«Vor zwölf Monaten haben wir unseren Fonds zum Thema Exponentielle Technologien lanciert»

01.07.2020
Herr Dr. von Bartenwerffer, wie ist es Ihnen und Ihrem Fonds in den ersten zwölf Monaten seit Fondsauflage ergangen?
Wir sind mit unserem Fonds sehr erfolgreich gestartet und konnten in den ersten zwölf Monaten aus dem Stand ein Fondsvermögen von knapp 150 Mio. Euro (160 Mio. Schweizer Franken) erreichen. Das enorme Potenzial exponentieller Technologien wurde von vielen Investoren schnell erkannt und die Rückmeldungen sind durchwegs positiv. Nach einem erfreulichen Start im Juli 2019 erschütterte zu Beginn des Jahres 2020 die Corona-Krise die Welt. Dies führte zu einem anspruchsvollen und volatilen Marktumfeld, welches unseren Fonds aber nur kurzzeitig belastete. Bereits am Osterwochenende Anfang April konnten wir wieder eine positive Jahres-Performance ausweisen und seither weiter steigern. Die turbulenten Monate Februar und März haben bewiesen, dass sich unsere Portfoliokonstruktion auch in schwierigen Marktphasen bewährt und der Fonds stabiler und mit deutlich geringerer Volatilität als der breite Markt und die Konkurrenz unterwegs ist - ohne das Ertragspotenzial zu kompromittieren.
Sie sprechen die Corona-Krise an, wie haben Sie auf diese aussergewöhnliche Situation reagiert und warum sind Sie so gut durch das Börsen-Unwetter gekommen?
Es ist ein Zusammenspiel aus drei Bausteinen, welche hier zum Einsatz gekommen sind. Haupttreiber der Stabilität unseres Produktes ist die solide Portfoliokonstruktion mit einem Drei-Säulen-System. In der ersten Säule investieren wir jeweils in eine Kerntechnologie (Core - aktuell superschnelle Datennetzwerke wie der neue Mobilfunkstandard 5G). Das sind grosse, etablierte Unternehmen am Markt. Sie verleihen dem Portfolio Stabilität. Die zweite Säule sind opportunistische Anlagen, wo wir in Trend- und Innovationsführer investieren, zum Beispiel aus den exponentiell wachsenden Bereichen Internet of Things, Virtual Reality, Gaming, Robotik oder Künstliche Intelligenz (KI). Diese Säule ist der Performance-Treiber und erwirtschaftet etwa zwei Drittel der Rendite. Die dritte Säule ist die taktische Absicherung. Sie dient uns als Risikomanagement-Tool, um in turbulenten Marktphasen, wie der Corona-Krise, unser Engagement am Markt schnell zu reduzieren. Hier waren wir im Februar und März sehr erfolgreich aktiv.
Wir haben ausserdem vor und während des Ausbruchs der Corona-Krise gewisse Sektoren wie Cloud Computing, E-Commerce oder Datenzentren übergewichtet und uns von Sektoren abgewendet, die stärker durch Covid-19 belastet wurden, beispielsweise Endgerätehersteller oder Anbieter von KI-Softwarelösungen für kleinere und mittelgrosse Unternehmen.
Technologie-Aktien sind oft hoch bewertet und meist volatiler als andere Sektoren, wie gehen Sie damit um, Herr Bolliger?
Nach unserer Auffassung gibt es einige Kernpunkte, die einen Technologie-Investor häufig beschäftigen. Technologie-Anlagen sind als sehr lukrativ bekannt, aber sie sind auch volatil, unprognostizierbar, risikoreich und meistens teuer. Um Verluste zu vermeiden und renditestark zu sein, haben wir eine Anlage-Philosophie entwickelt, die fünf Elemente enthält:
- Selektion statt Hype: Aktien- und Titel-Selektion sind eine zeitaufwändige und kleinteilige Arbeit. Der Technologie-Analyst versucht, gedanklich immer im «übermorgen» zu leben, um Entwicklungen zu antizipieren. Die Portfolio Manager müssen zwischen Megatrend und Hype unterscheiden. Diese Herausforderung meistern wir mit Hilfe unserer fundierten Zukunftsanalysen aus der FERI Gruppe. Auf Grundlage dieser Analysen und unseres eigenen Investment Researchs selektieren die Portfolio Manager Unternehmen nach qualitativen und quantitativen Aspekten aus den sogenannten Megatrends.
- Volatilität begegnen wir mit Synergien: Ein Portfolio ist keine Sammlung von einzelnen «Supertiteln», sondern eine synergetische Zusammenstellung guter Positionen. Wir achten beispielsweise darauf, Titel zu haben, die im Markt unterschiedlich korrelieren. Sie finden in unserem Fonds verschiedene Real Estate Investment Trusts. Das sind Unternehmen, die beispielsweise Mobilfunkantennen oder Datencenter betreuen wie Cellnex, QTS oder American Tower. Diese laufen sehr häufig gegen den Markt und reduzieren Volatilität, die beispielsweise von Chipherstellern wie TSM in das Portfolio gebracht wird. Resultat: Mehr Stabilität, weniger Drawdowns.
- Fehlender Prognostizierbarkeit setzen wir Agilität entgegen: Wir passen das Portfolio, wenn nötig, sehr aktiv an: Als die Corona-Welle von Ost nach West und von Süd nach Nord rollte, haben wir konsequent Investments nach China und Japan verschoben, wo das Schlimmste schon vorbei war. Das geht nicht mit ETFs. Wir haben früh in Gaming-Aktien investiert, die vom Stay-at-Home-Effekt profitieren, oder in E-Commerce wie Pinduoduo oder JD.com.
