Vom Vertriebsträger zum Kundenberater: Erste Erfahrungen mit der Registrierung von Kundenberatern im Beraterregister

26.10.2020
Herr Alder, was hat sich seit Ihrem letzten Interview im März 2020 betreffend Beraterregister geändert?
In der Zwischenzeit hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA drei Beraterregister genehmigt. Damit wurde automatisch die vom Gesetzgeber vorgesehene sechsmonatige Übergangsfrist zur Registrierung der Kundenberater in einem Beraterregister ausgelöst.
Was bedeutet dies konkret für die bisherigen Fondsvertriebsträger?
Vertriebsträger kennt das neue Gesetz nicht mehr. Neu fallen diese unter den Begriff Kundenberater (von Finanzdienstleistern). Da das erste Beraterregister (Anmerkung: dabei handelt es sich um die BX Swiss AG) am 20. Juli 2020 von der FINMA genehmigt wurde, müssen Kundenberater, welche eine Finanzdienstleistung erbringen und nicht von einer gesetzlichen Ausnahme profitieren, bis spätestens am 19. Januar 2021 ein Gesuch um Eintragung in einem Beraterregister einreichen.
Müssen sich alle Kundenberater eintragen lassen?
Ja, sofern ihre Tätigkeit als Finanzdienstleistung qualifiziert und das Gesetz keine Ausnahme vorsieht. Eine Finanzdienstleistung liegt u.a. nur dann vor, wenn sich diese an Endkunden richtet. Der Endkunde ist ein Kunde, der die Finanzdienstleistung für sich selbst bezieht, weshalb von der FINMA beaufsichtigte Finanzdienstleister in der Regel nicht als Endkunden gelten (ausser sie beziehen die Finanzdienstleistung auf eigene Rechnung, sogenanntes Nostro-Geschäft). Als Endkunden gelten aber beispielsweise von der FINMA nicht beaufsichtigte professionelle Anleger wie Pensionskassen, weshalb der Grossteil der ehemaligen Fondsvertriebsträger Finanzdienstleistung erbringen darf und damit registrierungspflichtig ist (sofern keine gesetzliche Ausnahme gilt).
Welche Ausnahmen sieht das Gesetz vor?
Von der Registrierungspflicht ausgenommen sind u.a. Kundenberater von inländischen Finanzdienstleistern, welche von der FINMA beaufsichtigt sind, wie beispielsweise Kundenberater von Banken. Ebenfalls ausgenommen hat der Gesetzgeber Kundenberater von ausländischen Finanzdienstleistern, die im Ausland einer prudenziellen Aufsicht unterstehen, soweit sie ihre Finanzdienstleistungen in der Schweiz ausschliesslich gegenüber professionellen oder institutionellen Kunden erbringen. Eine Pflicht zur Eintragung besteht somit für Kundenberater von nicht beaufsichtigten inländischen Finanzdienstleistern (zum Beispiel ehemalige FINMA bewilligte Vertriebsträger), von im Ausland nicht beaufsichtigten Finanzdienstleistern sowie für Kundenberater von im Ausland beaufsichtigten Finanzdienstleistern, sofern diese ihre Finanzdienstleistung in der Schweiz auch gegenüber Privatkunden (wozu auch vermögende Privatpersonen zählen können) erbringen.
Unterstützt die FIFS Kundenberater bei der Registrierung im Beraterregister?
Als Vertreter von ausländischen Fonds haben wir in der Vergangenheit eng mit Fondsvertriebsträgern zusammengearbeitet und diese bei der Erfüllung der regulatorischen Anforderungen unterstützt. Diese enge Zusammenarbeit führen wir auch mit Kundenberatern von Finanzdienstleistern im Bereich Fondsvertrieb fort. Aus diesem Grund bieten wir Kundenberatern Unterstützung bei der Registrierung im Beraterregister und bei der Erfüllung der weiteren Anforderungen am «Point of Sale» an. Wir haben bereits für verschiedene Kundenberater die Registrierung vorgenommen und wissen, worauf bei einer Registrierung besonders zu achten ist.
Können Sie uns mehr zu den Registrierungsvoraussetzungen sagen?
Jeder Kundenberater muss nachweisen, dass er über hinreichende Kenntnisse der anwendbaren Verhaltensregeln sowie über das für seine Tätigkeit notwendig Fachwissen verfügt. Zudem muss er den Nachweis erbringen, dass eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen wurde und er bzw. der Finanzdienstleister, für welchen der Kundenberater tätig ist, sich einer Ombudsstelle angeschlossen hat. Schliesslich muss er auch nachweisen, dass er nicht im Strafregister verzeichnet ist und gegen ihn kein Berufsverbot betreffend die einzutragende Tätigkeit vorliegt.
Welches sind die Stolpersteine, auf welche es bei einer Registrierung zu achten gibt bzw. was empfehlen Sie Kundenberatern, die sich registrieren wollen?
Ganz wichtig ist eine gute Vorbereitung. Dazu zählt das sorgfältige Zusammenstellen der notwendigen Nachweise und Dokumente (wie beispielsweise Bescheinigung der Berufshaftpflichtversicherung, aktueller Strafregisterauszug des Wohnsitzstaates, aktueller Lebenslauf etc.) vor Beginn des Registrierungsprozesses. Beim Strafregisterauszug gilt es darauf zu achten, dass dieser bei Einreichung des Gesuches nicht älter als 90 Tage ist. Der Lebenslauf muss datiert und vom Kundenberater unterzeichnet sein.
Welches ist bisher die grösste Herausforderung bei der Zusammenstellung der notwendigen Dokumente?
