Rohstoffe 2019: Es ist nicht alles Gold, was glänzt…

14.01.2019
Herr Dr. Schallenberger, ein kurzer Blick in den Rückspiegel: gab es für Sie echte Überraschungen bei Rohstoffen im vorigen Jahr?
Die grösste Überraschung für mich war im letzten Jahr die Performance der Rohstoffe insgesamt. Immerhin lag das Weltwirtschaftswachstum 2018 fast bei 4 Prozent - trotzdem gaben die Rohstoffpreise nach. Der marktbreite Bloomberg Commodity Index (Spot) beendete das Jahr mit einem Minus von gut 10 Prozent. Von 22 im Index enthaltenen Rohstoffen verzeichneten lediglich Weizen (+1,5 Prozent) und Lebendrind (+0,6 Prozent) einen kleinen Preisanstieg - die anderen 20 Rohstoffe gaben allesamt im Preis nach - und das bei einem so relativ starken Weltwirtschaftswachstum - das war schon sehr überraschend!
Ist es komplexer, Prognosen für Rohstoffe oder für Aktienindizes zu machen?
Naja, die Kollegen auf der Aktienseite haben für letztes Jahr bei der soliden Weltkonjunktur sicherlich auch eher mit steigenden Notierungen gerechnet - und am Ende landeten DAX, Dow Jones und Co. dann doch auch im Minus. Ich glaube, die Komplexität bei Aktien- und Rohstoffprognosen ist in etwa dieselbe. Die Analysemethode ist aber natürlich bei Aktien und Rohstoffen unterschiedlich. Während beispielsweise bei der Aktienanalyse Kursziele oder Fair Values über KGVs oder Dividendenrenditen abgeleitet werden können, kommt man mit damit bei den Rohstoffen nicht sehr weit. Dort geht es eher um die Schätzung von weltweitem Angebot und Nachfrage.
Nebst Gold und Öl, welche weiteren Rohstoffe sind auf Ihrem Radar?
Vor allem noch Silber und die Basismetalle. Alu, Kupfer und Co. hatten 2018 einen sehr schweren Stand. Der Bloomberg Subindex für Basismetalle ermässigte sich im letzten Jahr um mehr als 20 Prozent - die Basismetalle waren damit der schlechteste Performer unter allen Rohstoffsektoren. Silber war immerhin zuletzt im Fahrwasser von Gold wieder etwas fester. Silber halte ich vor allem durch die vielen verschiedenen technischen Anwendungen sehr spannend. Das «weisse» Edelmetall könnte in den nächsten Jahren ein heimlicher Gewinner des Trends zu mehr Nachhaltigkeit werden. Aktuell wird sehr viel Silber in der Photovoltaik nachgefragt - in Zukunft dürfte vor allem die Elektromobilität für eine sehr hohe Dynamik bei der Silbernachfrage sorgen.
Die Gold-Bullen werden seit geraumer Zeit immer und immer wieder enttäuscht, können Sie etwas Hoffnung verbreiten?
Ich glaube, dass 2019 tatsächlich ein sehr gutes Jahr für die Gold-Bullen werden könnte! Immerhin ist der Goldpreis schon mal mit viel Schwung ins neue Jahr gestartet. Mit zunehmender Nervosität an den Aktienmärkten war der «sichere Hafen» in den letzten Wochen mehr und mehr gefragt. Die Notenbanken stehen weiter auf der Käuferseite, die ETFs stehen wieder auf der Käuferseite und die Währungen wichtiger Gold-Importländer haben sich zuletzt stabilisiert. Das Gold-Angebot dürfte 2019 stagnieren, während die Nachfrage vermutlich leicht zulegen wird. Last but not least mehren sich die Anzeichen, dass der Zinserhöhungstrend in den USA an Dynamik verliert. Vor diesem Hintergrund stehen die Chancen gut, dass das jüngste Gold-Comeback sich im Jahresverlauf 2019 weiter fortsetzt!
Auf was sollten Rohstoffinvestoren im neuen Jahr ganz besonders schauen?
Der Jahresauftakt bei den Rohstoffen verlief in diesem Jahr bislang sehr positiv. Der Bloomberg Commodity Index (Spot) kletterte um rund 5 Prozent. Dabei zogen insbesondere die Ölpreise wieder sehr stark an. Lag Brent zum Jahresende 2018 zeitweise sogar unter der Marke von 50 US-Dollar, kletterte der Preis zuletzt wieder über die 60 US-Dollar-Marke. Am Ölmarkt herrscht jedoch immer noch ein Angebotsüberschuss. Hier sollte man vor allem zwei Dinge im Auge haben: Wie stark wird sich 2019 die Weltkonjunktur eintrüben - und wie konsequent werden die geplanten Förderkürzungen von OPEC und Co. umgesetzt. Bei den Basismetallen, bei denen China der absolut wichtigste Nachfrager ist, wird die Konjunkturentwicklung im Reich der Mitte einer der wichtigsten Faktoren sein, der die Preise bestimmt. Und bei Gold dürfte u.a. die US-Notenbank die Weichen für die Preisentwicklung stellen. Sofern der Zinserhöhungstrend in den USA noch weiter ins Stocken kommt, wird es beim Goldpreis weiter nach oben gehen!
Link zum Disclaimer
Dr. Frank Schallenberger ist Leiter der Rohstoffanalyse bei der LBBW. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Research-Erfahrung. Im Jahr 2008 entwickelte er die ersten LBBW Rohstoff-Indizes, denen die Future-basierten Rohstoff-Fonds der LBBW zugrunde liegen. Die Assets under Management (AuM) in diesen Anlageformen liegen momentan bei über 550 Mio. Euro. Studium (VWL) und Promotion (über Wechselkursspekulation) absolvierte er an der Universität Konstanz. Als gesuchter Experte zum Thema Rohstoffe ist er regelmässiger Gast bei diversen Veranstaltungen und Kongressen sowie in Print & TV. Rohstoffe spielen auch eine wichtige Rolle in seinem Privatleben, da er in seiner Freizeit eine kleine Weinhandlung (sofern Wein als Rohstoff bezeichnet werden kann) in Stuttgart betreibt.