Warum sind Emerging-Markets-Anleihen heute attraktiv?

Co-Portfolio Manager Emerging Market Debt Portfolios
Loomis, Sayles & Company, L.P., Boston
loomissayles.com
16.12.2016
Herr Frick, wer ist Loomis Sayles, und wie ist die Verbindung zu Natixis?
Loomis Sayles existiert seit 1926 als Asset Manager in Boston und ist eine Tochtergesellschaft von Natixis Global Asset Management. Natixis wiederum gibt es seit zehn Jahren als Boutiquenanbieter, der über 25 Boutiquen verteilt knapp 900 Mrd. US-Dollar Assets under Management (AuM) verwaltet.
Loomis Sayles hat keinen eigenen Vertrieb, den übernimmt Natixis. Natixis hat aber keinerlei Einfluss auf unsere Investment- oder Produkt-Entscheide. Loomis Sayles hat etwa 680 Mitarbeitende, davon allein 130 in Research-Abteilungen (Credit Research, Macro Research, Equity Research u.a.). Dazu kommen etwa 40 Portfolio Manager und etwa 50 Personen im Handel. Alles in allem etwa 220 Mitarbeitende, die den konkreten Investitionsentscheid beeinflussen.
Loomis Sayles verwaltet ca. 245 Mrd. US-Dollar, davon etwa 45 Mrd. US-Dollar in Aktien und 200 Mrd. US-Dollar in Anleihen. Unser Alleinstellungsmerkmal hinsichtlich Anleihen ist, dass wir zu etwa 80 Prozent sogenannte Spreadprodukte verwalten. Also Anleihen mit einer Risikoprämie im Vergleich zu Staatspapieren. Wir investieren vergleichsweise wenig in Staatsanleihen.
Welchen Mehrwert schafft der Emerging-Markets-Debt-Ansatz (EMD) gegenüber einem indexierten Fonds?
Passive oder indexierte Anlagevehikel wie zum Beispiel ETFs setzen voraus, dass die abgebildeten Instrumente relativ liquid und leicht replizierbar sind. Dies ist für Emerging Markets nicht immer der Fall, weil das Universum sich dynamisch verändert.
Der JP Morgan Corporate Emerging Market Bond Index beispielsweise hatte vor zehn Jahren ca. 90 Emittenten, heute sind es über 530. Wer einem solchen Index folgt, muss relativ oft umschichten. Das kostet viel und ignoriert gleichzeitig die ganze Fundamentalseite. Solche «Minenfelder» kann man im Hochzinsbereich von Schwellenländerinvestitionen durch aktives Management leicht umgehen.
Emerging-Markets-Anlagen haben in diesem Jahr eine positive Entwicklung vollzogen. Was sind die Treiber dieser Rally, vor allem Rohstoffe?
So wie Emerging Markets letztes Jahr gelitten hatten, vor allem wegen des Einbruchs des Ölpreises, haben sie dieses Jahr genau wegen des Öls einen starken Anstieg erlebt. Anfangs Jahr sah man das ganz deutlich: Von Januar bis Ende April war es so, dass Emerging Market Bonds eine sehr hohe positive Korrelation zum Ölpreis hatten. Mit dem Anstieg des Ölpreises hat sich zum Beispiel auch der Rubel erholt. Ungefähr seit April ist die Korrelation zwischen Öl und den Emerging Markets nicht mehr so stark.
Welche Länder und Sektoren in den Emerging Markets sind aus Ihrer Sicht besonders interessant für Anleger?
Auf der Bondseite Lateinamerika. Auch Brasilien, obwohl es bereits einen grossen Schub nach vorne gemacht hat. Die politische Komponente hat sich stabilisiert, darum lässt sich sowohl mit Lokalwährungsanleihen als auch mit Dollaranleihen Rendite machen.
Indonesien ist auf einem langsameren Entwicklungsweg als Indien, macht aber die richtigen fiskalpolitischen Schritte in die Zukunft und bietet Wachstum im Heimatmarkt.
Russland wäre meine Nummer drei, weil es nach der Stabilisierung des Ölpreises makroökonomisch interessant ist, wenn auch hochkomplex.
Was die Sektoren angeht, richten wir uns auf die neuen Technologien aus und investieren vermehrt in Asien in Internet-Software-Firmen wie Tencent, Baidu und Alibaba.
