«Value funktioniert nicht jedes Jahr - aber über die Zeit

Portfoliomanager der Classic Funds
Braun, von Wyss & Müller Value Investing, FL-Triesen/Wilen
bwm.ch
08.01.2015
Herr von Wyss, lassen Sie uns Bilanz ziehen. Lief das Jahr 2014 nach Ihren Vorstellungen?
Wir hatten und haben keine Vorstellungen! Aber wir hätten gerne den Markt geschlagen. Doch das ist uns leider nicht gelungen. Allerdings kann unser Value-Stock-Picking-Ansatz nicht jedes Jahr outperformen. Das ist gewissermassen der Preis, den man für die langfristige Zusatzrendite des Value-Stils bezahlen muss - sie betrug für unseren Classic Global Equity Fund seit seinem Start Ende 1997 gegenüber dem MSCI World Index durchschnittlich 7-Prozent-Punkte pro Jahr.
Warum war 2014 nicht so gut?
Unsere Portfolios sind mit 25 bis 30 Titeln stark fokussiert. Da sind Abweichungen vom Index - leider manchmal auch nach unten - vorprogrammiert. Letztes Jahr haben uns die Positionen im Bereich Oil Services, wo wir zu früh eingestiegen sind, sowie unsere zyklischen europäischen Firmen viel relative Rendite gekostet. Zudem haben wir keine Pharma-Aktien gehalten.
Wird 2015 einfacher?
Das können wir nicht sagen. Sicher sind unsere Titel unterbewertet. Man kann aber nie auf ein Jahr voraussagen, wann sie ihre Unterbewertung korrigieren. Ich weiss noch, wie wir kritisiert und sogar ausgelacht wurden, als wir vor 18 Monaten Microsoft gekauft haben, einer unserer besten Performer von 2014.
Was ist denn besonders unterbewertet?
Sicher gehören unsere Oil-Services-Aktien zu den günstigeren auf mittlere Sicht, wobei wir eine weitere, kurzfristige Korrektur nicht ausschliessen können, je nach Entwicklung des Ölpreises. In unserem Blog haben wir im letzten November unsere Logik hinter dieser Position erklärt.
Welchen Einfluss haben die Währungsentwicklungen auf Ihre Arbeit?
Natürlich können Währungen kurzfristig einen grossen Einfluss auf die Performance haben. Aber da wir ihre Entwicklung nicht voraussagen können und unsere langen Haltefristen Hedging nach Abzug der Kosten sinnlos machen (wie auf unserem Blog im Oktober 2012 beschrieben), verzichten wir auf Absicherung.
Und die Politik, beispielsweise die Ukraine-Krise?
Wenn wir ein Risiko identifizieren, das aus der Politik kommt, und es wenig kostet, dieses Risiko abzusichern, dann tun wir das mit Puts. Wie im vergangenen Sommer, als die Ukraine-Krise eine unheilvolle Dynamik entwickelte und ausser Kontrolle zu geraten drohte. Wir haben den Hedge aber nicht erneuert, als die Krise quasi zum courant normal wurde.
Was sind Ihre beruflichen Wünsche fürs neue Jahr?
Viele gute, unterbewertete Aktien zu finden - allerdings ohne Marktcrash!
Georg von Wyss ist Teilhaber und zusammen mit Thomas Braun für das Portfoliomanagement und die Finanzanalyse verantwortlich.