«Private Debt bietet nicht nur Illiquiditätsprämien»

21.07.2022
Herr Schneider, warum sollte ein Investor, der bereits mit hohen Quoten in High Yields investiert ist, auch noch in Private Debt investieren?
Beide Asset-Klassen weisen ähnliche Risikoprofile auf. Die Rating-Struktur der Unternehmensfinanzierungen ist im Bereich B bis BB angesiedelt. Besser noch als einen Aufbau hoher High-Yield-Quoten, sehen wir jedoch eine Substitution durch Private Debt. Während das Risikoprofil sehr ähnlich ist, bietet Private Debt gegenüber seinem liquiden Pendant eine attraktive Illiquiditätsprämie und weist damit ein besseres Risk-Return-Profil auf. Zudem finden die Transaktionen Off-Market statt und werden nicht börsentäglich gehandelt. Entsprechend ist die Volatilität dieser Asset-Klasse deutlich geringer und somit die Planbarkeit der Erträge höher. Zudem konnten in der Vergangenheit geringere Ausfallraten in Private Debt gegenüber börsengehandelten High Yields beobachtet werden, was wahrscheinlich auf die besseren Schutzmechanismen wie Financial Covenants zurückzuführen ist.
Ist es ein Problem, dass Banken gern die Senior-Tranchen behalten und nur Nachränge an den Markt geben?
Im Bereich Private Debt kann diese Problematik bisher nicht beobachten werden, da sich Banken hier aus dem Segment der Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen fast gänzlich zurückgezogen haben. Dadurch entstand jedoch eine entsprechende Finanzierungslücke, die wiederum durch den privaten Finanzierungssektor aufgefangen wird. Entsprechend können nun die Private-Debt-Manager Investoren je nach Risikoappetit die entsprechenden Senior- oder Nachrang-Tranchen anbieten.
Wie reagiert Private Debt auf steigende Zinsen?
Im Gegensatz zu liquiden, börsengehandelten Anleihen ist die Zinssensitivität bei Private Debt deutlich geringer. Die Kredite sind üblicherweise variabel verzinst und an einen Referenzzins wie den Euribor gekoppelt. In einem Umfeld von steigenden Zinsen steigen dadurch auch die Kuponzahlungen der Kredite. Die Floating-Rate-Struktur dient somit als natürlicher Zins-Hedge und schützt vor Marktwertverlusten. Zudem wird von den Private-Debt-Managern fast immer auch ein Zins-Floor vereinbart, so dass man gegen einen entsprechend negativen Referenzzinssatz ebenfalls abgesichert ist.
Wie performte Private Debt in den Corona-Jahren 2020/21?
Insgesamt kam Private Debt sehr gut durch die Corona-Jahre 2020/21. Dafür spricht auch die weiter zunehmende Allokation bei institutionellen Investoren und das gestiegene Fundraising in der Asset-Klasse. Die Private-Debt-Zielfondsmanager unseres Dachfonds versuchen ihrerseits überwiegend Kredite an Unternehmen aus defensiven Branchen, wie zum Beispiel Gesundheitswesen, Business Services oder ähnliche Sektoren zu vergeben, da die entsprechenden Kreditnehmer durch ihre Branchenzugehörigkeit eher unterdurchschnittlich von dem Einbruch der Wirtschaft betroffen sind. Neben Aspekten der Investmentstrategie sind natürlich die Erfahrung der Manager über den gesamten Kreditzyklus hinweg und die Zusammensetzung der Teams in solchen Phasen entscheidend. Dadurch konnten wir bei unseren Investments auch in der Krisenzeit keine erhöhten Default Rates beobachten. So zeigt sich besonders in Schwächephasen, wie wichtig eine strenge Managerselektion und ein gutes Risikomanagement für eine erfolgreiche Investition in Private Debt ist.
Link zum Disclaimer
Jens Schneider ist seit 2011 Leiter Kapitalanlagen bei der HanseMerkur Trust AG, deren Private Debt-Dachfonds in der Schweiz von Agathon Capital vertrieben wird. Insgesamt ist er seit 2002 im institutionellen Asset Management als Portfoliomanager tätig, unter anderem bei Wave Management AG. Jens Schneider studierte als Dipl. Kaufmann an der der Justus-Liebig-Universität Giessen.