«So können Investoren und Selektoren aus dem globalen Fonds-Menü das Feinste herauspicken»

30.10.2017
Herr Reiter, e-fundresearch.com zählt als einer der Pioniere im digitalen Fondsresearch. Sie hatten das Unternehmen im Jahr 2000 gegründet und zuletzt mit investRFP.com im Bereich Asset-Manager-Selektion einen weiteren innovativen Schritt gesetzt. Damit hatten Sie schon sehr frühzeitig die Digitalisierung wichtiger Asset-Management-Prozesse eingeleitet. Wie bewerten Sie das aktuelle Umfeld und vor welchen Herausforderungen stehen Fondsselektoren in Banken und Versicherungen?
Investoren und Fondsselektoren müssen heute eine Reihe von Anforderungen erfüllen. Die wichtigste Aufgabe bleibt jedoch unverändert, nämlich aus einem globalen Fondsuniversum jene Fonds auszuwählen, die ihren Kriterien und Vorgaben am besten entsprechen. Diese Vorgaben können sehr unterschiedlich sein, weil jeder Investor in einem anderen Umfeld arbeitet.
Und worauf kommt es heute besonders an?
Der Selektionsprozess sollte gut strukturiert, effizient und optimal dokumentiert sein. In diversen Berichten von Aufsichtsbehörden - EIOPA, FCA, etc. - wird immer wieder das Fehlen strukturierter Prozesse kritisiert. Fest steht, dass nicht alle Fondsselektoren die Herausforderungen im Sinne ihrer Kunden erfüllen können. Vor allem weil ihnen oft der Zugang zu entsprechenden Daten fehlt.
Auf welche Datenquellen stützen sich Fondsselektoren zumeist?
Vielen Investoren ist gar nicht klar, welch grossen Einfluss die Wahl einer spezifischen Fondsdatenbank oder Datenquelle hat, weil sie selbst nur eine oder zwei nutzen können. Fondsdatenbanken können nicht immer perfekt auf dem aktuellsten Stand sein. Es gibt auch bedeutende Unterschiede bei Klassifizierungen von Fonds.
Wie wirken sich die Schwächen der Fondsdatenbanken in der Selektion aus?
In der Praxis wird meistens mit einem einfachen quantitativen Datenbank-Screening begonnen. Das hat jeder Fondsanalyst so gelernt. Das Problem ist nur, dass dadurch oft Asset Manager übersehen werden, die ihre speziellen Strategien und Kernkompetenzen in Datenbanken gar nicht richtig abbilden können - vor allem im Bereich Alternative Investments, Absolute Return und ESG. Wir empfehlen hier einen umfassenderen Ansatz zu wählen.
Haben Selektoren in Banken und Versicherungen nicht ohnehin Zugang zum gesamten Fondsuniversum?
Das wäre eine optimale Situation für Kunden. Aber leider ist das in der Praxis nicht der Fall. Sehr oft fokussiert man sich in der Fondsselektion auf strategische Partnerschaften oder bevorzugt im Extremfall eigene Produkte sehr stark. Das Universum der Asset Manager bewegt sich laufend. Wir beobachten das täglich. Fonds werden aufgelegt, in neuen Märkten zum Vertrieb zugelassen, geschlossen, fusioniert, etc. Fondsmanager wandern auch manchmal zur Konkurrenz ab. Es wird in Zukunft einen noch stärkeren Konzentrationsprozess im Asset Management geben.
Wenn also Fondsdatenbanken nicht genügend Informationen liefern können, woher sollten dann Fondsselektoren relevante Daten beziehen?
Investoren sollten sich weniger darauf fokussieren, was bestehende Datenquellen bieten, sondern sich mehr mit ihren eigenen Selektionskriterien, Vorgaben und Fragestellungen beschäftigen. Unsere investRFP.com Plattform bietet Investoren einen effizienten Zugang zur mehr als 1’000 Asset-Management-Unternehmen in 67 Ländern. Auf der Investorenseite wird die Plattform von Selektoren, institutionellen Investoren, Private Wealth Managern und Family Offices genutzt. Diese stellen Requests und Asset Manager prüfen die Vorgaben, Kriterien und Fragen. Wenn diese erfüllt werden können, liefern sie die Antworten und Daten zu Fonds und Strategien. Dieser Prozess ist höchst effizient für beide Seiten. Investoren erzielen enorme Zeitersparnis, weil diese auch Questionnaire Templates nutzen können. Je nach Umfang des Requests kann diese Zeitersparnis zwischen 50 und 60 Prozent liegen.
Wie wird dadurch die Fondsselektion verbessert?
