«Unsere Lieblingsregion ist die Eurozone»

07.07.2017
Herr Nevado, als Multi-Asset-Manager stehen Ihnen mehrere Anlageklassen offen. Wo sehen Sie momentan die grössten Risiken?
Vorsichtig sind wir bei den Staatsanleihen. Vor allem die so genannten «sicheren Häfen» - also Anleihen grosser Emittenten wie Deutschland und die USA - werden inzwischen zu sehr hohen Kursen gehandelt. Das macht sie anfällig für eine Korrektur. Wir betrachten immer auch die Relationen zwischen den Anlageklassen, und da bieten Aktien derzeit einen deutlichen Aufschlag im Vergleich zu Anleihen. Aber es gibt Ausnahmen: Interessant finden wir einige Staatsanleihen aus den Peripheriestaaten der Eurozone und Lateinamerika sowie einige Unternehmensanleihen.
Und welche Assetklassen finden Sie aktuell interessant?
Unser Favorit sind in jeden Fall Aktien. Die Unternehmen profitieren von der weltweiten Erholung der Konjunktur, die nun schon seit einer Weile anhält. Die Börsenkurse sind bereits gestiegen und nicht mehr so billig wie noch vor ein paar Jahren. Obwohl das Wirtschaftswachstum ziemlich robust ist, hält sich in manchen Ländern ein gewisser Pessimismus - wahrscheinlich noch als Erinnerung an die Erfahrungen in der Finanzkrise. Genau dort finden wir noch attraktiv bewertete Aktien.
Wo finden Sie diese Perlen?
Das lässt sich nicht pauschal sagen. Der US-Markt zum Beispiel gilt mittlerweile insgesamt als relativ teuer. Manche Branchen jedoch bieten immer noch günstige Einstiegskurse und gutes Potenzial, etwa Banken und Technologiefirmen. Unsere Lieblingsregion ist die Eurozone. Europäische Aktien haben in den letzten Monaten zwar einen ordentlichen Aufschwung erlebt, weil die positiven Wirtschaftsdaten für Optimismus sorgen und die politischen Unsicherheiten etwas verdrängen. Trotzdem glauben wir, dass noch mehr in Europa steckt. Die aus fundamentaler Sicht faire Bewertung hat dieser Markt noch nicht erreicht.
Viele globale Aktienindizes haben erst neue Höchststände erreicht. Steigt dadurch nicht das Verlustrisiko?
Wir sehen das grösste Risiko, in eine überbewertete Anlage zu investieren. Doch ein Rekordhoch des Index bedeutet nicht automatisch, dass auch die Bewertung auf Höchststand liegt. Die Kurse müssen vielmehr im Verhältnis zu den Konjunktur- und Unternehmensdaten betrachtet werden. Diese Grundlage hat sich in den letzten Monaten immer weiter verbessert.
Wie gehen Sie mit der Volatilität um?
Viele Anleger sorgen sich, wenn die Börsen schwanken und möchten Unsicherheit vermeiden. Wir nehmen Volatilität dagegen als Chance wahr, wenn der Markt viel stärker auf Nachrichten reagiert als gerechtfertigt. Bei Wahlen ist das häufig der Fall. Doch bevor wir investieren, fragen wir immer: Welchen Preis bietet mir der Markt für diese Anlage und kompensiert er mich ausreichend für das tatsächliche Risiko, das ich eingehe?
Juan Nevado kam 1988 zu PPM (heute M&G) und ist seit 1999 Mitglied des Multi-Asset-Teams unter der Leitung von Dave Fishwick. Vor seinem Einstieg bei M&G war er als Anleihen-Experte für die Bank of Montreal sowie zuvor als Wirtschaftsexperte für die private Unternehmensberatung Commodities Research Unit tätig, die sich auf Makro- und Mikroresearch im Bereich Rohstoffmärkte spezialisiert hat. Im Januar 2011 wurde Juan Nevado zum Co-Manager des M&G Episode Growth Fund, des M&G Episode Allocation Fund sowie des M&G Dynamic Allocation Fund ernannt. Er besitzt einen Bachelorabschluss der London School of Economics in Wirtschaftswissenschaften sowie einen Master der gleichen Fachrichtung von der Universität Warwick.