UN-SDGs als neuer Trigger für Nachhaltige Geldanlagen

01.11.2018
Herr Limacher, die UN-Nachhaltigkeitsziele - die sogenannten UN-SDGs - sind immer häufiger im Anlagekontext anzutreffen. Was ist der Hintergrund?
Das Thema basiert auf dem historischen Moment im Jahr 2015, als alle Länder der UN der ehrgeizigen Vereinbarung zugestimmt haben, die Verbesserung und «Heilung» der Welt anzustreben. Was vielleicht auf den ersten Blick nach einem Papiertiger aussah, mündete in heute weltweit kommunizierten und einprägsamen 17 nachhaltigen Entwicklungszielen. An dieser überschaubaren Anzahl an Zielen können sich Politik, Zivilbürger, Wirtschaft - insbesondere auch die Finanzwirtschaft - orientieren und messen. Die Themen sind breit gefächert und adressieren unterschiedlichste Herausforderungen, wie Eliminierung von Hunger, hochwertige Bildung, nachhaltiger Konsum und vieles mehr. Jeder Mensch findet in seinem Bereich etwas, das verbessert werden kann und wofür sich ein Engagement lohnt.
Wie konkret finden diese Ideen Eingang in die Investmentwelt?
Hier sieht man ganz unterschiedliche Spielarten. Eine breite Palette ist im alternativen und nicht liquiden Bereich zu finden. Ein Klassiker bei den liquiden Anlagen sind die nachhaltigen Themenfonds, welche sich bei der Auswahl ihrer Werte darauf konzentrieren, dass die Firmen oder Emittenten eine messbare Lösung zu einem oder mehreren SDG-Zielen anbieten. Eines der prominentesten Beispiele ist das SDG-Ziel Nr. 6 «Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen». Anlagen in Unternehmen, welche sich um die Aufbereitung, Reinigung, Verteilung, Analyse, Entsalzung oder Speicherung von Wasser kümmern, kommen hier in Frage. Analog dazu findet man Anlageideen zu den SDGs «Massnahmen zum Klimaschutz» oder «Gesundheit und Wohlergehen».
Solche Anlagelösungen existieren ja aber bereits seit Jahren. Was soll neu daran sein?
Neu daran ist aus meiner Sicht, dass die erwähnten Strategien zwar noch existieren, jedoch die Herangehensweise logisch weiterentwickelt wurde. So zielen beispielsweise die sogenannten Impact-Investment-Strategien darauf ab, eine messbare positive Wirkung für die jeweilige Herausforderung zu erreichen. Hier steht weniger die Angebots- und Produktseite im Vordergrund als vielmehr die Auswirkung. Die Kunst ist hier, diese Ansprüche auch zu dokumentieren. Allerdings setzen sich die ESG-Research-Anbieter seit geraumer Zeit intensiv damit auseinander, die Informations- und somit auch die Entscheidungsgrundlage wird immer besser.
Wie setzt Hauck & Aufhäuser dieses Thema um?
Wir investieren ja in den «PRIME VALUES Fonds» seit über 20 Jahren gemäss Prinzipien der Nachhaltigkeit sowie einer klar deklarierten ethischen Grundlage. Diese Anlagestrategie entspricht im Grundsatz seit Jahren den Millennium Goals (2000 bis 2015) sowie den Sustainable Development Goals (2015 bis 2030). Da nicht nur ökologische Kriterien die Beurteilungspraxis unseres unabhängigen Ethik-Komitees bestimmen, sondern von Anfang an auch soziale, weist unser Analyse-Schema zu allen SDGs klare Bezugspunkte auf. Ein weiteres Beispiel: Bei der Analyse von Staatsanleihen bewerten wir Institutionen, Rechtsstaatlichkeit und Lebensbedingungen. Dadurch tragen wir dem SDG 16 «Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen» Rechnung. Unsere ganzheitliche Sicht auf die Investments gehen Hand in Hand mit den 17 Entwicklungszielen und gehören quasi zu unserer DNA.
