Von St. Moritz via San Diego und Vicenza nach Lugano

09.07.2021
Herr Degiacomi, Sie stammen von einer bekannten St. Moritzer Hoteliersfamilie und sind ein erfolgreicher Sportsmann (u.a. Golf, Skeleton). Jetzt sind Sie in Lugano gelandet. Wie kam es dazu?
Ich bin in einer Hoteliersfamilie in St. Moritz aufgewachsen und habe von klein auf mitbekommen, was Dienstleistung gegenüber Kunden und Partnern bedeutet. Der direkte Kontakt mit der exklusiven Kundschaft aus allen Herren Länder hat mich bis heute sehr stark geprägt. Auch heute pflege ich mich mit dieser Kundschaft regelmässig auf Augenhöhe auszutauschen. Mit der Absolvierung der Hotelfachschule Thun habe ich den Weg in die Hotellerie & Restauration eingeschlagen. In 2003 bin ich mit meiner Frau und unseren fünf Kindern für zwei Jahre nach San Diego gezogen. Dort konnte ich meiner Passion zum Golfsport frönen und habe die Ausbildung in Professional Golf Management erfolgreich absolviert. Nach Kalifornien sind wir wieder zurück nach Vicenza (die Stadt von Palladio), Venetien gezogen. Ich war dann einige Jahre im Golfmarketing tätig und habe Hickory-Golf- Events (Golf im 20er Jahre Stil) sowie massgeschneiderte Golfreisen für kleinere Gruppen organisiert.
Jetzt, wo auch die beiden jüngsten meiner fünf Kinder an Universitäten studieren oder schon im Arbeitsprozess sind, habe ich mich entschieden, nochmals einen neuen beruflichen Schritt zu wagen. So hat es mich nach Lugano in die Immobilienbranche gezogen. Hier kann ich meine profunden Kenntnisse der schweizerischen/deutschen Mentalität sowie der italienischen Mentalität beruflich bestens einsetzen und kombinieren.
Wie ist das Leben in Lugano? Macht Ihnen die Wärme nichts aus, Sie sind ja im Hochgebirge aufgewachsen?
Lugano ist eine kleine feine Stadt mit 60’000 Einwohnern und liegt am pittoresken Luganersee im Grenzgebiet zu Italien. Man spürt hier den grossen Einfluss der Lombardei mit der Metropole Mailand, welche man in nur knapp einer Stunde mit dem Auto oder bequem per Zug erreicht. In und um Lugano herrscht ein mediterranes Mikroklima, welches über das ganze Jahr sehr angenehm ist. Durch die Topografie der Seenlandschaft und den Bergen weht stets ein bisschen Wind. Drückend und schwüle Tage sind eher selten. Durch dass, das ich in Südkalifornien und Italien gelebt habe, habe ich mich mit der Zeit an ein wärmeres Klima als im Oberengadin gewöhnt. Ich liebe die hellen warmen Abende und ich fühle mich sehr wohl in Lugano. Geographisch gelegen liegt Lugano perfekt, denn in nur 2,5 Autostunden ist man in St. Moritz, Zürich, Genua oder Verona…
Haben Sie schon früh die Liebe zu schönen Immobilien entdeckt?
Schöne Immobilien haben mich seit meiner Jugendzeit in St. Moritz fasziniert. Wir haben uns in der Schule einen Sport daraus gemacht, dass wir in Erfahrung brachten, wem welche Villa am Suvretta-Hang gehört. Selbstverständlich haben wir bei Abwesenheit der Eigentümer in dessen Gärten gespielt. Eine Villa verfügte über eine eigene Minigolfanlage. Auf dieser haben wir des Öfteren gespielt. Durch Freundschaften hatte ich später auch Zugang in das Innenleben dieser Immobilien und dies nicht nur in St. Moritz, sondern weltweit. Immobilien sind so individuell wie wir Menschen es sind.
Bellinzona ist die Hauptstadt des Kantons. Lugano der Finanzplatz. Dann haben wir noch die bekannten Urlaubsorte Ascona und Locarno und natürlich noch viele weitere wunderschöne Orte. Wie können Sie da den Überblick für Ihr Geschäft haben?
Der Kanton Tessin ist ein sehr facettenreicher Kanton mit seinen unterschiedlichen Tälern und Orten. In der Tat ist es da nicht ganz einfach, den Überblick im Immobiliensektor zu behalten. Der Kanton Tessin wird durch den Monte Ceneri in das «Sopra Ceneri» und das «Sotto Ceneri» geteilt. Das Sopra Ceneri ist der nördliche Teil des Tessins. Zu diesem Teil gehören die bekannten Urlaubsorte Ascona und Locarno sowie die Täler Valle Verzasca und Valle Maggia. Hier wird vorwiegend Italienisch gesprochen, doch die deutsche Sprache ist in aller Munde. Das Sotto Ceneri ist der südliche Teil des Tessins mit der Stadt Lugano und dessen Einzugsgebiete wie das Malcantone und das Mendrisiotto. Hier wird ausschliesslich Italienisch gesprochen. Das Sotto Ceneri wird als das ursprüngliche Tessin angeschaut. Dies merkt man erst, wenn man hier lebt.