Die Wirtschaft in China ist im Umbau und das Wirtschaftswachstum wird sich weiter langsam abschwächen. Dieser Umbau stellt für uns qualitativ gesehen eine positive Entwicklung dar und dürfte in den Bereichen der Konsumentengüter, Gesundheits- und Altersvorsorge Investitionsmöglichkeiten bieten.
USA: Sollten Investoren im Hinblick auf eine straffere Politik der US-Notenbank als bisher besorgt sein?
Wir erwarten nicht, dass die Fed den eingeschlagenen Kurs dramatisch ändern wird, und des Weiteren wird der Zinsanstieg schon lange diskutiert und antizipiert. Vor diesem Hintergrund sind wir der Meinung, dass es höchstens temporär kleinere Rückschläge an den Märkten geben dürfte.
Wenn die US-Zentralbank die Zinsen weiter langsam anhebt, sehen wir an den Märkten keine Panik ausbrechen.
Wo sehen Sie die grössten Risiken und die besten Chancen für Anleger?
Durch die Wahl Trumps wird möglicherweise ein Teil der Emerging Markets leiden. Was Schwellenländer angeht, sind mögliche politische Umwälzungen immer eine Schwierigkeit. Wir sind ja beispielsweise in der Türkei engagiert. Oder wenn - was ich persönlich überraschend fände - die chinesische Wirtschaft einbrechen würde, hätte dies starke Auswirkungen einerseits binnenwirtschaftlich, andererseits auch international, weil dann beispielsweise Brasilien, Argentinien und Chile nicht mehr im selben Ausmass nach China exportieren könnten.
In welcher Hinsicht unterscheidet sich Ihr Schwellenländer-Anleihefonds von anderen EMD-Fonds?
Der Loomis Sayles Short Term Emerging Markets Bond Fund (UCITS) ist kein typischer EMD-Fonds, weil er versucht, die für Schwellenländer typische Volatilität zu vermeiden. In Emerging Markets zu investieren bedeutet nicht immer hohe Volatilität und hohe Rendite. Man kann aus dem immer grösser werdenden Pool von Emittenten ein diversifiziertes Portfolio zusammenstellen und so die Risikoprämien herausfiltern, die sich für die Anleger auch lohnen.
Der Direktvergleich von US-Bonds mit EM-Bonds macht im BBB-Segment (Investment Grade) deutlich, dass ein Investor für EM-Bonds trotz gleichem Rating ca. 100 Basispunkte mehr bezahlt bekommt als für Bonds von US-Emittenten (Quelle: Bloomberg, 30. September 2016). Wenn ich als professioneller Anleger es schaffe, ein Portfolio-Universum aus vielen einzelnen Emittenten zusammenzustellen, fällt das einzelne Risiko nicht so stark ins Gewicht. Unser Fonds ist zudem im vorderen Bereich der Zinskurve angesetzt. Wir investieren mit maximal sechs Jahren Laufzeit, durchschnittlich nur 2,5 Jahren Duration und mit einer Volatilität von etwa 2,5 Prozent. Normale EM-Indizes haben 5 bis 7 Jahre Duration bei einer Volatilität von 8 bis 12 Prozent. Der Fonds ist in ca. 180 bis 200 Anleihen investiert und dadurch stark diversifiziert, was das spezifische Emittenten-Risiko minimiert.
Peter Frick ist der Vizepräsident bei Loomis, Sayles & Company, L.P. und Co-Portfoliomanager für die Schuldtitel von Schwellenländern. Er startete seine Karriere in der Investmentindustrie im Jahr 1986 und wurde im Jahr 2004 global agierender Anleihen‐ und Produktmanager bei Loomis Sayles. Im Jahr 2012 wurde Frick Portfolio Manager. Vor seiner Zeit bei Loomis Sayles arbeitete er als Geschäftsführer für Fleet Boston Financial in den Bereichen Devisenmarktinterventionen und Zinsrisikomanagement mit der Spezialisierung auf Wachstumsmärkte. Zuvor war Peter Frick Assistent des Vizepräsidenten der Banque Bruxelles Lambert in Paris (Frankreich), Abteilung Devisenintervention und Zinsrisikomanagement. Er arbeitete zudem für die Finanzmarktabteilungen von UBS in Zürich und New York. Er studierte Wirtschaft an der HSG St. Gallen.