«Preismacht: Gegengift bei schwacher Konjunktur»

24.02.2016
Herr Phelps, für 2016 wird global mit einem schwächeren Wirtschaftswachstum gerechnet. Wie finden Sie Unternehmen, die in der Lage sind, ihre Gewinne kontinuierlich zu steigern?
Es ist nicht einfach, Unternehmen zu finden, die trotz des anhaltend schwachen Wachstums der Weltwirtschaft ihre Gewinne verlässlich steigern können. Entscheidend für die Ertragslage sind erstens der Umsatz sowie zweitens der Gewinn und die daraus resultierende Marge. Viele Unternehmen wollen also den Absatz erhöhen. Denn wenn mehr verkauft wird, ergeben sich oft Skaleneffekte. Folge: Die Stückkosten sinken und die Profitabilität steigt. In einer schwachen Konjunktur ist es jedoch nicht immer einfach, mehr zu verkaufen. In diesem Umfeld kann die Preismacht ein nützliches Hilfsmittel für Anleger sein.
Wie identifizieren Sie Unternehmen, die ihre Preismacht erfolgreich durchsetzen können?
Hierfür empfehlen wir Anlegern, auf drei Faktoren zu achten: Erstens Innovation, zum Beispiel Technologieunternehmen, die neuartige Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt bringen und hierfür höhere Preise verlangen können. Zweitens: Wettbewerb. Bei Supermärkten etwa entscheidet die Markenwahrnehmung über das Preisgefüge. In Grossbritannien aber haben Discounter wie Aldi und Lidl die Preise so stark unter Druck gesetzt, dass namhafte Konkurrenten wie Tesco oder Sainsbury‘s keinen Preisdruck ausüben können. Drittens sollte man auf die Kosten- und Inflationsdynamik achten. Angesichts der niedrigen Inflation spielt auch dies für die Preismacht eine zentrale Rolle.
Können Sie ein paar Beispiele nennen?
Ja, da gibt es zum Beispiel Ecolab - ein Produzent von auf Ölbasis gewonnener Chemikalien für Reinigungszwecke: Angesichts der günstigen Bezugskonditionen für den Rohstoff sind die Faktorkosten massiv gesunken und die Rentabilität stieg, ohne die Preise anzuheben.
Aber es gibt auch die Kehrseite der Medaille. So haben zum Beispiel im globalen Agrartechnologie-Sektor einige Anbieter genetisch verändertes Saatgut sowie Mais- und Sojabohnensorten entwickelt in der Erwartung, dass Landwirte einen Aufschlag für ertragreichere Pflanzen zu zahlen bereit sind. Da die zugrundeliegenden Verkaufspreise, etwa für Mais, jedoch nach wie vor niedrig sind - und Landwirte Mehrkosten scheuen - können die Unternehmen ihre Erzeugnisse nur eingeschränkt zu höheren Preisen verkaufen.
Und wie gehen Sie bei Ihren Analysen im Detail vor - können Sie dies in wenigen Worten aufzeigen?
Die Preismacht ist heute mehr denn je ein wichtiger Aspekt bei der umfassenden Analyse des Geschäftsmodells und der Gewinnaussichten eines Unternehmens. Anbieter in einer Vielzahl von Branchen stehen vor grossen Herausforderungen, wenn sie ihre Ergebnisse steigern wollen. Daher analysieren wir die Unternehmen sowie ihre Marktposition im Detail. Dieser Prozess hilft dabei, diejenigen Aktien zu finden, von denen Anleger in hohem Masse überzeugt sein können.
Mark Phelps ist Chief Investment Officer (CIO) des Concentrated Global Growth. Vor seinem Einstieg bei AllianceBernstein (AB) im Dezember 2013 war er Präsident und Geschäftsführer von Global Investments bei WP Stewart & Co. Zudem fungierte er zwischen September 2008 und Juni 2013 als Chief Executive Officer (CEO) von WP Stewart & Co. Seine Karriere bei WP Stewart & Co (Europe) begann er im Februar 2005 als Global Portfolio Manager. Zuvor war Phelps in leitenden Positionen bei Kleinwort Benson/Dresdner Bank in London bzw. San Francisco tätig, zuletzt als CIO für Global Equities bei der Dresdner RCM in San Francisco. Sein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der University of York schloss er mit einem BA ab. Darüber hinaus absolvierte er ein Aufbaustudium an der Royal Military Academy Sandhurst. Von 1981 bis 1984 diente Phelps in der Britischen Armee und erreichte den Rang eines Captains.