Trumps Tweets vermochten die Gesundheitsmärkte nicht auszubremsen

21.04.2017
Herr Dr. Koller, im ersten Quartal haben sich die Aktienmärkte generell gut entwickelt. Der S&P 500 Index wie auch der Dow Jones Index legten zu. Auch die europäischen Aktienindizes folgten diesem Trend und sahen über Brexit-Folgen und nationale Wahlrisiken hinweg. Was waren die Gründe für diese gute Entwicklung?
Als Impulsgeber hat sich die mögliche Stimulation der US-Wirtschaftspolitik und die damit verbundenen Erwartungen erwiesen. Präsident Trump hat beispielweise die Senkung der US-Unternehmenssteuer, die Rückführung von Offshore-Kapital und Investitionen in die Infrastruktur angesprochen.
Wie hat sich der Healthcare-Sektor insgesamt entwickelt, und spezifisch die Biotech-Branche?
Das Quartal war geprägt durch die Diskussionen um die Gesundheitsagenda zwischen Weissem Haus und Kongress. Erste Entwürfe zur Abschaffung und dem Ersatz von «Obamacare» wurden zurückgewiesen, nachdem sie auch nach intensiven Verhandlungen im Kongress nicht die erforderliche Zustimmung erhalten hatten. Auch politische Äusserungen beziehungsweise Tweets und die damit verbundene kurzfristige Volatilität bremsten den insgesamt positiven Aufwärtstrend an den breiten Gesundheitsmärkten nicht aus. Der MSCI World Healthcare Index hat das erste Quartal mit einem Plus von 8,7 Prozent in US-Dollar abgeschlossen. Der Nasdaq Biotech Index konnte diese Performance sogar noch übertreffen und legte 10,8 Prozent in US-Dollar zu.
Und BB Biotech?
Sowohl die Aktie als auch das Portfolio haben sich gut entwickelt und 7,7 Prozent respektive 12,5 Prozent in Schweizer Franken zugelegt. Dies schliesst die Dividende von 2.75 Schweizer Franken pro Aktie ein, die im März ausgeschüttet wurde.
Ihre Kernbeteiligung Actelion wird von Johnson & Johnson übernommen. Das dürfte sich auch für BB Biotech und seine Aktionäre auszahlen.
Auf Grundlage der Position, die wir zum Ende des ersten Quartals 2017 in Actelion gehalten haben, erwarten wir einen Erlös von rund 270 Mio. US-Dollar nach Abschluss der Transaktion im zweiten Quartal. Darüber hinaus erhalten wir ungefähr eine Million Idorsia-Aktien. Idorsia ist die von Actelion abgespaltene Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft. Den Cash-Bestand werden wir wiederum für gezielte Aufstockungen bestehender unterbewerteter Beteiligungen nutzen und nach vielversprechenden neuen Small- und Mid Caps Ausschau halten.
Was waren weitere Highlights im ersten Quartal?
Da gab es einiges. Unsere aktuell grösste Beteiligung Incyte hat weitere Fortschritte des klinischen Entwicklungsprogramms für seinen IDO1-Hemmer Epacadostat gemeldet und die Ankündigung weiterer zulassungsrelevanter Studien, die Epacadostat in Kombination mit Mercks Keytruda und Bristol-Myers Squibbs Opdivo untersuchen, machen Epacadostat zum tonangebenden Wirkstoff für den kombinierten Einsatz mit bereits zugelassenen marktführenden PD1-Antikörpern.
Von Vertex haben wir positive Daten von zwei Phase-III-Studien zur Kombinationstherapie aus VX-661 und Kalydeco bei Mukoviszidose-Patienten gesehen, deren Ergebnisse zeigten gegenüber Orkambi eine geringfügig bessere Wirkung und signifikant verbesserte Verträglichkeit bei gewissen Patientengruppen. Die mit viel Spannung erwarteten Studienergebnisse mehrerer Dreifachtherapien dürften in der zweiten Jahreshälfte 2017 veröffentlicht werden. Und Esperion, eine unserer kleineren Beteiligungen, hat im 1. Quartal 182 Prozent zugelegt, aufgrund Amgens positiven Outcome-Daten zu dessen PCSK9-Antikörper (Repatha) bei kardiovaskulären Erkrankungen und der FDA-Billigung seines klinischen Zulassungsprogramms.
Haben Sie auch neue Investments getätigt? In welchem Bereich?
Wir haben unser Portfolio mit Five Prime Therapeutics ergänzt. Das Unternehmen mit Sitz in San Francisco ist im Onkologiebereich tätig und führt zurzeit klinische Versuche mit seinem Leitwirkstoff FPA008 sowohl als Monotherapie als auch in Kombination durch. Zudem laufen Versuche, die den Einsatz des Wirkstoffs bei pigmentierter villonodulärer Synovialitis (PVNS) testen. Ergebnisse der Phase-II-Studie werden 2017 erwartet.
Was erwartet Biotech-Investoren in den nächsten Monaten? Welche Themen werden die Märkte prägen?
Die Gesundheitsdebatte in den USA wird anhalten. Da eine rasche Einigung eher unwahrscheinlich erscheint, dürfte der Fokus eher dem Zugang zur medizinischen Versorgung als den Gesundheitskosten gelten. Die Preisgestaltung dürfte zwar weiterhin ein beliebtes Thema in den Tweets des Präsidenten sein, mit fundierteren Initiativen wird hingegen hinsichtlich wertorientierter Ansätze gerechnet. All dies könnte das Medieninteresse wieder wecken und die Anlegerstimmung erneut belasten, aber die damit verbundenen Risiken scheinen bereits seit einiger Zeit in die Aktienmärkte eingepreist.
Dr. Daniel Koller trat 2004 bei Bellevue Asset Management ein und ist als Senior Portfolio Manager im Bereich Biotechnologie mit Spezialgebiet Herz-Kreislauf-Krankheiten tätig. Seit 2010 ist er Head Investment Team der börsenkotierten Beteiligungsgesellschaft BB Biotech AG. Vor seinem Eintritt bei Bellevue Asset Management war er während vier Jahren in der Finanzindustrie tätig, zuerst in der Funktion als Aktienanalyst bei UBS Warburg, danach als Private-Equity-Investor bei equity4life. Daniel Koller studierte Biochemie an der ETH Zürich und doktorierte im Bereich Biotechnologie während seiner Tätigkeit bei Cytos Biotechnology.