- Risiken begegnen wir mit Absicherungsmechanismen: Verluste sind zu reduzieren. Positionen zu verkaufen, kann für Private und auch Portfolio Manager emotional und steuerlich schwierig sein. Wir können daher wie oben bereits erwähnt das Portfolio aktiv absichern. Hierbei hilft uns natürlich das hervorragende Research unseres Mutterhauses, welches wir mit einem systematischen Risiko-Management kombinieren.
- Hohen Preisen begegnen wir mit der Suche nach Opportunitäten. Technologie ist anfällig für Hypes und hohe projizierte Erwartungen und das macht Technologieunternehmen teuer. Aber es gibt Unternehmen, die sich nicht in einer Technologie-Branche befinden und trotzdem enormes, signifikantes und gewinnwirksames Technologie Know-how haben. Beispielsweise haben die grossen Bergbau-Unternehmen wie Rio Tinto sehr viel Wissen im Bereich autonomes Fahren für ihre Supertrucks und in der Nutzung von lokalen 5G-Netzwerken.
Wie sehen Sie beide die zukünftige Entwicklung nach Corona?
Wir gehen davon aus, dass die Corona-Krise ein Katalysator für Technologie-Investments ist. Denn Not macht erfinderisch. Lassen Sie uns einen Blick in die Geschichtsbücher werfen. Die Anzahl neu erteilter Produkt-Schlüsselpatente während grosser Wirtschaftskrisen wie der Long Depression im 19. Jahrhundert und der Great Depression im 20. Jahrhundert steigen jeweils markant an. Beide Krisen waren eine sehr fruchtbare Zeit für technologische Sprünge und Entwicklungen. Erfindungen wie die Glühbirne (Thomas Edison), die Dampfturbine (Charles Parsons), das Radio (Nikola Tesla), der Helikopter (Henrich Focke), Nylon (Wallace Crothers) und der Kugelschreiber (László Bíró) fallen in diese Periode. Auch jetzt sehen wir bereits neue Erfindungen: Sauerstoffmasken aus 3D-Druck, Tracing-Apps, neue Wärmebildkameras oder ein biotechnologisches Medizinspray zum Transport von Antikörpern durch Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) direkt in die Lunge. Und dies wird erst der Anfang sein. Das Wissen, dass Not erfinderisch macht, ist nichts Neues: Gewisse Unternehmen wie Samsung (welche sich aktuell in unserem Portfolio befindet) pflegen eine «Kultur der permanenten Krise», um sich die Effekte der «schöpferischen Zerstörung» zu Nutze zu machen. Die in den Markt gepumpten Infrastruktur- und Konjunkturprogramme weltweit begünstigen auch den flächendeckenden Ausbau des neuen Mobilfunkstandards 5G. Denn mittlerweile zählt auch der Ausbau der technologischen Infrastrukturen zu den wichtigsten Aufgaben eines Landes.
Technologieunternehmen sind die ersten, die von neuen exponentiellen Entwicklungen profitieren. Entweder auf Seite der Infrastruktur oder auf Seite des Geschäftsmodells. Die Schwankungsbreite ist hoch, die möglichen Renditen rechtfertigen dies aber. Wir erachten die aktuelle Krise als einen hervorragenden Einstiegszeitpunkt, um in exponentielle Technologien zu investieren. Die Corona-Krise verändert unseren Arbeitsalltag, unsere privaten Gewohnheiten und ermöglicht es, die Geschäftsmodelle der Unternehmen in unserem Portfolio nochmals deutlich zu beschleunigen.
Link zum Disclaimer
Philipp Bolliger ist seit Dezember 2017 Portfolio Manager bei der FERI (Schweiz) AG und betreut zusammen mit Dr. Torsten von Bartenwerffer das Portfolio «Exponentielle Technologien». Zuvor war er fünf Jahre bei der Deutschen Börse in Zürich in den Bereichen Collateral Management, Market Supervision und Produktentwicklung tätig. Von 2007 bis 2012 arbeitete er bei der Credit Suisse unter anderem in der Kundenberatung für vermögende Privat- als auch Firmenkunden. Philipp Bolliger besitzt einen Bachelor of Science ZFH mit Vertiefung Banking & Finance der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) und verfasste seine Abschlussthesis zum Thema «Einsatz von Robo-Advisory in der Vermögensverwaltung von Schweizer Grossbanken».
Dr. Torsten von Bartenwerffer ist seit Oktober 2017 als Leiter Multi-Asset und Einzelwertstrategien im Portfolio Management bei FERI (Schweiz) AG tätig. Dies beinhaltet die Selektion von Investments verschiedener Anlageklassen nach fundamentalen und quantitativen Kriterien. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Finanzmarkterfahrung. Zuvor war er als Head of Strategies, Head of Research, Portfoliomanager und quantitativer Analyst tätig. Er verantwortete unter anderem die Konzeption und Einführung institutioneller Multi-Asset und Multi-Fixed-Income-Strategien sowie das Management von Hedge-Fund-Portfolios für Grossanleger. Er arbeitete für UBS, Credit Suisse Group, Multi-Family Offices und zuletzt bei der Aquila Capital Group. Dr. von Bartenwerffer promovierte mit höchster Auszeichnung an der Universität St. Gallen.