Smart Beta - eine Modeerscheinung oder eine dauerhafte Strategie?

30.03.2015
Herr Mautone, gibt es von Seiten Schweizer Anleger in diesem Jahr besonders hervorstechende Themen?
Es gibt eine wachsende Nachfrage nach ETFs allgemein in der Schweiz, sowohl von Wealth- und Asset Managern, institutionellen Anlegern wie Pensionskassen, Versicherungen bis im Bereich Family Offices. Das angelegte Vermögen in ETFs in der Schweiz beträgt mittlerweile fast 70 Mrd. Schweizer Franken¹. Wir gehen davon aus, dass die in ETFs investierten Vermögenswerte insgesamt in dem Masse zunehmen, wie Anleger ETFs nutzen, um verschiedene Ziele und Bedürfnisse in ihren Portfolios zu erfüllen. Der Grossteil des Marktes folgt immer noch einer rein passiven Investition gegenüber traditionellen nach Marktkapitalisierung gewichteten Benchmarks. Zudem stellen ETFs nach wie vor eines der kostengünstigsten und wirksamsten Mittel dar, dies zu erreichen. Im Bereich ETFs gibt es weitaus mehr Möglichkeiten. Darunter solche, die es Anlegern erlauben, auf spezielle Sektoren abzuzielen, ebenso wie eine grosse Palette an Smart-Beta- und einige aktiv verwaltete Strategien.
Über Smart Beta wird viel gesprochen. Ist das nur eine Modeerscheinung oder handelt es sich um eine dauerhafte Strategie?
Wir sind überzeugt, dass Smart Beta von Dauer ist. Vielleicht ändert sich der Blickwinkel der Anleger auf Smart Beta und die Art, wie die Branche es definiert. In diesem Bereich ist der Markt noch unentschieden. Einige Kommentatoren sind der Auffassung, dass jede Strategie darunter fällt, die nicht nur die Marktkapitalisierung als alleiniges Gewichtungskriterium verwendet. Andere wiederum bieten eine weniger eindeutige Definition an und sind der Meinung, dass es irgendwo zwischen passiv und aktiv einzuordnen sei. Definitionsabhängig gibt es in der Tat einige ETFs, die entweder als Smart Beta oder aktiv eingestuft werden könnten. Diese Unklarheit erreicht auf jeden Fall eins: potenzielle Anleger zu verwirren und womöglich abzuschrecken. Das wäre schade, da viele der Strategien, die heutigen Investoren zur Verfügung stehen, das Risiko-Rendite-Verhältnis eines Portfolios grundlegend verändern könnten.
Wir vertreten die Auffassung, dass die Marktkapitalisierung nicht das einzige Gewichtungskriterium für eine Smart-Beta-Strategie sein kann, diese aber in Wirklichkeit darauf abzielt, mithilfe von Regeln eine oder auch mehrere Komponenten des Marktes aufzunehmen. Zwei der häufigsten sind risikobasierte und faktorenbasierte Ansätze.
Wie sind die Aussichten für Europa?
Durch die Einleitung einer geldpolitischen Lockerung stellt die EZB die Liquidität bereit, die unserer Auffassung nach die Wirtschaft in der Eurozone ankurbeln dürfte. Die Kombination aus niedrigen Zinssätzen und niedrigeren Ölpreisen sollte zu steigenden Ausgaben führen, während die Exporteure des Euroraums von der Euroschwäche profitieren dürften. Dadurch bietet sich ein positives Umfeld sowohl für inländische als auch international tätige Unternehmen. Europäische Aktien-ETFs können in der Folge dieser sich verbessernden Aussichten kräftige Zuflüsse verzeichnen und die Anleger erhöhen ihre diesbezügliche Allokation. Da der US-Aktienmarkt eine solch positive Entwicklung verzeichnet hat, war es wohl keine grosse Überraschung, dass die Anleger einige Gewinne mitgenommen und diese in die relativen Werte in Europa umgeschichtet haben.
Wie sieht es bei Gold aus?
Gold ist im Laufe des vergangenen Jahres in US-Dollar als Referenzwährung in einer relativ engen Spanne gehandelt worden. In den meisten anderen Währungen - Euro einbezogen - hat Gold jedoch eine wesentlich bessere Entwicklung gezeigt. Grund dafür ist der seit dem Sommer 2014 so stark angestiegene US-Dollar, als die Fed die Reduzierung ihrer Anleihenkäufe (Tapering) ankündigte. Seit diesem Zeitpunkt ist der Markt bemüht, die erste US-Zinserhöhung vorauszusehen, wobei diese momentan am wahrscheinlichsten im Herbst dieses Jahres zu erwarten ist. Diese würde sich bei ansonsten gleichen Bedingungen negativ auf Gold auswirken, da hohe Zinssätze Gold weniger attraktiv machen, denn Gold erbringt keine Zinsen.
Allerdings müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden, darunter die unwahrscheinliche Möglichkeit, dass die Fed aufgrund des starken Dollars oder bei ausbleibender Inflation mit einer Zinserhöhung wartet. Dies würde zu weiteren Goldkäufen führen. Zudem dürfte die geldpolitische Lockerung in der Eurozone und in Japan - ebenso wie eine Tendenz zu geldpolitischen Lockerungen im übrigen Teil der Welt ausserhalb der USA - für die Investoren in diesen Ländern Gold attraktiver machen. Gold wird von vielen Anlegern als eine Art Versicherung gehalten, da es sich in angespannten Zeiten gut entwickelt. Aus diesem Grund behalten viele Anleger eine Goldposition bei, einfach für den Fall, dass erwartete Entwicklungen nicht eintreten, wie dies in unserer unsicheren Welt oft passiert.
Welche Gelegenheiten gibt es für ertragsorientierte Investoren angesichts der Tatsache, dass die Realverzinsung in vielen Teilen der Welt jetzt negativ ist?
Interessant zu sehen ist, dass bei festverzinslichen Anlagen rund ein Drittel der Staatsanleihen in der Eurozone inzwischen negative Zinsen bieten, d.h. die Anleger sind bereit dafür zu zahlen, dass sie den Staaten ihr Geld leihen. Es überrascht wohl nicht, dass wir für risikofreudige Anleger andere Marktbereiche wie hochverzinsliche Papiere hervorheben würden. Damit sind nicht unbedingt Anlagen in Frontier Märkten oder ein anderweitig allzu grosses Risiko gemeint. So kann eine Anlage in auf US-Dollar lautenden Papieren am kürzeren Ende der Zinskurve eine vergleichbare Investition gegenüber dem breiteren Markt für hochverzinsliche Anlagen bieten, jedoch mit einem wesentlich niedrigeren Laufzeitrisiko. Es gibt ETFs, die Anlegern in Europa den Zugang zu diesen Marktbereichen ermöglichen.
¹ Schweizer Fonds-Daten, Ende Februar 2015
Marco Mautone ist bei Source als Managing Director für die Schweiz und Liechtenstein verantwortlich. Vor seinem Eintritt bei Source war er acht Jahre lang bei der Bank of America Merrill Lynch in der Schweiz als Leiter des europäischen und US Equity Sales Trading tätig. Zuvor war er während fünf Jahren bei Lehman Brothers als Cash Equity Sales Trader auf Schweizer institutionelle Kunden fokussiert.