Wir verfügen über ein sehr gutes Immobilien-Netzwerk, welches uns diesbezüglich äusserst hilfreich ist. Es ist für mich selbstverständlich, meine Kontakte im Sotto Ceneri als auch im Sopra Ceneri stets bestens zu pflegen und auszubauen.
Entscheidend ist, dass man sich mit der Zeit auf ein spezifisches Segment von Immobilien spezialisiert, dann spielt die Örtlichkeit eine untergeordnete Rolle.
Immobilienpreise am Zürichsee und Genfersee sind astronomisch hoch. Wie sieht es entlang des Luganersees aus?
Im Tessin stehen momentan ca. 7‘000 Liegenschaften zum Verkauf. Vom einfachen Rustico bis hin zur Mega-Villa. In den ersten drei Monaten dieses Jahres haben die Immobilientransaktionen im Tessin einen regelrechten Boom erlebt. Die getätigten Transaktionen mit 1.3 Mrd. Schweizer Franken (1.2 Mrd. Euro) liegen fast 40 Prozent über denen des letzten Jahres. Wir beobachten zwei Tendenzen, welche zu diesem Anstieg der Transaktionen geführt haben. Eine hängt mit dem veränderten Bedarf an Wohnraum als Folge der Pandemie zusammen. Viele Menschen haben die Erfahrung gemacht, von zu Hause aus zu arbeiten, und dies hat einen Bedarf an grösseren Wohnungen geschaffen, insbesondere für Paare. Auch das Verhältnis zum Standort hat sich verändert: War es früher wichtig, in der Nähe des Arbeitsplatzes zu wohnen, haben die Kunden mit dem Smart Working begonnen, Standorte ausserhalb des Zentrums in Betracht zu ziehen: grösser, mit mehr Natur in der Umgebung und vielleicht sogar preiswerter.
Der zweite Trend ist das starke Wachstum der ausländischen und der Deutschschweizer Käufer. Durch die Pandemie ist die Attraktivität des Tessins stark angestiegen. Viele Deutschschweizer, die hier Urlaub machen, haben sich entschieden, hier zu kaufen, anstatt in Italien, Frankreich oder Spanien. Unter anderem ist die Nachfrage in weniger beliebten Gegenden und im Vergleich zur Vergangenheit gestiegen, zum Beispiel in der Gegend von Lugano im Vergleich zur Gegend von Locarno. Nicht zu vergessen ist die neue Zugsverbindung im Halbstundentakt zwischen Zürich und Lugano mit einer Reisezeit von knapp zwei Stunden. Lugano mutiert sich zu «Zürich-Süd»!
Wir verspüren auch eine Zunahme von internationalen Kunden aus Deutschland, Grossbritannien, Russland, Südamerika, den USA sowie anderen Nationen.
Das Tessin ist sehr attraktiv wegen seiner besonderen Mischung aus Klima und Natur, politischer Stabilität und Steuererleichterungen für wohlhabende Immobilienbesitzer.
All dies führt zu einem momentanen Preisanstieg sämtlicher Immobilien. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend auch in den nächsten zwei Jahren fortsetzen wird.
Link zum Disclaimer
Während meiner Studienzeit verdiente ich mein erstes Geld als Skilehrer und Golf-Caddie im Engadin/in St. Moritz. Seit meiner Jugend bin ich ein begeisterter Allround-Sportler. Meine sportliche Passion gehört seit 1974 dem Golfsport. Ich war Mitglied des regionalen Kaders sowie in der Auswahl der Schweizer Boys-Golf-Nationalmannschaft. Ich bin ein begeisterter Cresta-Fahrer und seit 1990 auch ein Club Color Holder des St. Moritz Tobogganing Club. Mit meiner Familie lebte ich in der Schweiz, in Kalifornien und Norditalien. Dabei pflegten und pflegen wir immer den lukullischen Traditionen und Werten zu frönen und sich von den neuen Tendenzen inspirieren zu lassen. Heute bin ich nach wie vor ein leidenschaftlicher Golfspieler und Cresta Rider sowie ein begeisterter Hobby-Koch. Ich interessiere mich auch für Fussball und Tennis. Sehr gerne halte ich mich in der Natur mit ausgiebigen Wanderungen und Spaziergängen in den Bergen als auch am Meer auf. Ich pflege einen gesunden Lebensstil. Neben Familie und Sport lese ich gerne und unterhalte mich mit interessanten Menschen über Gesellschaftsfragen, Geschäftsmodelle und allgemeine Zukunftsthemen.