«Viele Small-Cap-Firmen bereiten sich auf eine anhaltende wirtschaftliche Erholung vor»

06.11.2020
Herr Gannon, wie schätzen Sie das derzeitige Investitionsumfeld für Small Caps ein?
Die Stärke des Marktes, der die Tiefststände von Mitte März überwunden hat, war eine angenehme Überraschung. Die Wirtschaft wächst stärker als angenommen. Viele Unternehmen kommen voran und bewältigen diese aussergewöhnliche Zeit effektiv. Die Märkte verhalten sich überwiegend so, wie wir es bei einer typischen Erholung von einer Rezession erwarten würden. Angesichts der Tatsache, dass ein Grossteil der Welt gefühlt auf dem Kopf steht, ist es interessant, wie «normal» das Investitionsumfeld bisher gewesen ist.
Welchen Effekt hat Covid-19 bisher auf die Small Caps?
Da das Coronavirus ein exogenes Ereignis ist, denke ich, dass es die Aussicht auf eine nachhaltige Erholung wahrscheinlicher macht. Einigen unserer Portfoliounternehmen, wie etwa solchen mit Exposure zum Wohnungsbau und bestimmten Nischen des Konsumsektors, geht es recht gut. Darüber hinaus bereiten sich viele der Managementteams, mit denen wir in Branchen wie Chemie, Elektrogeräte und Maschinen gesprochen haben, auf eine anhaltende wirtschaftliche Erholung vor. Was am meisten auffällt, ist die beträchtliche Kluft zwischen der Wahrnehmung und den tatsächlichen Fundamentaldaten. Selbst wenn der Markt steigt, scheint ein Grossteil der Welt besorgt über die allgemeine Gesundheit der Unternehmen zu sein, insbesondere bei den Small Caps, wo die Unternehmen oft als weniger finanziell gesund angesehen werden. Dennoch sehen wir eine grosse Anzahl von Small-Cap-Unternehmen, die über einen soliden freien Cashflow, starke Bilanzen und fähige, innovative Managementteams verfügen, die das ganze Jahr 2020 hindurch auf hohem Niveau arbeiten. Das sind die Art von Eigenschaften, die unserer Meinung nach Unternehmen helfen werden, gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
In welchen Bereichen konnten aktive Asset Manager im bisherigen Jahresverlauf ihre Trümpfe ausspielen?
Der zentrale Punkt war die sprunghaft angestiegene Volatilität. In den Portfolios, die ich manage, sind wir immer auf der Suche nach Eigenschaften wie starken Bilanzen, Branchenführerschaft und Innovation. Dies sind die Qualitäten, die Unternehmen in der Vergangenheit geholfen haben, schwierige Märkte zu überstehen und sich erfolgreich zu erholen. Wenn der Markt von Volatilität geprägt ist, werden diese Attribute sozusagen zum Verkauf angeboten, weil so viele Investoren damit beginnen zu verkaufen, ohne die Fundamentaldaten oder den langfristigen Erfolg zu berücksichtigen. Diese kurzfristige Denkweise ist etwas, das jeder effektive aktive Manager zu seinem Vorteil zu nutzen versucht. Bisher haben wir in diesem Jahr extreme Volatilität im Februar und März und weniger dramatische Fälle im Juli und September erlebt - und wir haben in jedem Zeitraum aktiv gekauft.
Wo gab es aktuelle interessante Möglichkeiten für Investoren?
Ich denke, eine der interessanteren Geschichten im dritten Quartal war die Stärke der nichtamerikanischen Small Caps. Zusammen mit ihren nicht US-amerikanischen Large-Cap-Pendants übertrafen sie im dritten Quartal die inländischen Small-Cap-Aktien und schlugen in allen drei Monaten den Russell 2000 Index. Ebenso bemerkenswert ist, dass die nichtamerikanischen Small Caps (gemessen am MSCI ACWI ex-USA Small Cap Index) in drei der letzten vier Quartale ihre US-amerikanischen Small-Cap-Kollegen übertroffen haben und nun auf Einjahresbasis nach mehreren Jahren Rückstand wieder vorne liegen. Dies könnte der Beginn einer längeren Periode attraktiver Renditen für nicht-amerikanische Small Caps sein.
Worauf sollten sich Anleger langfristig einstellen?
Ich bin optimistisch. Was mich darin bestärkt, ist das Fehlen von zwei negativen Indikatoren, die häufig Schwierigkeiten vorausgehen oder Herausforderungen für Small-Cap-Bestände darstellen. Der erste ist eine aggressive Federal Reserve, die die Zinssätze erhöht. Die jüngsten Ankündigungen der Fed deuten auf das genau entgegengesetzte Szenario hin, bei dem sich die Zentralbank damit zufrieden gibt, die Zinssätze zumindest in den nächsten Jahren auf ihrem derzeitigen, nahe Null liegenden Niveau zu belassen. Das zweite Szenario wäre eine drohende Rezession, aus der wir geradeheraus kommen. Doch zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint sich die Wirtschaft fest (wenn auch unregelmässig) im Erholungsmodus zu befinden, nachdem sie die Rezession in den Rückspiegel geschoben hat.
Link zum Disclaimer
Francis Gannon ist seit 2006 bei Royce Investment Partners tätig und heute Co-Chief Investment Officer und Managing Director. Zuvor war er Investmentstratege und Portfolio Manager bei AIG SunAmerica Asset Management. Gannon besitzt einen Bachelor-Abschluss und einen Master-Abschluss des Boston College.