«Schlechte Kommunikation kann Marken stark beschädigen»

24.08.2021
Herr Weber, wie hat sich die Kommunikation der Asset Manager in den letzten 20 Jahren verändert?
Sie ist sehr viel professioneller geworden. Es gibt heute bei allen grösseren Asset Managern zentrale Marketing- und PR-Teams, die die Aktivitäten europaweit koordinieren, Inhaltsschwerpunkte festlegen, Content erstellen und auch die verschiedenen Kommunikationskanäle bespielen. Das sind Welten zur Situation vor 20 Jahren, da war das Bewusstsein nicht einmal für eine reaktive, geschweige denn für eine proaktive Kommunikation vorhanden.
Was kann Kommunikation im Asset Management bewirken und was nicht?
Gute Kommunikation kann eine Marke langfristig aufbauen und unterstützen. Schlechte oder ungeschickte Kommunikation kann die Marke allerdings auch in kurzer Zeit schnell und stark beschädigen. Kommunikation kann dagegen keine Produkte verkaufen. Im Finanzbereich ist noch immer die Performance entscheidend, die den Kunden geboten wird. Mit guter Kommunikation kann man allenfalls weniger erfolgreiche Phasen erklären und überbrücken.
Und was ist gute Kommunikation?
Im Investment-Bereich können sich Anbieter mit einer klaren und eigenständigen Meinung am besten positionieren. Leider sind die meisten Kommentare zu aktuellen Themen völlig austauschbar und nichtssagend, ohne konkret Stellung zu beziehen. Da hat die immer dominantere interne Compliance die Wirkung eines Weichspülers. Dann gibt es auch noch den stark marketinggetriebenen Ansatz, bei dem Asset Manager aus der Innenperspektive über Prozesse und Abläufe berichten und wie toll sie aufgestellt sind. Das interessiert ausserhalb der Organisation aber kaum jemanden.
Welcher Asset Manager kommuniziert am besten?
Da die Kommunikationsqualität nicht so einfach messbar ist wie zum Beispiel die Grösse der verwalteten Vermögen, gibt es dazu auch keine Rangliste. Ein gutes Beispiel ist für mich DWS, die laufend sehr aktuelle und pointierte Kommentare veröffentlichen. Aber viele andere machen ebenfalls einen guten Job.
Braucht es heute noch PR-Agenturen, da doch vieles über soziale Medien läuft?
Agenturen bringen Know-how von aussen und damit ein Gegengewicht zur Innensicht. Zudem pflegen wir direkte Kontakte zu den Finanzjournalisten, die eine Kommunikationsabteilung in London nicht hat. Im B2B-Finanzmarkt haben soziale Medien zudem nicht annähernd das gleiche Gewicht wie im Consumer-Markt.
Was war Ihr grösster Misserfolg?
Wir wollten unbedingt eine Investment Bank als Kunde und hatten 2008 den Pitch bei Lehman Brothers gewonnen. Den Rest der Geschichte kennt man ja.
Und was war Ihr grösster Erfolg?
Ich finde es toll, dass wir zahlreiche Kunden über viele Jahre begleiten dürfen, so zum Beispiel Nordea Asset Management seit über 15 Jahren und BNY Mellon Investment Management seit mehr als 10 Jahren.
Sind Sie auch schon in einen Shitstorm geraten?
Nein, ich bewege mich in den sozialen Medien sehr zurückhaltend. Einzelne Kunden sind schon in Krisen geraten, die aber weniger mit einem Shitstorm zu tun hatten als mit nicht so guter Governance.
Wodurch zeichnet sich erfolgreiche Krisenkommunikation aus?
Durch gute Vorbereitung. Die Krise kommt ja immer schnell und unerwartet. Wer die Szenarien schon erarbeitet hat und das Konzept aus der Schublade ziehen kann, wird nicht auf dem falschen Fuss erwischt. Und das kann dann auch mal heissen, dass man gar nichts macht und die Aufregung vorüberziehen lässt.
Investieren Sie auch selbst an der Börse?
Ja, meine Altersvorsorge ist vorwiegend in Aktien angelegt. Ich verfolge eine eher konservative Dividendenstrategie.
Welches war Ihr erstes Investment?
Oje, schlechte Frage. Mit meinen ersten Ersparnissen habe ich Ende der 1970er Jahre einen 100-Gramm-Barren Gold auf dem Höchststand des Goldpreises gekauft. Das war ein ziemliches Verlustgeschäft.
Und wie sieht es aus mit Bitcoin & Co?
Da kann ich nur sagen, die Tulpen im 17. Jahrhundert in Holland waren schöner und verbrauchten viel weniger Energie.
Link zum Disclaimer
Christian R. Weber ist seit 20 Jahren Partner der Financial Communicators AG und seit 2014 Head of Corporate Communications der CPH Chemie + Papier Holding AG. Nach dem Volkswirtschaftsstudium an der Universität Zürich startete er seine Karriere als Finanzjournalist und leitete das Geldressort der «Handelszeitung». Danach war im Marketing der Credit Suisse tätig, bevor er in die Geschäftsleitung einer Kommunikationsagentur wechselte.