«Renditen lassen sich nicht länger durch Betaquellen erschliessen»

23.10.2014
Herr Jonsson, können Sie kurz umschreiben, mit welchen Herausforderungen der Obligationenmarkt derzeit zu kämpfen hat?
Die grösste Herausforderung, die wir derzeit im Obligationenmarkt sehen, betrifft die Bewertungen. Die QE-Programme der Zentralbanken haben die Preise aller Anlageklassen in die Höhe schnellen lassen. Nun sind wir an einem Punkt, an dem dies nicht mehr funktioniert. Die Zinsen sind extrem tief, so dass sich Renditen nicht mehr durch Betaquellen erschliessen lassen, sondern über das Alpha generiert werden müssen. Der traditionelle Investmentansatz steht deshalb künftig nicht mehr so sehr im Fokus. Er wird einem Ansatz weichen müssen, in dem die Duration null beträgt oder sogar negativ ist.
Sie nennen das die «neue Normalität»?
Ja, oder nennen Sie es den Wechsel vom Beta zum Alpha. Wie gesagt, die Phase, als alle Anlagepreise nur eine Richtung kannten, nämlich jene nach oben, ist vorbei. Nun, da das Ende des Quantitative Easings in greifbare Nähe rückt, kann eine Beta-Strategie kaum mehr stabile Renditen liefern, da Investoren nicht mehr ausreichend entschädigt werden für die eingegangenen Risiken. Deshalb rückt eine opportunistische Strategie ins Zentrum und damit auch die Möglichkeit, Positionen in einem Portfolio zu shorten.
Warum sind flexible Obligationenstrategien die richtige Antwort in diesem neuen Umfeld?
Nehmen Sie die beiden Kennzahlen Duration und Kreditrisiko als Beispiele. In einer Benchmark-Strategie stehen das Kreditrisiko und das Durations-Risiko in einem proportionalen Verhältnis zueinander. In einer flexiblen Strategie lassen sich diese beiden Faktoren voneinander entkoppeln. Wir sind beispielsweise noch immer überzeugt vom Kreditrisiko im US-Markt, nicht aber vom Durations-Risiko. Mit einer einfachen Strategie - etwa dem Hinzufügen von Staatsanleihen-Futures, lassen sich die beiden Risiken auseinanderdividieren. Somit können Sie etwa im US-Markt das Kreditrisiko einkaufen und in einem anderen Land mit attraktivem Durations-Risiko wie etwa Australien oder Neuseeland dieses hinzufügen.
Wo endet diese Flexibilität?
Wir haben keine Benchmark, wenden also einen sogenannten «unconstrained»-Ansatz an. Dennoch haben wir gewisse Grenzwerte definiert, die wir nicht überschreiten dürfen. So darf beispielweise der High-Yield-Anteil in unserem Portfolio nicht mehr als 30 Prozent betragen. Zudem haben wir ein Volatilitätsziel von 4 Prozent definiert und müssen in diesem Volatilitätsrahmen bleiben. Dieses Ziel ist identisch mit jenem von traditionellen Fonds, deren Volatilität normalerweise zwischen 3 Prozent und 5 Prozent beträgt.
Können Sie die Strategie Ihres Fonds erklären, insbesondere den fundamental getriebenen Investitionsprozess?
«Fundamental» ist unser Prozess deshalb, weil er sich auf die Analyse unseres fundamentalen Research-Teams stützt. Wir haben einen Relative-Value-Ansatz und schauen dabei zwischen vier und zwölf Monate voraus. Wir identifizieren Fehlbewertungen im Markt und können mit Long- oder Short-Positionen darauf antworten. Wir glauben, dass es möglich ist, im Fixed-Income-Markt über ganze Marktzyklen hinweg relativen Wert zu extrahieren und tun dies, indem wir einen strengen, reproduzierbaren Analyseprozess anwenden. Wir haben keine Sektoren-Präferenz, sondern eine Makro-Optik auf die Märkte. Wir verfolgen diesen Ansatz bereits seit 2008, auch wenn es den UCITS-Fonds erst seit einem Jahr gibt. Die Performance betrug über ein, drei und fünf Jahre oder seit Lancierung immer zwischen 3 Prozent und 5 Prozent pro Jahr.
Warum haben Sie eine Cash-Benchmark gewählt?
Sowohl Absolute-Return-Fonds als auch Strategien mit einem «unconstrained»-Ansatz wählen üblicherweise eine Cash-Benchmark und definieren zusätzlich ein Volatilitätsziel, das es einzuhalten gilt. Das macht Sinn, da diese Fonds die Möglichkeit haben, sowohl Long- als auch Short-Positionen einzugehen.
Jon B. Jonsson stiess 2013 als Managing Director und Senior Portfolio Manager für globale Anleihestrategien und Manager des Neuberger Berman Global Bond Absolute Return Fund zum weltweit tätigen Vermögensverwalter. Zuvor war er 15 Jahre lang für J.P. Morgan in ähnlichen Funktionen tätig. Jonsson verfügt über einen Master-Abschluss in Finanzwirtschaft der Universität New York und einen Bachelor in angewandter Mathematik der Universität von Island.