«Steigende Inflation ist eine Chance für REITs»

27.01.2022
Herr Volkholz, PGIM gehört weltweit zu den zehn grössten Asset Managern. Insofern ist davon auszugehen, dass Sie sich regelmässig mit den Top-Adressen im Wholesale-Geschäft austauschen. Wie verhalten sich diese Investoren derzeit am Markt?
Vereinfacht gesagt, gibt es derzeit zwei Lager. Die einen setzen auf einen Marktrücksetzer an den Aktienmärkten, um dann günstig einzusteigen. Die anderen, die ihr Risiko schon deutlich reduziert haben, setzen mehr auf unkorrelierte Anlageklassen. Auf der Bondseite sehen wir eine erhöhte Nachfrage nach flexibleren Strategien mit längeren oder kürzeren Durationsprofilen. Besonders unser «Global Total Return Fonds» und unser «Multi Asset Credit Fonds» sehen verstärkt Nachfrage, da beide flexibel Chancen in unterschiedlichen Rentenkategorien wahrnehmen können - von Schwellenländeranleihen zu High Yields aber auch Investment Grade. Insgesamt sehe ich aber wieder eine Tendenz Richtung mehr Risikoappetit, insbesondere nachdem sich die Wogen im chinesischen Markt etwas gelegt haben. Zentrale Frage ist natürlich, wie sich die Inflation entwickelt und welches die nächsten Zinsschritte der Notenbanken sein werden.
Ist es nicht so, dass sich die Investoren schon positioniert haben?
Meine Wahrnehmung ist, dass es angesichts der einmaligen Situation, in der wir uns befinden, viel Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Inflation gibt. Umso mehr ist es angebracht, sich mit Assetklassen zu beschäftigen, denen eine vielleicht stärkere Inflationsentwicklung zuträglich ist.
Der klassische Inflationshedge Gold scheint derzeit nicht zu funktionieren. Sachwerte wie Immobilien scheinen ein probateres Mittel zu sein.
Ja, ganz genau. Gerade im jetzigen Umfeld ist ein Subsegment besonders interessanter, konkret und kurz REITs, die geografisch und nach Immobilienklassen breit gestreut investieren und den Grossteil ihrer Gewinne an die Aktionäre ausschütten.
Die Performance in den letzten Jahren war aber nicht berauschend…
Da haben Sie durchaus Recht. In den letzten fünf Jahren haben REITs eine jährliche Underperformance von -8.5 Prozent gegenüber Aktien erwirtschaftet. Auf lange Sicht jedoch, und da reden wir über die letzten 45 Jahre, hat der Leitindex FTSE NAREIT All Equity REITS insgesamt um fast 2 Prozent p.a. besser performt als der S&P 500. Noch wichtiger scheint mir aber, dass das aktuelle Umfeld den REITS nun wieder den Schub der früheren Jahre bescheren wird.
Was macht Sie so zuversichtlich für REITs?
Auf konjunktureller Seite sollten REITs von einer Konstellation aus globaler wirtschaftlicher Erholung, dem Bedarf an neuen Wohnungen und weiterhin vergleichsweise günstigen Bauzinsen profitieren. Ausserdem spricht die steigende Inflation für einen neuen Aufwärtszyklus. Denn historisch betrachtet, haben REITs in Zeiten mit hoher Inflation stets besser abgeschnitten als Aktien - das zeigen unsere Berechnungen für den Zeitraum 1973 bis 2020. Vergleicht man etwa die Rendite auf annualisierter Basis mit den im S&P 500 enthaltenen Aktien, schafften REITs in Phasen mit einer Inflationsrate von über 4 Prozent eine um 3.6 Prozent bessere Performance. Bei einer Inflationsrate zwischen 3 und 4 Prozent lag diese Outperformance sogar bei 12.7 Prozent. Gerade die jüngste Underperformance gegenüber Aktien in der Niedrigzinsphase untermauert deshalb die Einschätzung, dass die aktuell steigenden Inflationsraten in den USA und in Europa den Weg bereiten für eine neue Phase, in der REITs besser abschneiden als der Gesamtmarkt.
Und wie sieht es mit der Bewertung aus?
REITs sind gegenüber dem breiten Aktienmarkt aktuell unterbewertet. Das beweist ein Blick auf die wichtigste Bewertungskennziffer für REITs, dem Verhältnis von Preisentwicklung zum Nettobetriebsgewinn. Hier notiert der Leitindex rund 12 Prozent unter dem langjährigen durchschnittlichen KGV des S&P 500. Ein ähnlich niedriges Niveau hatte dieser Wert zuletzt 2017 erreicht. Eine vergleichbare Unterbewertung zeigt sich auch gegenüber Anleihen, konkret im Vergleich zu Investment-Grade-Anleihen. Dafür werden die Höchstzinssätze mit den Renditen von Investment-Grade-Anleihen mit BBB-Bonität herangezogen. Aktuell notieren die Höchstzinssätze von REITs um 185 Basispunkte höher. Gegenüber dem langfristigen Zinssatz von 117 Basispunkten bieten sie somit Spielraum, um weitere 68 Basispunkte zu gewinnen.
Sie haben vorhin kurz die Ausschüttungskomponente erwähnt. Diese wird wohl mit den steigenden Zinsen weniger attraktiv.
Nicht ganz, denn schlussendlich sind REITs verlässliche Dividendenbringer. Weil Mietverträge in der Regel an die Inflationsentwicklung gekoppelt sind, besteht in den meisten global führenden Immobilienmärkten weiterhin Potenzial für Mieterhöhungen. Diese Entwicklung erhöht die an sich schon stabilen Cashflows und liefert die Basis für steigende Dividendenauszahlungen. Damit stützt sie das Renditeplus gegenüber höheren Inflationsraten. Vergleicht man die durchschnittlichen Dividenden, so schütten REITs mit 2.96 Prozent deutlich mehr aus als Obligationen (1.56 Prozent) sowie Aktien (1.34 Prozent). Im Übrigen lagen die Ausschüttungen in 39 von 41 Jahren über der US-Inflationsrate.
Gibt es bei den Immobilienaktien regionale Unterschiede oder wie entwickeln sich die einzelnen Märkte?
Überdurchschnittliches Potenzial sehen wir aufgrund konjunktureller Nachholeffekte in den USA und in Japan. Bei den Immobiliensektoren erwarten wir für Büroimmobilien und den Einzelhandel weiterhin begrenztes Wachstum, weil der durch die Coronapandemie ausgelöste Trend zu Homeoffice und E-Commerce anhalten wird. Für Logistikflächen, Rechenzentren und Privatwohnungen in der mittleren Preiskategorie gehen wir dagegen von einer anhaltend hohen Nachfrage aus. So wurden in den ersten drei Quartalen 2021 nach Daten des europäischen Immobiliendienstleisters JLL rund 5.9 Millionen Quadratmeter umgesetzt - ein historischer Höchstwert in den ersten neun Monaten eines Kalenderjahres.
Link zum Disclaimer
Thiemo Volkholz ist Leiter der deutschen, österreichischen und schweizerischen Accounts bei PGIM Investments. Zuvor war er in leitender Position bei der Capital Group und der Main First Bank tätig. Er ist diplomierter Betriebswirt (Goethe-Universität Frankfurt und CEFA / CIIA Charterholder.