«Steigende Zinsen sind kein Grund auf Anleihen zu verzichten»

Portfolio Manager BB Global Macro Fonds
Bellevue Asset Management, Küsnacht ZH
bellevue.ch
26.03.2015
Herr Soso, es besteht ein akuter Anlagenotstand. Was raten Sie Anlegern angesichts von Negativzinsen und haussierenden Aktienmärken?
Die niedrigen und möglicherweise steigenden Zinssätze sind eine Herausforderung für alle Investoren für die kommenden 5 bis 10 Jahre. Seit 1981 leben wir in einer Welt, in der die Zinsen im Durchschnitt um etwa 0,5 Prozent pro Jahr sanken. Um eine Aussage über die Zukunft zu treffen, lohnt es sich, die Vergangenheit genauer anzuschauen. Aus diesem Grund betrachteten wir die Periode von 1945 bis 1981 in den USA sorgfältig. Am Ende des Zweiten Weltkrieges lag die Verfallrendite des 10-jährigen US Treasury bei 1,5 Prozent und ist dann stetig über die folgenden 35 Jahre bis auf 16 Prozent gestiegen. Die Konklusion unserer Analyse ist, dass die Durchschnittsrendite aller Anlageklassen - einschliesslich Aktien und Anleihen - deutlich fällt. Volatilität und Drawdowns verhalten sich ähnlich. Wir befinden uns folglich in einem schwierigen Umfeld für Investments. Die zweite Erkenntnis ist, dass Anleihen eine wichtige Rolle in einem Portfolio spielen, auch wenn die Zinsen steigen.
Was stellt aus Ihrer Sicht eine sinnvolle Anlagestrategie in diesem Umfeld dar?
Ein neutrales Portfolio mit einem Netto-Exposure von 75 Prozent Staatsanleihen und 25 Prozent Aktien ist ein sehr stabiler Anlageansatz, der seit Jahrzehnten, auch während turbulenten Marktphasen, gute Resultate geliefert hat.
Das hört sich nach einem relativ einfachen Ansatz an. Braucht es da überhaupt den Experten?
Auf den ersten Blick stimme ich Ihnen zu. Die Umsetzung ist aber entscheidend. Ich rede hier nicht von einem herkömmlichen Balanced Portfolio. Unser Global Macro Fonds hat einen Absolute-Return-Ansatz und unterscheidet sich in dreierlei Hinsicht von einem Balanced Portfolio:
Erstens setzen wir ein begrenztes Leverage von 20 bis 50 Prozent ein. Wir sind der Meinung, dass die Leitzinsen der Hauptzentralbanken künstlich zu tief gehalten werden. Fremdkapital kann somit günstig erworben werden.
Zweitens kann der Fonds auch Leerverkäufe tätigen. Unter normalen Umständen machen Short-Positionen einen kleinen Anteil des Portfolios aus, aber wir erwarten in zukünftigen Marktphasen, dass dies zur erfolgreichen Verwaltung des Portfolios notwendig sein wird.
Drittens gehen wir konzentriertere Wetten ein als ein Benchmark-orientierter Fonds. Unsere Analyse hat gezeigt, dass bei steigenden Zinsen die Durchschnittsrendite von allen Anlageklassen fällt und dass der Einfluss der Investment-Selektion wichtiger wird.
Wo liegt die Zielrendite des BB Global Macro Fonds?
Der BB Global Macro wurde vor fünf Jahren als Luxemburger UCITS IV Fonds mit täglicher Liquidität aufgelegt. Der als Absolute-Return-Fonds konzipierte BB Global Macro setzt sich zum Ziel, unabhängig vom Marktumfeld eine jährliche Rendite von 5 bis 7 Prozent zu erreichen, wobei der Fonds sowohl über Euro-Anteilsklassen als auch über währungsgesicherte Schweizer-Franken-Anteilsklassen gezeichnet werden kann. Im laufenden Jahr liegen wir mit einem Plus von 7 Prozent bereits auf Zielkurs und auch über die letzten zwei Jahre vermochten wir mit Renditen von +6,2 Prozent und +7,1 Prozent unsere Ambitionen zu erreichen.
Anleger wollen wissen, in was sie konkret bei einem Fonds investieren. Welchem Anlageuniversum bedienen Sie sich?
Der BB Global Macro investiert weltweit in sämtliche liquiden Anlageklassen wie Aktien, Anleihen aber auch Rohstoffe und Währungen. Aktuell favorisieren wir Anleihen und Aktien, Rohstoffe und Währungsstrategien spielen eine sekundäre Rolle. Wir zeigen eine starke Präferenz für liquide Anlageinstrumente. Der Grossteil des Portfolios besteht heute aus liquiden Staatsanleihen (im Moment sind es hauptsächlich amerikanische und kurzlaufende deutsche Anleihen) und Aktienindizes (beispielsweise DAX, MDAX und Nikkei), was dem Portfolio Stabilität verleiht.
Ein sehr breiter Ansatz. Können Sie uns Näheres über die derzeitige Positionierung sagen?
Wir halten weitgehend unverändert an unserer Markteinschätzung fest. Das Aktien-Exposure des Fonds betrug Ende Februar 33 Prozent. Wir bevorzugen Aktien aus der Eurozone, insbesondere aus Deutschland. Das QE-Programm der EZB, ein schwächerer Euro und die niedrigen Ölnotierungen kommen der deutschen Konjunktur zugute. Innerhalb der europäischen Peripherie halten wir Positionen in Italien und Portugal. Eine erfolgreiche Umsetzung des QE-Programms würde diese Märkte begünstigen, die sich durch attraktive Bewertungen auszeichnen.
Darüber hinaus investiert der Fonds weiterhin in japanische Aktien. Wie in Deutschland sprechen das andauernde quantitative und qualitative Lockerungsprogramm der Bank of Japan, attraktive Bewertungen, der niedrige Ölpreis und eine schwächere Währung zugunsten japanischer Valoren. Schwellenländertitel erscheinen aus konjunktureller Sicht weniger reizvoll. Schwerpunktmässig hält der Fonds Positionen in chinesischen Aktien. Sie sind attraktiv bewertet, und das Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte liegt immer noch über 6 Prozent. Im Fixed-Income-Bereich halten wir die grösste Position in 7-jährigen US-Staatsanleihen (Exposure von 94 Prozent), stehen 5-jährigen Bundesanleihen hingegen vorsichtig gegenüber. Letztere werfen eine negative Rendite von -0,1 Prozent ab, während die 7-jährigen Pendants aus den USA eine Rendite von 1,8 Prozent bieten. Der Renditeunterschied zwischen den USA und Deutschland ist historisch betrachtet sehr hoch.
Lucio Soso, Lead Portfolio Manager des BB Global Macro Fonds, verfügt über eine mehrjährige Erfahrung im Asset Management. Er trat Bellevue Asset Management im September 2010 bei, nachdem er bereits zuvor für die Verwaltung des BB Global Macro Fund zuständig war. Vor seinem Eintritt bei RBR Capital im Jahr 2004 entwickelte er während sechs Jahren Finanzmodelle und Risk-Management-Tools zur Verwaltung von Total-Return- und Global-Macro-Strategien. Zwischen 1995 und 1998 war er als Research-Direktor für All Asia Capital tätig. Von 1992 bis 1995 arbeitete er für Pictet & Cie. in London als institutioneller Portfolio Manager. Lucio Soso verfügt über einen Master in Finance der London Business School, einen Master in nuklearer Physik des Tokyo Institute of Technology sowie einen Abschluss als Elektroingenieur der ETH Zürich.