«Performance auf kurze Sicht ist nicht unser Metier»

Managing Director, Wholesale Switzerland and Austria
MFS International Ltd., Zürich
mfs.com
27.02.2017
Herr Commissaris, MFS ist ein traditioneller, aktiver Vermögensverwalter. Was sind Ihre Stärken, was macht Sie einzigartig?
Investoren haben Anlageziele. Der beste Weg, diese Ziele langfristig zu erreichen, ist aus unserer Sicht die aktive Vermögensverwaltung. Diese hochkompetent zu betreiben, das ist die Philosophie und das Kommitment bei MFS. Unsere typischen Investoren kommen zu uns, weil sie langfristig solide Renditen suchen. Und genau dieses langfristige Denken ist es, was unseren Anlagestil prägt. Hinter unserem Research stehen Experten aus der ganzen Welt, die ihre Erkenntnisse zusammentragen und so unsere Performance gemeinsam verantworten. Ein einzigartiger Prozess übrigens, wobei Anleihen- und Aktienanalysten in enger Zusammenarbeit Unternehmen auf holistische Art und Weise betrachten. So wird vermieden, dass sich die Anlageentscheide nicht allein auf der Analyse eines Teils der Kapitalstruktur eines Unternehmens abstützen. Unser Ansatz basiert auf drei Pfeilern: ganzheitliches Research, globale Zusammenarbeit und aktives Risikomanagement. Ich denke, diese Herangehensweise ist unser grösster Trumpf.
Auf welche Anlageklassen sind Sie spezialisiert? Wie hat sich Ihre Produktepalette bezüglich Anlageklassen, Anlagephilosophie usw. entwickelt?
Wir sind sehr breit aufgestellt, was unsere Kundensegmente, Anlagestrategien und die Regionen angeht, in denen wir tätig sind. Auch Beständigkeit ist uns wichtig - wir ändern unsere Anlagestrategien und Geschäftsmodelle nicht andauernd. Diese Konstanz schätzen unsere Kunden.
Natürlich sind wir historisch bedingt bekannt für unsere Expertise im Bereich der Aktienanlagen. Aber, und dessen sind sich viele Investoren weniger bewusst, wir haben auch eine lange Geschichte im Bereich Fixed Income. Man darf sogar sagen, dass wir Pioniere in der aktiven Verwaltung von Unternehmensanleihen sind, denn wir haben die Entwicklung und das Wachstum dieses Marktes massgeblich vorangetrieben, und zwar seit 1970.
Zudem hat MFS eine lange Tradition im Multi-Asset-Investing: Bereits über 40 Jahre ist es her, seit MFS Aktien und Anleihen in einer Strategie kombiniert hat - auf diese Weise entstand einer der ersten gemischten Fonds überhaupt.
Was ist Ihr Schweizer Business-Modell, wo sehen Sie Chancen im hiesigen Markt, und wie sieht in Ihren Augen die Zukunft aus?
Zunächst möchte ich sagen, dass MFS Vertriebspartner in ganz Europa hat und diese von der Hauptniederlassung in London und den lokalen Niederlassungen in Frankfurt, Paris, Madrid, Mailand und eben auch von Zürich aus betreut. In der Schweiz ist MFS seit mehr als zehn Jahren tätig und erfreut sich bereits einer guten Zusammenarbeit mit den meisten der grossen Distributionspartner auf dem Schweizer Finanzplatz. In den nächsten Jahren möchten wir die Kooperation mit unseren bestehenden Partnern weiter vertiefen und beabsichtigen zugleich, unser Netzwerk im Bereich der Banken, Family Offices, Vermögensverwalter sowie Versicherungsgesellschaften weiter auszubauen. Auch unsere lokale Präsenz möchten wir weiter verstärken - wir haben unseren Personalbestand erhöht und werden im März neue Büros am Stadthausquai in Zürich eröffnen.
MFS hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, in der es weltweit um die Stimmung der Investoren geht, insbesondere in Bezug auf aktives und passives Anlegen. Welches sind die zentralen Resultate dieser Untersuchung?
Die Resultate der Studie zeigen, dass aktive Verwaltungsstrategien in den Kundenportfolios nach wie vor die Oberhand behalten und dass das Vertrauen ins aktive Management gross bleibt. Da ist auch die Schweiz keine Ausnahme: Professionelle Anleger legen hier drei Viertel der Assets under Management (AuM) in aktiven Strategien an, sieben von zehn Befragten in der Schweiz vertrauen der aktiven Vermögensverwaltung. Dies bestätigt auch meinen Eindruck: Passive Strategien sind in den letzten Jahren zwar sehr populär geworden, aktive Investments bilden jedoch immer noch den Kern der meisten Schweizer Portfolios.
Die Studie hat noch weitere Details ans Tageslicht befördert: Mehr als drei Viertel der Befragten in der Schweiz machen sich Sorgen um eine Korrektur des Aktienmarktes in den nächsten zwölf Monaten. Sieben von zehn Befragten geben an, dass Kapitalerhalt in solchen Szenarien zu den wichtigsten Kriterien gehört, wenn sie sich Gedanken zur Wahl eines aktiven Managers machen. 56 Prozent der Befragten glauben, dass aktives Management besseres Risikomanagement bietet als passives, und 58 Prozent sind überzeugt, dass aktive Strategien die besten sind, um in einem fallenden Markt Verlustrisiken zu minimieren.
Gibt es Unterschiede zwischen der Schweiz und anderen Ländern, was das Investorenverhalten angeht? Was macht die Schweiz speziell, gibt es eventuell Überraschendes?
Die Schweiz ist ein sehr stark entwickelter Markt mit sehr gut ausgebildeten Fachkräften. Trotzdem scheint es auch hierzulande bei der Kapitalanlage einen Bruch zwischen kurz- und langfristiger Betrachtungsweise zu geben. Gemäss unserer Marktstudie geben 80 Prozent der Schweizer Investoren an, ihren aktiven Manager bei der Auswahl anhand seines langfristigen Leistungsausweises zu beurteilen - meist über einen Zeitraum von fünf Jahren oder mehr. Umso erstaunlicher ist es daher, dass wiederum 80 Prozent der Befragten angeben, bereits nach einer Periode unterdurchschnittlicher Performance von ein bis drei Jahren einen Wechsel des Managers in Betracht zu ziehen. MFS ist der Meinung, dass für eine seriöse Leistungsbeurteilung eines Vermögensverwalters mindestens ein voller Marktzyklus als Betrachtungszeitraum herbeigezogen werden sollte. Wenn man bedenkt, dass sich der Anlagehorizont der meisten Investoren über mehrere Jahrzehnte erstreckt, so erstaunt es doch, dass Profis überhaupt Gedanken an eine so kurzfristige Performance verschwenden. Diese Mentalität ist einer der wichtigsten Gründe, warum Anleger schliesslich ihre Anlageziele nicht erreichen.
Anton Commissaris, Managing Director, ist seit 2016 bei MFS International Ltd. verantwortlich für die Wholesale-Geschäfte in der Schweiz und in Österreich. Zuvor war er im Asset Management der Credit Suisse Leiter der Fondsdistribution für die EMEA-Region und davor Leiter Schweiz bei Aberdeen Asset Management.