Passive Anlagen auf dem Vormarsch - Rekordzuflüsse in ETFs und Indexfonds bestätigen nachhaltigen Trend

Stv. Leiter iShares Schweiz
BlackRock Asset Management Schweiz AG, Zürich blackrock.ch
23.06.2017
Herr Strohmeier, wie sehen die Trends in diesem Jahr im Schweizer ETF-Markt aus?
Generell ist der Trend zu passivem Investieren ungebrochen und wir sind auf Rekordkurs, was neue Assets anbelangt. Nachdem im letzten Jahr Bond-ETFs enorm erfolgreich waren, stehen in den ersten beiden Quartalen vermehrt wieder Aktien-ETFs im Fokus. Neben den USA und Europa erfreuen sich auch die Schwellenländer wieder erheblicher Mittelzuflüsse.
Geht dieses Wachstum ausschliesslich zulasten aktiv verwalteter Fonds?
Hier muss man differenzieren - bei den Aktien trifft diese Aussage teilweise zu, im Bond Bereich wachsen im aktuellen Umfeld aktive und passive Kollektivanlagen. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass ETFs in einem «risk-on» Umfeld zusätzlich von kurzlebigeren, taktischen Allokationen profitieren - für diesen Zweck eignen sich aktive Fonds nur beschränkt.
Was sind die hauptsächlichen Gründe, weshalb ETFs im momentanen Marktumfeld profitieren?
Im soeben erwähnten «risk-on» Umfeld investieren Kunden wieder vermehrt Barbestände. Gleichzeitig werden die verfügbaren Produkte mit Smart Beta, Themen-ETFs, nachhaltigen Bausteinen und auch Indexfonds immer vielfältiger und es stehen somit attraktive Alternativen zu Einzeltiteln, Strukturierten Produkten und aktiven Strategien zu Verfügung. Mit dem Verschwinden des Retrozessionsmodells setzen zudem auch Banken vermehrt auf passive Instrumente - auch ausserhalb des diskretionären Mandatsgeschäfts.
Sind niedrige Kommissionen nach wie vor das Hauptargument für ETFs oder sind weitere Argumente hinzugekommen?
Der Kostenfaktor ist erwiesenermassen ein zentraler Faktor, der die Portfoliorendite massgeblich beeinflusst. Hinzu kommt, dass die Märkte für aktive Manager gerade im Bondbereich aufgrund tieferer Liquidität, höherer Kosten und schwindenden Renditen enorm schwierig geworden sind. ETFs aggregieren hier die verfügbare Liquidität zu relativ tiefen Kosten und geben zudem diversifizierten Zugang zu Asset-Klassen mit höheren Renditen wie High Yield oder Schwellenländer-Anleihen.
Beleuchten wir noch die Indexfonds - wie sehen da die Entwicklungen und Trends in unserem Land aus?
Wenn man passiv investieren will, muss man auch als Privatinvestor Indexfonds für langfristige Allokationen, komplementär zu ETFs, in die Evaluation miteinbeziehen. Gerade für Schweizer Investoren stehen mittlerweile eine Vielzahl von Produkten mit Domizil Schweiz und entsprechendem Stempelsteuervorteil zu Verfügung. Wir sehen Indexfonds als langfristige Kernanlagen, die keine Börsenliquidität erfordern. Es gilt allerdings im Einzelfall abzuwiegen, welches Produkt für welchen Zweck für den Kunden am effizientesten ist. Wir sind neben den über 300 iShares ETFs neu auch mit 40 Indexfonds (Domizil Schweiz und Irland) für Schweizer Privatinvestoren präsent.
Kann man von einer neuen Devise sprechen: Aktive Anlageentscheide mit passiven Bausteinen umsetzen.
Absolut, es gibt kein «passives» Portfolio - insbesondere mit ETFs kann auch eine enorm aktive, fokussierte Anlagestrategie umgesetzt werden. Was institutionelle Investoren im liquiden Teil ihrer Investments schon lange tun, erreicht immer mehr auch die Privatanleger - weniger Fokus auf Einzeltitel und Markttiming, dafür die grossen Trends erkennen und mit kosteneffizienten ETFs oder Indexfonds umsetzen. Mit ETFs können zudem auch kurzfristige taktische Opportunitäten wahrgenommen werden.
Marco Strohmeier ist stellvertretender Leiter von iShares Schweiz und verantwortet das Bankensegment in der Deutschschweiz. Er verfügt über zehn Jahre Industrieerfahrung unter anderem bei J.P. Morgan als Cross-Asset Derivatspezialist und im Vertrieb von Strukturierten Produkten, sowie dem Coutts Investment Office. Marco Strohmeier hält einen Master of Arts in Banking und Finance der Universität St. Gallen.