Die grösste Herausforderung besteht zurzeit bei der Einreichung einer korrekten Bescheinigung der Berufshaftpflichtversicherung für den einzelnen Kundenberater. So muss aus der Versicherungspolice beispielsweise ersichtlich sein, dass die Deckungssumme für den einzutragenden Kundenberater ausreicht und diese die vom Gesetz vorgesehene ordentliche Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten aufweist. In der Praxis kann es nun Probleme geben, da die Pflicht zur Eintragung im Beraterregister beim einzelnen Kundenberater liegt, die Berufshaftpflichtversicherung aber oftmals vom global tätigen Finanzdienstleister des Kundenberaters abgeschlossen und die Versicherungspolice daher nicht explizit auf den einzutragenden Kundenberater ausgestellt ist. In solchen Fällen ist es für das Beraterregister schwierig zu prüfen, ob die Deckungssumme der Versicherungspolice für den oder mehrere einzutragende Kundenberater genügt. Insbesondere im Ausland ansässige Versicherungsanbieter haben die neuen Anforderungen in der Schweiz in ihren Policen noch nicht berücksichtigt. In der Regel können solche Anpassungen der Versicherungspolicen an die gesetzlichen Anforderungen in der Schweiz aber relativ zügig vorgenommen werden.
Was gilt betreffend Nachweis der Kenntnisse der Verhaltensregeln? Welche Anforderungen stellt das Beraterregister an diesen Nachweis?
Das Beraterregister muss sicherstellen, dass die Kundenberater die neuen Verhaltensregeln am «Point of Sale» kennen. Zu diesem Zweck veröffentlicht das Beraterregister BX Swiss AG eine Liste mit den von ihr akzeptierten Aus- und Weiterbildungen. Die Liste umfasst zurzeit verschiedene Anbieter, welche unterschiedliche Aus- und Weiterbildungen anbieten. Neben herkömmlichen Ausbildungen mit Präsenzunterricht gibt es auch Angebote für Ausbildungen via E-Learning und Online-Tests.
Bietet die FIFS eine solche Aus- und Weiterbildung auch an?
Ja, aufgrund unserer langjährigen Erfahrung in der Schulung von Fondsvertriebsträgern bieten wir eine solche Ausbildung an. Unsere Schulung konzentriert sich dabei auf die anwendbaren Verhaltensregeln am «Point auf Sale» im Rahmen der Finanzdienstleistung «Fondsvertrieb», auf Abgrenzungsfragen zu Aktivitäten wie Angebot von und/oder Werbung für Fonds sowie auf die neuen Pflichten für Finanzdienstleister bzw. Kundenberater, sich einer Ombudsstelle anzuschliessen bzw. sich in ein Beraterregister einzutragen. Ein wichtiger Teil unserer Schulung ist der Bezug zur Praxis. Anhand von Beispielen zeigen wir auf, wie die neuen gesetzlichen Anforderungen am «Point of Sale» im Tagesgeschäft umgesetzt werden können. Nach erfolgreichem Abschluss der Schulung stellen wir den Teilnehmern ein Zertifikat aus, welches vom Beraterregister als Nachweis der Kenntnisse der Verhaltensregeln anerkannt ist. Wir gehen davon aus, dass das Beraterregister von den Kundenberatern auf periodischer Basis (zum Beispiel alle zwei Jahre) einen entsprechenden Nachweis betreffend Kenntnisse der Verhaltensregeln einverlangen wird. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Kundenberater dauernd über die am «Point of Sale» erforderlichen Kenntnisse verfügen.
In welcher Form halten Sie Ihre Schulung ab?
Für uns ist wichtig, dass ein direkter Austausch mit den einzelnen Kundenberatern möglich ist, da seitens Kundenberater regelmässig Fragen zur praktischen Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen auftreten. Aus diesem Grund finden unsere Schulungen in physischer Form oder - aufgrund der aktuellen Situation - via Online-Webinare (MS Teams, Zoom) statt.
Für welche Kundenberater ist Ihre Schulung geeignet?
Grundsätzlich für jeden im Fondsvertrieb tätigen Kundenberater, welcher sicherstellen will, dass er die neuen Verhaltensregeln am «Point of Sale» kennt. Positive Rückmeldung erhalten wir insbesondere auch von bestehenden Kunden (ehemalige Vertriebsträger), welche sich ins Beraterregister eintragen lassen müssen und für den Registrierungsprozess einen Nachweis betreffend Kenntnisse der Verhaltensregeln am «Point of Sale» benötigen. Diese schätzen es sehr, dass sie die Schulung für den Erhalt des notwendigen Nachweises beim Vertreter ihres Fonds absolvieren können. Auf Wunsch unterstützen wir die Kundenberater auch bei der initialen Registrierung im Beraterregister. Aber auch Kundenberater von (in- und ausländischen) Finanzdienstleistern, welche sich aufgrund der Ausnahmebestimmung nicht ins Beraterregister eintragen lassen müssen, sind an unserer Schulung interessiert. Denn auch diese müssen von Gesetzes wegen die anwendbaren Verhaltensregeln am «Point of Sale» kennen und einhalten, unabhängig davon, ob eine Registrierungspflicht besteht oder nicht.
Link zum Disclaimer
Jürg Alder stiess Ende 2014 als Verantwortlicher des Bereichs Recht & Compliance zur FIRST INDEPENDENT FUND SERVICES AG. Seit anfangs 2017 ist er Mitglied der Geschäftsleitung und wurde per 1. Januar 2019 zum Geschäftsführer ernannt. Alder ist über 15 Jahre im Fondsbereich tätig, sechs Jahre davon als stellvertretender Geschäftsführer einer Schweizer Fondsleitung. Er ist in Chur aufgewachsen, hat in St. Gallen Rechtswissenschaften studiert und in Kapstadt ein Zusatzstudium absolviert.