Transparenz für den Fonds-Boutiquen-Markt

14.08.2020
Herr Hoppenhöft, Sie und Ihre Kollegen Frank Eichelmann und Michael Gillessen sind deutschlandweit bekannt. Immer noch Freude an der Selbständigkeit?
Ja, definitiv, wir haben den Schritt in die Selbständigkeit keinen Moment bereut. Im Gegenteil, wir haben uns ab und zu selbst gefragt, warum wir diese Entscheidung nicht schon viel früher getroffen haben. Wie für viele unserer Kunden war auch bei uns dreien das Hauptziel die Unabhängigkeit von Konzernvorgaben. Die Möglichkeit, unternehmerisch zu handeln und kreativ zu werden sowie das noch partnerschaftlichere Miteinander mit den ebenfalls unabhängigen Assetmanagern haben sich wie erwartet deutlich besser als aus einer Bank heraus realisieren lassen. Wir sind mit unseren nur auf diese Kundengruppe zugeschnittenen Dienstleistungen sehr positiv vom Markt aufgenommen worden. Adressen, die auch in der Vergangenheit schon gerne von unserer Expertise profitiert hätten, aber nicht mit unserem Bank-Arbeitgeber zusammengearbeitet haben, meldeten sich sehr schnell nach Unternehmensgründung.
Gibt es «Lessons Learned» nach gut einem Jahr mit Ihrer neuen Gesellschaft?
Das kann man wohl sagen, das Wichtigste ist: «Es kommt immer anders als man denkt - aber das heisst nicht, dass es schlechter kommt». Wir waren davon ausgegangen, dass es ab und zu Projekte in unserem Bereich Unternehmensberatung geben würde, die das «Brot und Butter-Geschäft» Marketing- und Vertriebsunterstützung abrunden. Aber wir haben gelernt, dass unser Know-how und der Erfahrungsschatz aus zusammen mehr als 100 Jahren in der Branche erfreulicherweise kontinuierlich gefragt sind. Die Themen waren sehr unterschiedlich, angefangen mit einer Markteintrittsstudie für eine ausländische Bank, über die Begleitung bei der Auflage verschiedener Fonds, das Consulting bei einer Unternehmensumstrukturierung, den Aufbau eines neuen Assetmanagers und viele weiteren Fragestellungen - die Unternehmensberatung lief deutlich stärker an als ursprünglich geplant. Unser Alleinstellungsmerkmal im Markt ist sicherlich auch, dass wir beides, also Consulting und Marketing- und Vertriebsunterstützung, anbieten - zumal bei den ersten Gesprächen mit neuen Kunden manchmal noch nicht klar ist, was davon gebraucht wird.
Sie sehen sich auch als kritischer Marktbeobachter. Welche Entwicklungen sehen Sie bei den deutschen Fonds-Boutiquen?
Ja, wir beschäftigen uns auch sehr intensiv mit dem Markt insgesamt. Zwei interessante Entwicklungen haben wir in den vergangenen Monaten gesehen: Zum einen haben Boutiquen-Fonds im ersten Quartal 2020 Mittel hinzugewonnen, während die BVI-Zahlen für alle Fondsanbieter deutliche Abflüsse widerspiegeln. Und zum anderen gab und gibt es einige neue Fondsprojekte von «Quereinsteigern», also Managern, die einen beruflichen Hintergrund ausserhalb des Finanzsektors haben und ihr dort erworbenes spezielles Know-how im Fondsmanagement nutzen wollen.
Wir möchten gerne die lange vermisste Transparenz im Boutiquenmarkt herstellen und veröffentlichen daher unsere Erkenntnisse aus Marktentwicklungen einmal pro Quartal im Marktüberblick «Boutiquenfonds Radar», der allen Abonnenten unseres Newsletters automatisch zugeht. Hier kann man sich gerne anmelden: boutiquenfonds.de/newsletter
Wie definieren Sie den Begriff «Fonds-Boutique»?
Boutiquen sind für uns Gesellschaften, die nicht zu einer Bank oder Versicherung gehören und unternehmerisch von dem oder den Eigentümern geführt werden. Wir machen das also nicht an der Grösse des Unternehmens oder dem Volumen der gemanagten Assets fest.
Mit welchen unabhängigen Assetmanagern arbeiten Sie gerne zusammen?
Im Bereich Marketing- und Vertriebsunterstützung müssen wir das Gefühl haben, dass der Manager ein attraktives, kreatives Anlagekonzept kompetent und erfolgreich umsetzt und es als Herausforderung für uns sehen, ihn dabei zu unterstützen. Wichtig sind uns auch die partnerschaftliche Zusammenarbeit und der regelmässige Austausch, denn mit dem Experten-Input des Kunden können wir im Team am meisten bewegen. Wichtig ist für uns immer, dass der Kunde uns nicht als Placement Agent sieht, denn das sind wir nicht.
Im Bereich Consulting/Unternehmensberatung finden wir immer wieder Fragestellungen, bei denen wir mit unserer langjährigen Markterfahrung Mehrwerte beisteuern können. Dabei wenden wir uns sowohl an die unabhängigen Assetmanager bzw. Vermögensverwalter als auch an deren aktuelle oder künftige Dienstleister.
Wie sieht eine erfolgreiche Boutique in der Zukunft aus? Wird es die kleinen Player mit ein paar Millionen an Assets in fünf Jahren noch geben?
Wir sehen gute Zukunftschancen zum einen für sehr fokussierte kleinere Gesellschaften, zum anderen aber auch für die grossen Player. Kleinere Boutiquen haben typischerweise markante Alleinstellungsmerkmale, zum Teil auch beachtliches Know-how aus vorherigen Tätigkeiten ausserhalb der Finanzindustrie und konzentrieren sich meist auf nur einen oder zwei Fonds. Grosse Assetmanager bieten eine breite Palette von Fondskonzepten und damit für jede Marktphase etwas. Mittelgrosse Gesellschaften ohne klare Ausrichtung dürften es dagegen künftig eher schwer haben.
Link zum Disclaimer
Sven Hoppenhöft hat nicht sofort einen Weg zu den Boutiquen-Fonds gefunden, sondern während seinen mehr als 35 Jahren am Markt zunächst kleinere Umwege über die Vereins- und Westbank und die Fondsgesellschaft NORDINVEST auf sich genommen. Doch seit er 2008 bei Hauck & Aufhäuser und danach bei Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG auf Frank Eichelmann und Michael Gillessen stiess, hat ihn die Begeisterung für die unabhängigen Vermögensverwalter und Assetmanager gepackt.