Suitability-RegTech erobert die Kernbankensysteme

Mitgründer und Verwaltungsratspräsident
Investment Navigator AG, Zürich
investmentnavigator.com
15.12.2017
Herr Köhler, Investment Navigator hat gemeinsam mit Confinale einen Adapter für Avaloq lanciert. Warum ist das für Sie und Ihre Kunden so wichtig?
Für Start-ups stellt die Integration ihrer Dienstleistungen in die Kernbankensysteme nach wie vor eine grosse Hürde da. Nur langsam öffnen sich die Kernbankensysteme für Module aus dem FinTech-Sektor. Die meisten Banken in der Schweiz vertrauen auf Avaloq, Finnova oder Temenos als Rückgrat ihrer operativen IT-Infrastruktur. In den letzten Monaten ist jedoch Bewegung in die Branche gekommen. API’s - Programmierschnittstellen zwischen IT-Systemen - boomen und setzen sich auch in der Schweizer Finanzindustrie durch. Neben unserer Web-Lösung und unserer API bietet der neue Core-Banking-Adapter für Avaloq nun eine weitere effiziente Möglichkeit, unseren Suitability-Service zu konsumieren. Möglich wurde dies durch eine Kooperation mit der Beratungs- und Softwareentwicklungsfirma Confinale, welche die technische Anbindung von Investment Navigator ans Avaloq’s Core Banking System konzipierte und entwickelte.
Ist es ein Zufall, dass ein Suitability-RegTech wie Ihr Haus jetzt in den Kernbankensystemen ankommt?
Nein, definitiv nicht. RegTech gilt als der Sweet Spot in der digitalen Transformation der Finanzbranche. Das mit uns ein RegTech, welches weniger auf Disruption als vielmehr auf nachhaltige Partnerschaften setzt, jetzt über Integrationsmöglichkeiten in das in der Schweiz führende Kernbankensystem verfügt, ist ein zusätzliches Zeichen, dass RegTech immer mehr an Bedeutung in der Finanzindustrie gewinnt. Dies ist für uns keine Überraschung, wenn wir den grösseren Kontext betrachten: die Anforderungen und damit die Kosten zur Einhaltung der regulatorischen Compliance steigen stetig an. Durch den konsequenten Einsatz von technologischen Compliance-Lösungen könnten Banken gemäss Schätzungen der University of New South Wales global bis zu 15 Mrd. US-Dollar pro Jahr einsparen.
Wie helfen Sie Banken und Vermögensverwaltern Kosten zu sparen?
Der Suitability-Service von Investment Navigator ersetzt zeitaufwändige und fehleranfällige manuelle Prozesse. Die automatisierte Cross-Border-Suitability nimmt den Platz der Länderregelwerke ein, wobei die App prüft, welche Dienstleistungen und Bankprodukte der ausländischen Kundschaft angeboten werden darf. Product-Suitability-Informationen auf ISIN-Level schützen zusätzlich vor «Misselling», unter anderem durch die Berücksichtigung von Vertriebsrestriktionen (z.B. für MiFID II, Sicherstellung «Target Market») und Steuerdaten (z.B. in Bezug auf die deutsche Investmentsteuerreform ab Januar 2018).
Neben der Digitalisierung, welche Trends stehen aus Ihrer Sicht 2018 im Fokus der Banken in Bezug auf Suitability?
Wir sehen neben der angesprochenen Digitalisierung vier weitere grosse unaufhaltsame Entwicklungen. Erstens, der Bedarf für einen gesamtheitlichen Suitability-Ansatz. Die Lebensrealitäten werden immer vielfältiger und anspruchsvoller. Neue Fragen werden gestellt, neue Formen der Interaktion werden genutzt. Suitability muss daher auch an einem gesamtheitlichen Ansatz ausgerichtet sein und die Komplexität der Realität widerspiegeln können. Zweitens, die wirkliche Personalisierung von Suitability, das heisst, nicht nur die regulatorischen und produktspezifischen Einschränkungen sollten die Anlageberatung leiten, sondern auch der Einbezug von persönlichen Präferenzen der Anleger. Dritten das Thema Tax Suitability. Der internationale Austausch von Steuerinformationen verschärft die Konkurrenzsituation für Vermögensverwalter. Die Anlageperformance nach Steuern wird transparent und vergleichbar. Die Prüfung der Produkteignung wird daher zukünftig auch steuerliche Komponenten umfassen müssen. Viertens, und nicht zu vergessen, die Umsetzung der neuen Product-Governance-Richtlinien. Die sorgfältige Abklärung der Produkteignung und die Wahrung der Interessen der Anleger stehen im Mittelpunkt neuer in- und ausländischer Direktiven und haben direkten Einfluss auf den Anlageprozess. Wir haben diese Themen auch in unserem kürzlich erschienen Opinion Paper ausführlich beleuchtet.
Julian Köhler hat 2014 zusammen mit Alberto Rama die Firma Investment Navigator AG in Zürich gegründet. Zuvor war er bei der Credit Suisse in leitenden Funktionen tätig, zuletzt für das Analyse- und Advisory- Geschäft für Fonds und ETFs im Private Banking. Zusammen mit seinem Team ist es dem Start-up Unternehmer gelungen, die Firma und die Plattform als «go-to» Adresse für Suitability-Fragen zu etablieren.