«Noch nie war die Finanzbranche so in Bewegung wie heute»

02.02.2016
Herr Hiller von Gaertringen, warum expandiert b-public nach Deutschland? Gibt es dort nicht schon genug Kommunikationsagenturen?
Es ist richtig: Die Konkurrenz auf dem deutschen Markt für Finanzkommunikation ist hart. Aber mehr und mehr Finanzmarktakteure betrachten die D-A-CH-Region als Ganzes. Diesem Trend können nur wenige Agenturen Rechnung tragen. Wir allerdings sind eine integrale Kommunikationsagentur, welche die Schweiz, Deutschland und Österreich als einen Markt behandelt und dementsprechend in der Region gleichermassen stark auftritt.
Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Finanzmarktakteure, die sich in der Region Deutschland-Österreich-Schweiz bewegen, brauchen eine Kommunikationsagentur, die diese Region integral als Ganzes abdecken kann. b-public betreut ja schon Kunden, die genau das suchen.
Aus der Welt der Fonds und ETFs?
Gerade aus der Welt der Fonds und ETFs. In dieser hat ja b-public schon einige Mandate, um internationale Kunden nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland und Österreich zu vertreten, zum Beispiel Kames Capital oder DNB. Auch vertreten wir in der deutschsprachigen Region den amerikanischen ETF-Anbieter WisdomTree, der mit grossen Ambitionen auf den europäischen Markt kommt. Auf diesen Kundenstamm bauen wir weiter auf und sind dabei, einige Mandate aus Deutschland heraus zu akquirieren.
Wie wird sich die Finanzkommunikation Ihrer Meinung nach entwickeln?
Ich sehe zwei grosse Trends: Neben der klassischen Pressebetreuung wird Online immer wichtiger. Wir betrachten das Internet nicht als eine Weiterentwicklung von Print, sondern als ein Mittel, Kommunikation völlig neu zu gestalten. Das bedeutet nicht, dass wir Print vernachlässigen oder dass wir glauben, Print sei am Ende. Doch viele Kommunikationsinstrumente, die wir aus der Print-Welt kennen, sind veraltet. Online betrachten wir nicht einfach als einen zusätzlichen Kommunikationskanal, sondern die Chance, direkt mit den Zielgruppen ins Gespräch zu kommen. Deshalb ist b-public im Online-Bereich mit einem eigenen Team aktiv, das den gesamten Bereich von der Konzeption von Webseiten bis zur Ausführung der Online-Kommunikation abdeckt. Der zweite grosse Trend, der die Finanzkommunikation verändert, ergibt sich aus diesem ersten: Kommunikation und Marketing werden stärker zusammenwachsen. Die Trennung - hier die Pressearbeit und dort die Betreuung der Kunden - ergibt in der Online-Welt keinen Sinn mehr.
Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung in der Finanzbranche ein?
Seit Jahren wartet die Branche auf die Konsolidierung. Nur: Sie ist nie gekommen. Ich vermute, der Grund ist ganz einfach: Es findet keine Konsolidierung statt.
Wie kommen Sie darauf?
Einige Fondsgesellschaften sind verschwunden, auch grosse, so zum Beispiel die Cominvest. Aber noch nie war es so einfach für einen Fondsmanager, sich selbstständig zu machen. Er findet genügend Dienstleister, die ihm die lästigen Dinge abnehmen: Administration, Compliance, Recht, Fondsbuchhaltung und sogar den Vertrieb. Auch wenn die Hürden für den Markteintritt gesunken sind, so ist es heute schwerer geworden, sich im Markt zu halten. Das Nadelöhr ist die Akquisition von Kunden geworden. Deshalb meine ich: Noch nie war die Finanzbranche so lebendig und so in Bewegung wie heute. Das sind doch spannende Zeiten.
Christian Hiller von Gaertringen hat über 25 Jahre lang über Finanzmärkte, Banken und Geldanlage für führende deutsche und französische Zeitungen und Zeitschriften geschrieben, zuletzt 14 Jahre lang als Redakteur der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung».