«Nur wenige Risikokapitalgesellschaften sind bereit, in Biotech Start-ups zu investieren»

Senior Investment Advisor Private Equity
Bellevue Asset Management AG, Küsnacht ZH
bellevue.ch
24.05.2018
Herr Dr. Münchbach, was ist die Ausgangslage für die Lancierung einer Risikokapitalgesellschaft für Biotech-Unternehmen in der Schweiz?
Die Schweiz ist bekannt für innovative Biotech-Unternehmen und ein weltweiter Dreh- und Angelpunkt für Forschung und Innovation. Dies ist auf verschiedene Erfolgsfaktoren zurückzuführen: Talentpool, öffentliche Forschungsförderung und Präsenz grosser Pharmaunternehmen und führende wissenschaftliche Einrichtungen. Die Kapitalverfügbarkeit für Investitionen in Schweizer Biotech-Start-ups ist jedoch eingeschränkt, trotz des vielen Kapitals in der Schweiz. Institutionelles Venture Capital spielt für das Wachstum solcher Unternehmen eine grundlegende Rolle, um weitere Mittel aus dem Ausland anzuziehen oder einen späteren Börsengang zu ermöglichen. Derzeit nehmen viele institutionelle Anleger das Risiko von Investitionen in Venture Capital jedoch nicht mehr in Kauf. Folglich gibt es nur wenige Risikokapitalgesellschaften in der Schweiz, die bereit sind, in junge Forschungsunternehmen für innovative Arzneimittel zu investieren.
Warum ist das so?
Die Biotech-Branche schreckt aufgrund ihrer Komplexität viele institutionelle Investoren ab. Und obwohl weit mehr als jedes zweite Unternehmen es schafft und für seine Investoren attraktive Renditen erwirtschaftet, wird Biotech noch immer als äusserst riskante Branche wahrgenommen.
Und wie wollen Sie dem entgegenwirken?
Bellevue blickt auf eine lange Tradition als Anleger im Gesundheitssektor zurück. Seit 1993 hat Bellevue in mehr als 80 private Healthcare-Unternehmen über verschiedene Anlageprodukte investiert. Vor kurzem haben wir mit der Kapitalbeschaffung für das Anlagevehikel «BB Pureos Bioventures» begonnen, das in 15 bis 20 private innovative Arzneimittelentwicklungsunternehmen in der Schweiz und im Ausland investieren wird. Die Initiative konzentriert sich hauptsächlich auf Unternehmen, die biologische Arzneimittel der nächsten Generation für Indikationen mit hohem medizinischem Bedarf entwickeln.
Können Sie uns dazu ein Beispiel nennen?
Wir haben in der Vergangenheit erfolgreiche Schweizer Unternehmen wie Actelion, Glycart oder Molecular Partners in ihrer Entwicklung begleitet. Heute gibt es junge Unternehmen und Projekte in der Schweiz, die in unseren Augen die Erfolgsgeschichten von morgen schreiben können. Die von uns unterstützten Unternehmen haben neue Arzneimittel für schwere Erkrankungen entwickelt, beispielsweise Gazyva von Glycart, das als erstes den Status eines Therapiedurchbruchs von der amerikanischen FDA erhalten hat. Wir möchten weiterhin in junge Unternehmen investieren, die die Lebensqualität von Patienten entscheidend verbessern.
Was ist nötig, um den möglichen Erfolg eines Unternehmens beurteilen zu können?
Darin liegt unsere Stärke. Unser Team kennt und versteht die Branche seit vielen Jahren. Sowohl ich als auch meine beiden Kollegen Dominik Escher und Klaus Breiner verfügen über einen wissenschaftlichen Hintergrund und haben viele Jahre selbst in Biotech-Unternehmen gearbeitet oder diese geleitet. Ausserdem können wir auf die Expertise des Bellevue Healthcare Teams mit über 20 Experten und einem renommierten Board zurückgreifen, um einen Investment Case zu beurteilen.
Dr. Martin Münchbach kam 2004 als Senior Investment Advisor Private Equity im Bereich Biotech zu Bellevue Asset Management. Davor war er während fünf Jahren als Investment Manager Venture Capital bei NMT und HBM BioVentures/BioMedinvest tätig. Von 1998 bis 1999 arbeitete Martin Münchbach im strategischen Marketing bei Sanofi-Synthélabo. Er studierte Biochemie an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen und ETH Zürich (Abschluss mit Auszeichnung) und promovierte in Proteinchemie an der ETH Zürich. Zusätzlich verfügt er über einen Master in Betriebs- und Ingenieurwissenschaften der ETH Zürich.