Mit «Zeedin» bietet Hauck & Aufhäuser in Deutschland nun auch eine digitale Vermögensverwaltung an. Was hat Ihr Mutterhaus dazu veranlasst und wird das Thema Nachhaltigkeit auch implementiert?
Kurz zum Einstieg, für was das Wort «Zeedin» steht: «Zeed» ist aus dem Englischen «to seed» abgeleitet und steht für Wachstum und Ertrag. Die Endung «in» steht für Investment, Intelligenz, Innovation und Individualität. Über «Zeedin» können unsere Kunden - vorerst nur in Deutschland - je nach Anlagesumme in drei unterschiedliche Produkte investieren: Fondsgebundene Vermögensverwaltung (ab 50’000 Euro), klassische Einzeltitel-Vermögensverwaltung (ab 150’000 Euro) und die bewährte nachhaltige Einzeltitel-Vermögensverwaltung (ab 300’000 Euro). Aus Banksicht erweitern wir mit «Zeedin» also unsere Zielgruppen. Unsere «Zeedin»-Kunden haben ab sofort die Möglichkeit, bereits ab einer Anlagesumme von 50’000 Euro mit einem Individualdepot in die Strategien von Hauck & Aufhäuser zu investieren, wobei der aktuell stationäre Vertrieb eine Vermögensverwaltung ab höheren Einstiegssummen als sinnvoll erachtet. Unser Private-Banking-Angebot steht nunmehr einer grösseren Kundenzahl zur Verfügung. Zugleich ist es eine Antwort auf die veränderten Bedürfnisse nach einem digitalen Zugang zu Vermögensanlage - jederzeit und überall. Denn wir glauben, dass in der klugen Kombination aus smarter Technologie und menschlicher Kompetenz die Zukunft der Vermögensverwaltung liegt.
Worin unterscheidet sich «Zeedin» von den derzeit am Markt angebotenen digitalen Vermögensverwaltern?
«Zeedin» zeichnet sich durch einen hohen Grad an Individualität gepaart mit einem hybriden Beratungsansatz aus. Denn im Gegensatz zu anderen digitalen Angeboten bieten wir auch eine Vermögensverwaltung auf Einzeltitelbasis an. Bei Bedarf ist eine weitere Individualisierung des Anlagevorschlags durch Anpassung der Anlageklassen möglich. Darüber hinaus haben Interessenten die Möglichkeit, Fragen via Chat direkt an einen Experten von Hauck & Aufhäuser zu richten und bei Bedarf die Co-Browsing-Funktion für ein weiterführendes Gespräch zu nutzen.
Was verstehen Sie unter einem hybridem Beratungsansatz?
Ein digitaler Zugang ist bequem und sicher zeitgemäss, dennoch sind wir davon überzeugt, dass Kunden einen Ansprechpartner für Fragen benötigen. Deshalb setzen wir mit «Zeedin» auf ein hybrides Beratungsmodell. Bereits in der Anlagestrecke können Kunden allgemeine Fragen per Chat an unser Customer-Service-Team stellen oder bei spezifischen Fragen zu ihrem Anlagevorschlag digital einen Termin mit einem Kundenberater unseres Hauses ausmachen. Darüber hinaus haben «Zeedin»-Kunden die Möglichkeit, zwischen weiteren optionalen kostenfreien Serviceleistungen zu wählen, wie etwa der Teilnahme an volkswirtschaftlichen Webinaren oder einem Portfolio-Review-Gespräch mit einem Experten von Hauck & Aufhäuser.
Roman Limacher, CIWM, verantwortet seit über zehn Jahren den Investment-Ethik-Prozess der traditionsreichen PRIME VALUES Ethikfonds. Er betreut bei der Hauck & Aufhäuser (Schweiz) AG private und institutionelle Kunden mit Fokus auf nachhaltige Geldanlagen. Zuvor war er bei EY und bei einer Gesellschaft der heutigen SIX Group tätig.