«Silicon Valley ist die Formel 1 für Tech-Investments»

26.10.2018
Herr Rappold, Sie sind ein ausgewiesener Kenner des «Silicon Valley». Wie kam es dazu?
Bereits als Informatikstudent war meine grosse Leidenschaft die Börse und insbesondere die Tech-Unternehmen. Es lag damit für mich auf der Hand, beide Kompetenzen (tiefgehendes IT-Verständnis) und Finanz- und Bilanzwissen zu verknüpfen. In der Folge entwickelte ich frühzeitig eigene Börsensoftware, die schnell von bekannten Wirtschaftsmagazinen wie dem deutschen «Capital» ausgezeichnet wurde. Bereits Anfang der 1990er Jahre entschied ich mich für ein Studium der Medieninformatik, als sich noch niemand etwas unter dem Begriff «Multimedia», also der digitalen Konvergenz der Medien, vorstellen konnte. Schon damals handelte ich nach der Maxime des legendären NHL Cracks Wayne Gretzky, der als Erfolgsgeheimnis für seine unglaubliche Scorer-Statistik postulierte: «Geh dahin, wo der Puck hingehen wird und nicht, wo der Puck jetzt ist.» Als ich mit meinem Studium fertig war, kam gerade Internet 1.0 mit Unternehmen wie Netscape, Yahoo, Amazon und eBay auf. Das Silicon Valley erlebte Mitte/Ende der 1990er Jahre eine neue Blüte und bekam durch das Internet einen gewaltigen Innovationsschub, nachdem die PC-Euphorie aus den 1980er Jahren abgeklungen war.
Was begeistert Sie ganz besonders?
Mein Motto: «Silicon Valley ist die Formel 1 im Tech-Investing.» Wir Europäer und besonders wir Schweizer und Deutsche sind häufig Bedenkenträger und wägen neue Technologien meist viel zu sehr ab und verlieren so enorm viel Zeit, um innovative Produkte an den Markt zu bringen. Im Silicon Valley ist dies ganz anders. Es ist das Ökosystem für den Techbereich schlechthin. Bestehend aus den führenden Risikokapitalgebern, Eliteuniversitäten wie Stanford und Berkley sowie erfolgreichen Gründern und einer Vielzahl bedeutender börsennotierter Tech-Unternehmen. Dieses einzigartige Ökosystem ermöglicht so auch das Schaffen neuer Trends und neuer Unternehmen, quasi über Nacht. Das Silicon Valley ist dementsprechend ein Magnet für risikobereite junge Leute aus allen Teilen der Erde. Die bekannte Hymne von Frank Sinatra an New York: «If I can make it there, I’ll make it anywhere» gilt ganz besonders für das Silicon Valley. Peter Thiel, legendärer Tech-Investor in Facebook und Gründer von PayPal und Palantir betont gar, dass ihm ein 20-Meilen-Radius um die Stanford University herum reicht, um die wichtigsten Investments zu tätigen.
Ticken dort die Menschen wirklich anders als in Europa?
Definitiv. Mir fällt immer sofort auf, wenn ich im Valley bin, dass die Leute viel offener für Neues, hungriger und generell positiv eingestellt sind. Während man bei uns in Europa durch die Stimmung psychologisch nach unten gezogen wird, erlebt man im Valley genau das Gegenteil. Es existiert ein positiver «Flow», und man glaubt, man kann über Wasser laufen. Dies motiviert einen, Dinge zu tun, die zunächst als unmöglich erscheinen. Nicht ohne Grund hat Peter Thiel sein Buch «From Zero to One» betitelt. Während wir Europäer sehr gut in der Produktperfektion sind, geht es im Silicon Valley um disruptive Ansätze, um von «0» auf «1» zu kommen. Elon Musk mit seinen Unternehmungen Tesla und SpaceX zeigt dies deutlich. Übrigens ist Musk in beiden Unternehmen vom Know-how her ein Quereinsteiger. Sein Wissen zu Raketen und Raumfahrt hat er sich sämtlich aus Büchern angeeignet.
Sie haben den Bestseller «Silicon Valley Investing» geschrieben. Warum soll man das Buch lesen?
Es ist das erste Buch überhaupt, was das Finanzökosystem in Gänze beschreibt. Wer Tech-Investments spannend findet und die führenden Unternehmen aber auch die Unicorns, die erst am Beginn stehen, tiefergehend analysiert haben möchte, liegt mit dem Buch richtig. Mir ging es auch darum, den positiven «Flow» mit rüber zu transportieren, damit Leser sich wie in einem Simulator in das Geschehen im Silicon Valley eintauchen können. Darüber hinaus erhält der Leser Zugang zu den sogenannten «Secondary Markets» und attraktiven vorbörslichen Beteiligungen und lernt die Superinvestoren, also die Warren Buffetts des Valleys kennen.
Welches Technologie-Unternehmen gefällt Ihnen aktuell am besten?
Ich favorisiere innovative und wachstumsstarke Unternehmen mit Fokus im Bereich B2B-Cloud-Lösungen. Während alle Analysten nur auf die drei grossen Cloud Player Amazon AWS, Microsoft und Google schauen, gibt es in der zweiten Reihe aber auch im Bereich der Start-ups sehr spannende Unternehmen, die jeweils zu 100- Milliarden-Dollar-Companies werden können.
Ein Paradebeispiel hierfür ist Nutanix, die mit ihrer Technologie ein Betriebssystem für die Cloud anbieten und damit das Windows der Cloud anstreben.
Das anstehende IPO des geheimnisumwitterten Big-Data-Unternehmens Palantir halte ich auch für sehr spannend. Ich bin selbst am Unternehmen beteiligt und habe die erste weltweite Biografie über den Co-Gründer Peter Thiel geschrieben und kenne das Unternehmen gut. Palantir erfreut sich in der Schweiz und speziell in Zürich einer hohen Nachfrage im Finanzsegment. Bei der Swiss Re und Zürich Versicherung wird die Software und Expertise von Palantir bereits eingesetzt.
Thomas Rappold ist selbst erfolgreicher Tech-Investor und entwickelte auf Basis der Grundsätze von Buffett und Thiel ein Value-Modell für Tech-Investments. Als Investment Advisor für Finanzunternehmen setzt er dies erfolgreich in Tech-Finanzprodukte um. Daneben ist er Autor des Bestsellers «Silicon Valley Investing» und der weltweit ersten Biografie über Peter Thiel: «Facebook, PayPal, Palantir - Wie Peter Thiel die Welt revolutioniert». Thomas Rappold ist «Börse Online»-Kolumnist und schreibt auf silicon-valley.de regelmässig über spannende Entwicklungen bei Tech-Aktien.