Mit dem Einsatz der investRFP.com Plattform werden die zuvor genannten Herausforderungen optimal gemeistert. Das Fondsuniversum ist global, die Suche nach Fonds erfolgt unabhängig und der strukturierte Prozess ist für den Investor dokumentiert. Die Analyse und Auswahl übernimmt der Investor selbst und es stehen dafür sehr praktische Tools zur Verfügung.
Wird die Plattform auch im Zusammenhang mit MiFID II eingesetzt?
Absolut. Investoren haben erkannt, dass die Plattform eine flexible Ergänzung bei der Informationsbeschaffung im Zusammenhang mit MiFID II ist.
Wie können Fonds und Daten auf der Plattform analysiert werden?
Es gibt verschiedene Scoring- und Bewertungsmodelle, die genutzt werden können. Manche Selektoren bevorzugen Scoring-Modelle mit Punkten, Sternen oder Ampeln. Die gewünschte Variante kann für den Selektor einfach konfiguriert werden.
Welche Bewertungssysteme werden meistens genutzt?
Im Due-Diligence-Bereich sind es vor allem die Ampel-Systeme und in der qualitativen Bewertung eher die Punktesysteme mit individuellen Gewichtungen.
Wie flexibel ist die Plattform bei der Konfiguration?
Die Plattform passt sich an den Investor an und nicht umgekehrt. Bei uns gibt es kein «one size fits all» Prinzip. Die Flexibilität zieht sich bei uns durch alle Bereiche. Das beginnt schon beim Aufsetzen des Requests.
In welcher Form?
Unsere Überzeugung ist, dass jeder Investoren-Request individuelle Charakteristika hat, die berücksichtigt werden müssen - unabhängig davon, ob es sich um eine institutionelle Mandats-Ausschreibung, die Suche nach einem besseren Fonds in der Vermögensverwaltung oder um eine neue Allokation eines Family Office Managers handelt. Jeder Request ist einzigartig und besteht aus Kriterien, Vorgaben und Fragen. Investoren müssen völlig flexibel suchen können und Asset Manager sind genau an diesen konkreten Requests interessiert. Sie wollen auch genau wissen, was der Investor sucht. Das Angebot an Strategien des Asset Managers ist oft viel grösser als in Datenbanken dargestellt.
Womit wir wieder beim Thema Datenbanken wären…
Absolut richtig. Auch Investoren-Requests sind individueller als Datenbanken es je sein können. Einer der wichtigsten Vorteile der investRFP.com Plattform ist auch die Aktualität der Daten. Die Antworten der Asset Manager sind speziell für den Investor aufbereitet. Das ist ein enormer Mehrwert. Fondsdatenbanken werden aber nicht ersetzt, sondern sie sind eine Ergänzung, vor allem bei quantitativen Performancezahlen.
Die Daten werden sozusagen für den Investor «frisch zubereitet»…
So ist es. Der Vergleich der Plattform mit Restaurants ist durchaus passend - mit einem grossen Unterschied. Im Restaurant Business gibt es aus Kostengründen einen Trend zu mehr «System» und weniger Individualität. Unsere Plattform ist - technisch gesehen - innovativ und effizient, Inhalt und Service sind jedoch höchst individuell. Investoren müssen nicht aus dem Regal wählen. Es gibt nicht einmal eine Speisekarte (oder Datenbank). Investoren definieren ihre Requests individuell und die Plattform übernimmt die Weitergabe der Informationen an die «Chefs» und serviert die Responses vor Deadline an die Investoren. Diese Art der individuellen Dienstleistung ist im Restaurant zumeist teuer. Hier liegt der grosse Unterschied, weil die Nutzung unserer Plattform für Investoren und Asset Manager sehr kosteneffizient ist.
Kosten sind ein häufiges Schlagwort in der aktuellen Diskussion…
Kosten im Asset Management werden immer wieder thematisiert und Effizienzsteigerung ist ein allgemeiner Trend. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Asset-Management-Branche nicht von anderen. Kosten senken alleine genügt jedoch auch nicht. Kosten müssen immer in Verbindung mit Leistungen betrachtet werden.
Welche wichtigen Trends sehen Sie in der näheren Zukunft?
Ich sehe im Asset Management noch viele Bereiche, wo Prozesse durch Digitalisierung verbessert werden können. Jene Unternehmen, die richtig einschätzen, wo und wie Mensch und Maschine am besten zusammenarbeiten können, werden zu den Gewinnern dieser Entwicklung zählen.
Albert Reiter, CFA, MBA (UCT), ist Gründer und CEO der e-fundresearch.com Data GmbH und investRFP.com, einer innovativen Plattform für Asset-Manager-Selektion. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung am Kapitalmarkt und im institutionellen Asset Management und ist seit 2001 CFA Charterholder.