Renditeerwartungen nahe am Höchst

20.04.2023
Herr Ruoff, Insurance Linked Securities (ILS) sind unter anderem deshalb beliebt, weil die Anlageklasse eine Diversifikation zu klassischen Finanzmarktanlagen bietet. Spüren Sie aktuell, dass Investorinnen und Investoren vermehrt ILS-Produkte nachfragen?
Das Interesse an ILS hat in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Dies ist einerseits auf die momentane Unsicherheit und der damit verbundenen Volatilität an den Kapitalmärkten zurückzuführen. Der Beitrag, den eine unkorrelierte Anlageklasse wie ILS zu einer robusten Portfoliokonstruktion beisteuern kann, hat sich in diesem Umfeld wiederum bestätigt.
Die Diversifikation ist einer der Gründe, weshalb in ILS investiert wird. Was sind andere Überlegungen?
Weitere Gründe, die für eine Allokation in ILS-Produkte sprechen, sind erstens, dass die aktuellen Renditeerwartungen nahe dem historischen Höchststand sind. Die Kombination aus einer hohen Naturkatastrophenfrequenz in den letzten Jahren, inklusive Hurrikan Ian im September 2022 als Spitzenereignis, und einem Inflationsgetriebenen erhöhten Bedarf nach Risikotransfer der Rückversicherungsbranche führen zu massiv gestiegenen Risiko-Spreads. Dieser Trend wird noch befeuert durch «Mark-to-Market»-Effekte in den Rückversicherungsbilanzen, die dadurch geschwächt werden.
Und zweitens?
ILS bieten eine gewisse Immunität gegenüber der Inflationsentwicklung und den damit verbundenen Zinsanpassungen, da die Besicherung von ILS über kurzfristige Wertpapiere - meistens Geldmarktfonds - erfolgt, deren Zinssätze alle drei Monate angepasst werden. Dies bedeutet auch, dass ILS-Investoren neben den sehr hohen Risiko-Spreads auch von momentan steigenden Zinsen profitieren. Und schliesslich bieten ILS-Produkte aufgrund deren kurzer Duration im aktuellen Marktumfeld den Vorteil, dass Investoren zeitnah von Prämienveränderungen in den zugrundeliegenden Risikotransfers partizipieren.
Inwiefern hat sich der ILS-Markt seit dem Hurrikan Ian im September 2022 entwickelt?
Hurrikan Ian war einer der bis anhin grössten Naturkatastrophen gemessenen an versicherten Schäden in den USA, aber auch weltweit. Mit 50 bis 65 Mrd. US-Dollar an geschätzten Versicherungsschäden wird Hurrikan Ian nach Hurrikan Katrina in 2005 als der bis heute zweitteuerste Versicherungsschaden in die Geschichte eingehen. Nach anfänglicher Bemessungsunsicherheit des Schadenausmasses per Ende September und der daraus resultierenden negativen Monatsperformance hat sich der Katastrophenanleihen-Markt sehr schnell erholt und Neuemissionen wurden im 4. Quartal 2022 zu rekordhohen Risiko-Spreads an den Markt gebracht.
Haben sich wegen der veränderten Situation am ILS-Markt die Renditeerwartungen erhöht?
Die Renditeerwartungen für ILS-Produkte befinden sich derzeit nahe der historischen Höchst. Hurrikan Ian hat als weiterer Katalysator für steigende Risiko-Spreads auf den zugrundeliegenden Instrumenten geführt. Prämiensteigerungen beobachten wir jedoch schon seit längerer Zeit. Gründe für die seit 2017 steigenden Rückversicherungsprämien sind die höhere Frequenz an Naturkatastrophen in den Vorjahren, die beschriebene schwächere Eigenkapitalausstattung und Inflation. Wir gehen davon aus, dass die Prämien in den anstehenden Erneuerungen per 1. Juni und 1. Juli 2023 für Risiken in den USA weiter steigen. Die sehr gute Performance des ILS-Marktes im 1. Quartal aber auch seit Ende September, also nach Hurrikan Ian, bestätigen diesen Trend.
Was unterscheidet das ILS-Team von Schroders Capital von seinen Mitbewerbern?
Unsere langfristige Vision ist es, Risikotransfer-Brücken zwischen der Rückversicherungsindustrie und den Kapitalmärkten zu bauen. Dabei wollen wir Investoren attraktive Renditen über ein unkorreliertes Opportunitätsset bieten. Wir bieten unseren Anlegern sowohl Naturkatastrophen- als auch Lebensversicherungsstrategien an und dies über ein breites ILS-Liquiditätsspektrum. Dazu positionieren wir uns als Innovationsführer und expandieren in neue Bereiche wie zum Beispiel Lloyd’s of London. Gleichzeitig nehmen wir die Herausforderungen durch die erhöhte Naturkatastrophenfrequenz seit 2017, den Einfluss des Klimawandels und dass sich verändernde Anlageumfeld, etwa durch den Einfluss von ESG-Kriterien, sehr ernst. Unser Anlageprozess mit den daraus resultierenden Investitionsentscheiden wird denn auch laufend an die neuen Gegebenheiten angepasst. Hinzu kommt die Tatsache, dass wir ein von der Rückversicherungsindustrie unabhängiger ILS-Manager sind. Das erlaubt uns, in der Akquise der zugrundeliegenden Transaktionen sehr selektiv zu sein. Das spiegelt sich in der Portfoliokonstruktion und nicht zuletzt in der Performance.
Link zum Disclaimer
Stephan Ruoff ist Global Head von Schroders Capital ILS und seit Ende 2019 für Schroders tätig. Zwischen 1997 und 2011 hielt er verschiedene Positionen bei der Münchener Rück Gruppe inne, unter anderem in Taiwan, Paris und in der Zentrale. Danach wechselte er zu Tokio Millennium Re, wo er zunächst CEO der europäischen Niederlassung in Zürich, dann CUO & Head of Europe und schliesslich von 2015 bis 2019 Group CEO war. Er verfügt über einen Abschluss in Chemieingenieurwesen und ein Diplom in «Management von Versicherungsunternehmen» der Universität St. Gallen.