Warum Private Debt mit der richtigen Anlagestrategie eine echte Alternative zu Fixed Income darstellt

28.01.2021
Herr Grodzki, vor dem Hintergrund von Covid-19: Welche Trends konnten Sie in 2020 in Bezug auf Private Debt beobachten?
Die Corona-Krise hat den schon seit längerem anhaltenden Trend zu alternativen Anlagen verstärkt. Die Renditen an den Anleihemärkten sind im Gefolge der Krise und der Interventionen der Notenbanken weiter gefallen und dürften auf absehbare Zeit auf sehr niedrigem Niveau verharren. Damit stehen Anleger noch mehr als vor der Krise unter Druck, jenseits der klassischen Rentenmärkte nach auskömmlichen Renditen Ausschau zu halten. Private-Debt-Fondsanlagen haben somit weiter an Anziehungskraft gewonnen, zumal sie auch in dieser Krise erstaunliche Robustheit zeigen.
Warum sollten Investoren in die Anlageklasse Private Debt investieren und warum gerade jetzt?
Trotz des erwähnten Rückgangs der Umlaufrenditen an den liquiden Märkten haben die bei Neuanlagen erzielten Renditen von Private-Debt-Fonds kaum gelitten. Im Gegenteil: Aufgrund des wieder beschleunigten Rückzugs der Banken aus dem Unternehmenskreditgeschäft ist in den letzten Monaten sogar eine zum Teil deutliche Verbesserung der Renditen bei Darlehensvergaben von Private-Debt-Fonds zu verzeichnen, bei gleichzeitiger Verbesserung der Darlehensbesicherung. Der Renditevorsprung von Private Debt gegenüber Anlagen in Unternehmens-, Bank- oder Staatsanleihen ist somit noch grösser geworden. Zudem leisten Private-Debt-Fonds mit ihrer Darlehensvergabe einen wachsenden und inzwischen kaum verzichtbaren Beitrag zur Finanzierung der Wirtschaft.
Das klingt nach einer sich abzeichnenden Zunahme der Nachfrage in solche Fonds: Wo liegen aktuell noch Opportunitäten, wenn immer mehr Investoren in den Markt drängen?
Es gibt trotz des anhaltenden Zustroms von Anlegern noch genügend Potenzial für ein nachhaltiges, d.h. nicht zu Lasten der risikobereinigten Renditen gehendes Wachstum von Private-Debt-Fonds. Das liegt nicht zuletzt in der Strategievielfalt bei Private-Debt-Fonds begründet. Derzeit erscheinen uns vor allem Strategien interessant, die schwerpunktmässig in Kredite oder Schuldverschreibungen investieren, die im weiteren Sinne als «stressed» oder «distressed» angesehen werden und daher mit hohen Abschlägen zum Nominalwert erhältlich sind. Viele der Fonds mit einer solchen Ausrichtung beteiligen sich aktiv an der Umstrukturierung und Sanierung von notleidenden Darlehen und Schuldnern und erzielen ihre Renditen daher auch und vor allem aufgrund aktiven Risikomanagements. Für Investoren, die solche Strategien vermeiden wollen, ergeben sich aber auch abseits notleidender Darlehen interessante Möglichkeiten zur Investition. Grundsätzlich gilt für die gesamte Private-Debt-Fondsbranche, dass ihr beachtlicher Erfolg bei der Vermeidung und Begrenzung von Kreditrückständen und -ausfällen vor allem der regelmässigen Überwachung, der starken Besicherung und dem pro-aktiven Eingreifen von Seiten der guten Fondsmanager im Falle von Negativentwicklungen zu verdanken ist.
Unterscheidet sich der Due-Diligence-Prozess bei Private-Debt-Fonds von anderen illiquiden Bereichen wie Infrastruktur oder Private Equity?
