mit Spezialgebiet Herz-Kreislauf-Krankheiten tätig. Seit 2010 ist er Head Management Team der börsenkotierten Beteiligungsgesellschaft BB Biotech AG. Vor seinem Eintritt bei Bellevue Asset Management war er während vier Jahren in der Finanzindustrie tätig, zuerst in der Funktion als Aktienanalyst bei UBS Warburg, danach als Private-Equity-Investor bei equity4life. Daniel Koller studierte Biochemie an der ETH Zürich und doktorierte im Bereich Biotechnologie während seiner Tätigkeit bei Cytos Biotechnology.