«Refinitiv Lipper Fund Awards 2021» - Bewährtes in neuem Format

04.03.2021
Herr Glow, wie werden die «Refinitiv Lipper Fund Awards» in Zeiten von Corona stattfinden?
Die Corona-Pandemie hat Europa und die Welt weiterhin fest im Griff. Daher wird es niemanden wundern, dass die «Refinitiv Lipper Fund Awards» in diesem Jahr nur digital stattfinden werden. Ich hätte zwar gern wieder Veranstaltungen in Zürich durchgeführt, aber die derzeitige Lage lässt dies leider nicht zu. Die Nutzung der digitalen Medien bietet uns aber auch neue Möglichkeiten, die Fund Awards weiterzuentwickeln und in das digitale Zeitalter zu führen. Auch wenn Präsenzveranstaltungen und die daraus entstehenden Bilder und Eindrücke sehr schön sind, ist es meiner Ansicht sehr wichtig, die Awards auch im digitalen Umfeld zu etablieren, da immer mehr Investoren ihre Anlageentscheidungen auf Basis der Informationen treffen, die sie online finden. Meiner Ansicht nach haben wir, wie aber auch die gesamte Industrie, diesem Trend bisher zu wenig Beachtung geschenkt und so können wir die Einschränkungen der Coronakrise nutzen, um die «Refinitiv Lipper Fund Awards» fit für die Zukunft zu machen.
Haben Sie bei den Bewertungen für die Awards etwas verändert?
Nein, die Berechnungen und Bewertungskriterien zur Bestimmung der Fund-Awards-Gewinner wurden auch in diesem Jahr nicht verändert. Unsere Bewertungsmethodolgie hat sich in den vergangenen 20 Jahren bewährt und wurde im Laufe der Zeit nur minimal verändert. Auch bei der Zulassung der Fonds für die Bewertung haben wir nichts verändert. Somit sind auch im Jahr 2021 alle Fonds aus den Anlageklassen Aktien-, Obligationen-, und Mischfonds für die «Refinitiv Lipper Fund Awards» qualifiziert, die eine Vertriebszulassung für die Schweiz haben und am 31.12.2020 mindestens drei Jahre alt waren. Das verwaltete Fondsvermögen oder der Ort, an dem das Fondsmanagement sitzt, spielen für die Qualifikation der einzelnen Fonds keine Rolle.
Mit unserer rein quantitativen Bewertungsmethodologie und den Qualifikationskriterien wollen wir sicherstellen, dass bei unseren Fund Awards alle Fonds berücksichtigt und bewertet werden, die einem Investor in der Schweiz zur Verfügung stehen.
Gab es bei den Ergebnissen echte Überraschungen?
Wenn man berücksichtigt, wie sich die Wertpapiermärkte im Jahr 2020 entwickelt haben, ist zu erwarten, dass diejenigen Fonds, die sich während des Markteinbruchs im März 2020 als besonders resistent erwiesen haben, auch bei den «Refinitiv Lipper Fund Awards» die Nase vorn haben. Diesem Gedanken folgend, gibt es bei den Ergebnissen der Awards im Jahr 2021 keine echten Überraschungen, obwohl viele der Mehrfachgewinner der letzten Jahre dieses Jahr keinen Award gewonnen haben.
Sie schauen aber nicht nur auf die Wertentwicklung der Fonds, was hat sich im Jahr 2020 hinsichtlich der Mittelbewegungen in der europäischen Fondsbranche getan?
Das Jahr 2020 war für die Fondsbranche ein sehr spannendes Jahr, und ich war überrascht, dass die europäische Fondsindustrie trotz der Corona-Krise die zweithöchsten Mittelzuflüsse in der Geschichte verzeichnen konnte. Hierbei war es aufgrund der hohen Volatilität an den Märkten nicht verwunderlich, dass Geldmarktprodukte die Anlageklasse mit den höchsten Mittelzuflüssen waren, aber auch Aktien- und Obligationenfonds verzeichneten hohe Mittelzuflüsse. Im Gegensatz zu den Vorjahren spielten Multi-Asset-Fonds bei den Mittelzuflüssen im Jahr 2020 nur eine untergeordnete Rolle. Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Investoren in Europa zwar durchaus in Anlageklassen mit einem höheren Risiko investiert haben, aber gleichzeitig auch grosse Teile ihrer neuanzulegenden Mittel in defensive Anlageprodukte flossen. Der hohe Bestand an Geldmarktprodukten lässt für das Jahr 2021 auf hohe Mittelzuflüsse in risikobehaftete Anlageklassen hoffen.