In allen drei Anlageklassen handelt sich zunächst um eine Managerselektion. Allerdings sind Schwerpunkte der Prüfung unterschiedlich gelagert: Bei Private Debt wird besonders hoher Wert auf die Prüfung des Risikomanagements des jeweiligen Fondsmanagers gelegt. Da die Renditechancen eines Private-Debt-Fonds begrenzter sind als diejenigen eines Private-Equity-Fonds, ist die Vermeidung von Anlageverlusten noch wichtiger. Vorbeugend erfolgt dies auf Ebene des Fonds vor allem dadurch, dass die Kreditnehmer sich zu regelmässigen Informationen und zur Einhaltung von vordefinierten Finanzkennzahlen verpflichten, um eine Gefährdung des Gläubigers durch Überschuldung des Kreditnehmers zu vermeiden. Es ist daher gründlich zu prüfen, wie gut und wie erfolgreich ein Manager in der Lage war und ist, solche Vereinbarungen in seinen Darlehensverträgen durchzusetzen. Eine weitere Besonderheit der Due-Diligence-Prüfung ergibt sich daraus, dass Private-Debt-Fonds häufig Unternehmen finanzieren, die im Eigentum von Private-Equity-Fonds stehen («sponsored lending»), was für das Risikomanagement eines Private-Deb-Fonds sowohl Nachteile als auch Vorteile bedeuten kann. Anleger, die auch in Private Equity investiert sind, sollten zudem prüfen, in wie weit sie hier möglicherweise bei denselben Unternehmen auf beiden Seiten, also sowohl mit Equity als auch Debt, im Risiko stehen. Im Gegensatz zu Infrastrukturfonds finanzieren Private-Debt-Fonds in der Regel keine Projekte, sondern Unternehmen. Das Risikoprofil von Infrastrukturfonds ist zudem aufgrund anderer Laufzeiten und teilweise auch durch die grundsätzliche Absicherung von Projekten ein anderes.
Was würden Sie einem Investor raten, der in Private Debt investieren möchte?
Wie bei allen Anlageklassen gilt: Diversifizieren. Es gibt eine verwirrende Vielfalt von Private-Debt-Fondsstrategien und -managern unterschiedlichster Grössenordnung und geografischer und branchenmässiger Ausrichtung. Wichtig ist es, auf Basis guter Due- Diligence-Prozesse die richtige Mischung zu finden, um nachhaltig überdurchschnittliche Renditen mit geringer Volatilität erzielen zu können. Die Grösse eines Fonds oder Fondsmanagers ist kein Garant für Performance. Die Kombination von Fonds verschiedener Auflegungsjahrgänge und unterschiedlich konjunkturempfindlicher Strategien trägt dazu bei, Renditeschwankungen zu verringern. Grundsätzlich gilt, dass Private-Debt-Fonds ihre Mittel bei etwas niedrigerer Rendite deutlich schneller veranlagen und zurückzahlen als Private-Equity-Fonds oder Infrastrukturfonds, was sie vor allem im gegenwärtigen Umfeld niedriger oder negativer Zinsen attraktiv macht.
Link zum Disclaimer
Georg Grodzki, Managing Director, fünf Jahre bei CAM Alternatives mit mehr als 33 Jahren Credit-Erfahrung.
Georg Grodzki ist seit 2015 im Investmentteam der CAM tätig. Er lebt in London und war dort u.a. Head of Pan-European Credit Research bei Legal & General Investment Management, Global Head of Credit Research bei Royal Bank of Canada, Head of Credit Research & Credit Advisory bei Credit Suisse und Senior Analyst bei Moody’s Investor Service. Davor war er Abteilungsdirektor für Konzernplanung bei der BHF-Bank in Frankfurt sowie Senior Consultant bei Boston Consulting Group in München. Georg Grodzki besitzt einen Abschluss als Diplom-Volkswirt von der Universität zu Köln und einen MBA von INSEAD.
CAM ist ein unabhängiger, partnergeführter Investment Manager für alternative Anlagen mit Hauptsitz in Köln und weiteren Büros in Grossbritannien und Nordamerika mit einem verwalteten Anlagevolumen von ~ 4,5 Mrd. Euro in den Assetklassen Private Equity, Private Debt und Infrastruktur.
Als volllizensierte deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) umfasst die Investorenbasis vor allem institutionelle Anleger wie Versicherungen, Finanzinstitute, Pensionskassen, Versorgungswerke und Family Offices. Im Bereich Private Debt emmitiert CAM derzeit den Private-Debt-Dachfonds «AltaCAM Global Credit II», der in europäische und nordamerikanische «direct lending»-Fonds investiert.