«Das neue Jahr bietet viele Opportunitäten»

27.01.2016
Herr Jones, das neue Jahr ist äusserst ruppig gestartet. Wo sehen Sie 2016 die Anlagechancen?
Ich sehe im angefangenen Jahr eine ganze Reihe von Opportunitäten für einkommensorientierte Anleger. Gerade der Immobiliensektor verzeichnet ein höheres Wachstum bei den Mieten. Die stärkere britische Wirtschaft erlaubt die Vergrösserung der gemieteten Flächen, was zu höheren Mieteinahmen bei Immobilien-Portfolios führt. Der Bereich der festverzinslichen Anlagen spielt für die Erzielung eines Einkommens für Sparer und Investoren immer noch eine grosse Rolle. Fixed Income ist immer noch ein Bullenmarkt und das Potenzial dieses Segments wird als Ertragsquelle übersehen. Es können immer noch gute Kapitalgewinne erzielt und gute Einkommen für Investoren generiert werden. Die Renditen präsentieren sich attraktiv und nachhaltig für die nächsten 12 bis 18 Monate.
Die Entwicklung wird stark von der Geldpolitik der Zentralbanken geprägt. Welche Schritte erwarten Sie als nächstes?
Die Zinsraten werden sich 2016 weltweit entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung in verschiedene Richtungen bewegen. Ich erwarte, dass die USA die Zinsen weiter moderat anheben werden, was aber die Märkte nicht gross beeinträchtigen wird. Die EZB wird Zinsraten tief halten und andere Massnahmen präferieren, um die Wirtschaft zu stimulieren. Die japanische und die chinesische Notenbank werden die schwächelnde asiatische Wirtschaft durch tiefere Zinsen stützen. Die britische Notenbank sehe ich in einer Mitteposition angesiedelt. Sie wird wohl nicht viel unternehmen und sich nicht einfach den Schritten der US-Notenbank Fed anschliessen. Ich erwarte von ihr eine eigene Finanzpolitik, die auf die britische Wirtschaft ausgerichtet ist.
Wo sehen Sie bei Anleihen noch konkrete Investmentchancen?
Die Investment-Grade-Unternehmensanleihen von globalen, qualitativ starken Konzernen rentieren immer noch 3,75 bis 4,00 Prozent im Durchschnitt. Sie bilden als Kernanlage weiter eine attraktive und nachhaltige Geldanlage im Rahmen einer umfassenden Investmentstrategie. Es sind in Europa und Grossbritannien keine Zinserhöhungen zu erwarten, auch wenn es in den USA moderate Erhöhungen geben wird. Das bedeutet, dass der Kapitalwert aufrecht erhalten wird und für einkommensorientierte Anleger ein ansehnlicher Ertrag geerntet werden kann.
Wo sehen Sie die grössten Fallen?
Wer in den nächsten 12 bis 18 Monaten zu hohe Renditen an den Finanzmärkten jagt, seien dies äusserst hohe Zinscoupons im High-Yield-Markt oder hohe Dividendenrenditen, sollte die Warnsignale und Alarmglocken nicht übersehen. Im Anleihensektor sollten sich Investoren sehr sorgfältig Gedanken über die Einkommensstabilität und im Aktiensektor über das Gewinnwachstum machen. Sonst können sie in der Tat in eine Falle geraten.
Sie sind vor allem für Grossbritannien zuversichtlich.
Ja, die britische Wirtschaft entwickelt sich positiv, wenn auch in bescheidenem Umfang. Die Inflation verharrt auf tiefem Niveau, die Beschäftigungslage präsentiert sich erfreulich, der Druck auf Löhne ist moderat. Daher kann die Zentralbank die Wirtschaft mit dem tiefen Niveau der Zinsen stimulieren und wird in den nächsten zwölf Monaten kaum etwas unternehmen.
Was erwarten Sie beim Ölpreis?
Die Ölproduzenten werden ihre Verkäufe so stark wie möglich forcieren, um ihren Marktanteil und ihr Einkommen zu halten. Dies wird sich in den nächsten zwölf Monaten kaum ändern. Vor allem auch, weil nun der Iran nach der Aufhebung der Sanktionen wieder in den Markt zurückkehren wird. Der Druck auf den bereits tiefen Ölpreis wird daher anhalten.
Stephen Jones ist Chief Investment Officer (CIO) und Mitglied der Geschäftsleitung von Kames Capital. Zu seinen Verantwortlichkeiten gehört die Investment Performance und Strategie des schottischen Vermögensverwalters. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Industrieerfahrung. Jones studierte Recht und Wirtschaft an der University of Newcastle.
Kames Capital ist eine spezialisierte Investment-Management-Gesellschaft mit Sitz in Edinburgh und London. Das Unternehmen verwaltet mit 300 Angestellten 75,5 Mrd. Euro (Stand 30.09.2015) für seine britischen und internationalen Kunden - darunter Pensionsfonds, Finanzinstitute, Vermögensverwalter, Family Offices und Finanzberater.