Konnten passive Anlageprodukte ihren Siegeszug in 2020 fortsetzen, oder waren aktiv gemanagte Fonds bei den Mittelzuflüssen überlegen?
Das kommt darauf an, wie man sich den Markt anschaut. Schaut man nur auf die Teilung zwischen aktiv gemanagten Fonds und ihren passiven Wettbewerbern (Indexfonds und ETFs) haben die aktiven Fonds die Nase vorn. Dies lag im vergangenen Jahr an den starken Zuflüssen in den Geldmarktprodukten, denn in diesem Segment spielen passive Anlageprodukte keine Rolle. Rechnet man die Geldmarktprodukte aus den Mittelbewegungen heraus und betrachtet nur die sogenannten «Long-Term Funds», also Aktien-, Obligationen-, Misch-, Rohstoff- und Immobilienfonds, liegen die passiven Fonds, wie schon im Jahr 2019, klar vor ihren aktiven Wettbewerbern. Aus meiner Sicht könnte sich hier ein neuer Trend etablieren, der in der Zukunft die Branche deutlich verändern könnte.
Wie sieht es bei dem zweiten Megatrend, den nachhaltigen Investments, in der europäischen Fondsbranche aus?
Nachhaltige Investmentfonds und ETFs konnten im Jahr 2020 mehr als die Hälfte der Mittelzuflüsse auf sich vereinen. Mit diesem Ergebnis sind nachhaltige Investmentfonds meiner Ansicht nun endgültig im Mainstream angekommen.
Da wir uns ja gerade schon über das Thema aktive vs. passive Investmentfonds unterhalten haben, lohnt sich auch aus dieser Perspektive ein Blick auf die Mittelbewegungen bei den nachhaltigen Fonds. Während wir festhalten können, das passive Anlageprodukte insgesamt betrachtet im Bereich der «Long-Term Funds» die Nase vorn haben, ist es bei den nachhaltigen Produkten andersherum. Das heisst, die Anleger bevorzugten bei nachhaltigen Investments aktives Management. Somit scheinen die Anleger im Bereich der nachhaltigen Investments davon auszugehen, das aktive Manager in diesem Bereich ihre Stärken ausspielen und langfristig einen Mehrwert generieren können.
Ein weiterer interessanter Aspekt zeigt sich, wenn man die Zuflüsse im Bereich der passiven Instrumente in Indexfonds und ETFs aufteilt. Denn obwohl Indexfonds im Allgemeinen an Beliebtheit gewonnen haben, bevorzugen die Anleger in Europa für passive Investitionen im Segment der nachhaltigen Produkte ETFs.
Welche Neuigkeiten gibt es bei Refinitiv Lipper?
Die grösste Veränderung, die bei uns im Jahr 2021 ansteht, ist sicherlich die Integration von Refinitiv in die London Stock Exchange Group. Nachdem wir im Januar alle regulatorischen Vorgaben erfüllen konnten, wurde die Übernahme von Refinitiv durch die London Stock Exchange Anfang Februar abgeschlossen. Durch diese Fusion erschliessen sich für beide Partner neue Geschäftsfelder, zudem wird Refinitiv und damit auch Lipper seinen Kunden unter anderem neue Datenfelder zur Fondsanalyse bereitstellen können.
Die Weiterentwicklung der von uns angebotenen Datensets stand für uns schon immer im Vordergrund und so haben wir im letzten Jahr - gemeinsam mit den Kollegen von Refinitiv - ein Nachhaltigkeitsscoring für Investmentfonds entwickelt, mit dem unseren Kunden sich die Umsetzung von Nachhaltigkeitsansätzen, auf der Basis einzelner Kriterien, innerhalb eines Fonds anschauen können. Auch wenn die angebotenen Daten hier schon sehr umfassend ausschauen, steht unser derzeitiges Angebot noch am Anfang und wird ständig, sowohl in der Datentiefe wie auch in der Bewertungsmethodologie auf Fondsebene, weiterentwickelt.
Link zum Disclaimer
Detlef Glow, MBA (UoW), begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Lipper at Refinitiv. Anfang 2007 übernahm er die Leitung für die Regionen Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Oktober 2010 ist Glow Leiter der Fondsanalyse von Lipper in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA). Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanager für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Detlef Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.