Vermögensverwaltung ist keine isolierte Dienstleistung

10.04.2014
Herr Dr. Trauth, welche Dienstleistungen bietet Ihr Unternehmen nebst der klassischen Vermögensverwaltung an?
Die Vermögensverwaltung ist sicher ein wichtiger Bestandteil unseres Angebotes. Allerdings verstehen wir die Vermögensverwaltung nicht als isolierte Dienstleistung. Vielmehr sollte diese möglichst in ein kundenspezifisches Gesamtkonzept eingebettet sein. Die individuellen Rahmenbedingungen, die weit über Ertragsziele und Risikoappetit hinausgehen, sollten wenn immer möglich das Vermögensverwaltungskonzept prägen. Ausserdem gibt es etliche weitere Fragestellungen, bei denen eine unabhängige Drittmeinung Sinn macht. Dies können Fragestellungen zur Strukturierung des Privatvermögens in rechtlicher oder steuerlicher Hinsicht sein aber auch unternehmerische Fragestellungen. In einzelnen Fällen werden wir auch zum Sparringpartner in Bezug auf die unternehmerischen Aktivitäten unserer Kunden.
Auf Ihrer Website liest man, dass dem Risikomanagement eine hohe Priorität zukommt. Können Sie dies näher erklären?
Ich bin überzeugt, dass Risikomanagement die Basisdienstleistung für unsere Kunden sein muss. Portfolio Management ist in erster Linie natürlich auch der bewusste Umgang und die Steuerung von Risiken. Wir setzen einen sogenannten Risiko-kontrollierten Portfolio-Management-Ansatz ein, der mit Risikobudgets und Verlust-Limiten arbeitet. Aus meiner Erfahrung heraus sind Verlustrisiken deutlich besser fassbar und zu verstehen als Volatilitätsmasse. Auch für die gesamtheitliche Beratung der Kunden steht das Risikomanagement im Zentrum. Wir wollen helfen, für den Kunden Risiken zu erkennen, zu besprechen und dann geeignete Massnahmen vorzuschlagen. Dies kann im Zusammenhang mit der Auswahl von anderen Finanzintermediären, mit der unternehmerischen oder beruflichen Tätigkeit, mit Finanzierungsfragen aber auch im Zusammenhang mit der familiären Situation stehen.
Die behördlichen Anforderungen und Auflagen auch an unabhängige Vermögensverwaltungen steigen stetig. Kommen Sie überhaupt noch zur eigentlichen Arbeit, der Betreuung der Kundenvermögen?
Natürlich steigen die regulatorischen Anforderungen und nehmen mehr Zeit in Anspruch. Aus meiner Sicht liegt das Problem der zunehmenden Regulation - man kann mittlerweile auch von einer Überregulierung sprechen - darin, dass diese für die Kunden zu erheblichen Nachteilen führt. Dies obwohl die Regulierung sicher jeweils gut gemeint ist. Als Beispiel möchte ich anführen, dass es für US-amerikanische Kunden immer schwieriger wird, im Ausland eine Bank zu finden. In Deutschland ziehen sich immer mehr Banken aus dem aktiven Anlageberatungsgeschäft zurück, da sie den zunehmenden Dokumentations- und Beweispflichten nicht mehr nachkommen können oder wollen. Auch sehe ich es in der Schweiz mit Sorge, dass immer mehr kleine Beratungsunternehmen dem Regulierungsdruck nicht mehr standhalten können. Dies obwohl ich der Meinung bin, dass gerade kleine und fokussierte Berater sehr viel zielgerichteter und individueller auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse eingehen können.
Sie sind schon lange im Geschäft. Was hat sich in den letzten drei Jahren am meisten verändert?
Aus meiner Sicht sind es vor allem drei Entwicklungen. Erstens wurde das Vertrauen der Anleger in die Banken und das Finanzsystem erschüttert. Dadurch hat sich eine zum Teil durchaus gesunde kritische Distanz des Kunden dem Finanzberater gegenüber entwickelt. Zweitens - und dies ist eine spezielle Entwicklung in den Offshore-Zentren - gibt es kein Geschäftsmodell mehr, das auf Steuervermeidung basiert. Die Finanzdienstleistungen im grenzüberschreitenden Geschäft müssen neu erfunden werden, was mit erheblichen neuen Anforderungen an Banken und andere Finanzintermediäre einhergeht. Drittens schliesslich hat die Finanzkrise zu einer Regulierungswelle geführt, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle sowie das Dienstleistungs- und Produktangebot des Finanzsektors haben.
Macht Ihnen die Arbeit noch so viel Spass wie früher, wie motivieren Sie sich?
Absolut. Zum einen besteht gerade in Zeiten der Verunsicherung die grosse Chance, noch enger mit den Kunden zusammen zu arbeiten und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Ausserdem erachte ich das Private Wealth Management als einen überaus spannenden Bereich mit erheblichem Potential, um die Dienstleistungen weiter zu professionalisieren.
Die Banken sind laufend daran, ihre Dienstleistungen zu verbessern. Viele von ihnen haben dafür grosse Budgets. Welche Chancen bleiben da einer unabhängigen Vermögensverwaltung wie Blue Horizon Wealth Partner?
Es liegt auf der Hand, dass Banken alle Voraussetzungen haben, um die bestmögliche Dienstleistung für den Kunden zu erbringen. Und trotzdem tun sie es nicht. Warum? Zum einen haben Kunden häufig Vorbehalte gegenüber der Institution Bank und halten Informationen zurück. Es fällt häufig leichter, einem unabhängigen Berater einen grösseren Einblick in die private Lebens- und Finanzsituation zu geben. Zum anderen sind Bankmitarbeiter nun mal nicht wirklich unabhängig. Banken müssen möglichst margenstarke Produkte verkaufen, um Ihren Setup zu finanzieren. Jedoch werden Banken immer eine starke Rolle als Basisplattform und als Anbieter von Finanzprodukten spielen.
Oder haben sich die Möglichkeiten gar verbessert? Weil die Grösse eines Unternehmens bekanntlich nicht der alles entscheidende Faktor aus Sicht eines Anlegers bei der Wahl seines Partners ist.
Meine These ist, dass kleinere Unternehmen tendenziell Vorteile haben, wenn es um individuelle, unabhängige und massgeschneiderte Beratungsdienstleistungen geht. Am Ende des Tages werden die Kunden entscheiden, ob sie eine grössere Institution oder kleinere Beratungsunternehmen bevorzugen. Ich hoffe, dass trotz zunehmender Regulation die Kunden die Wahlfreiheit auch weiterhin haben werden.
Wo orten Privatanleger aus Ihrer Sicht momentan die grössten Risiken? Und was ist Ihre Antwort darauf?
Aus meiner Sicht sind nach der Banken- und der anschliessenden Staatsschuldenkrise die Anleger sehr verunsichert, wie sicher das Finanzsystem und die Banken wirklich sind. Vielen Privatanlegern war nicht bekannt, dass die Sichteinlagen bei einer Bank dem Risiko einer Bankeninsolvenz ausgesetzt sind. Auch die drohende Insolvenz von ganzen Staaten und die enorme Höhe der Staatsschulden schüren Ängste. Und schliesslich fürchten sich viele Anleger vor einer erneuten Rezession, aber auch gleichzeitig vor Inflation. Ein guter Finanzberater sollte in jedem Fall versuchen, die Ängste und die Risikowahrnehmung des Kunden in Erfahrung zu bringen und zu verstehen. Viele Missverständnisse lassen sich so vermeiden. In jedem Fall müssen die Risiken ernst genommen werden. Offensichtlich lassen sich durch Diversifikation im Portfolio aber auch bei der Zusammenstellung der Banken Risiken vermindern. Wo immer möglich, versuchen wir natürlich auch die Risiken zu relativieren. Wenn dies nicht möglich ist, kann man gleichwohl auf die Ängste der Kunden eingehen. In einem Fall hatte ich einen Kunden, der davon ausging, dass in den nächsten 5 bis 10 Jahren neben dem 3. Weltkrieg auch den Kollaps des weltweiten Finanzsystems bevorstehen würde. Auch wenn dies bei weitem nicht meine Auffassung ist, haben wir doch für diesen Kunden basierend auf seinen Annahmen ein Portfolio von krisenresistenten Anlagen konstruiert. Zu meinem eigenen Erstaunen hatte sich dieses Portfolio zumindest phasenweise überdurchschnittlich gut entwickelt.
Dr. Thomas Trauth ist Gründer und Managing Partner von Blue Horizon Wealth Partner AG. Zuvor war er Chief Executive Officer (CEO) und Chief Investment Officer (CIO) einer liechtensteinischen Privatbank sowie in verschiedenen Managementpositionen bei einer Schweizer Grossbank tätig. Dr. Trauth verfügt über eine breite Erfahrung in den Bereichen Wealth Management, Portfoliomanagement und Risikomanagement. Er ist Chartered Financial Analyst (CFA) und Financial Risk Manager (FRM).